Before the dawn: Noch 8 Tage …

620du-kate bushDeeper Understanding

Ein alter Kate-Song, für „Director’s Cut“ neu aufgepeppt. Im Konzert dabei? Vielleicht. „Dieses Video handelt von unserer Beziehung zu moderner Technologie und wie sie wirklichen Kontakt ersetzt“, sagt Matt. Etwas, was 1989  als Kate den Song geschrieben hat – in der heutigen Form kaum absehbar war. „Ich habe versucht, die Beziehung zwischen dem einsamen Mann und diese Beziehung zu seiner elektronische Begleiterin zu visalisieren. Also zeige ich, wie er verliebt in der Computer starrt, sie küsst, mit ihr streitet, so wie es jede normale Paar in einer Beziehung tun könnte. Ich übertreibe die Geschichte, in dem er ihr vorschlägt, seine Liebe zu ihr durch einen riesigen lila-farbenen Kristallring zu beweisen. Die Weingläser zeigen, dass er leicht angetrunken in seinen rationalen Entscheidungen vielleicht beeinträchtigt sein könnte, während die Clowns im Hintergrund sein geringes Selbstwertgefühl unterstreichen. “ I bring you love and deeper understanding…

Den Beitrag zu Matt Taylor Hobbs gibt es hier.

Irgendwo in der Tiefe: Das 4. Experiment

exp4

Von Beate Meiswinkel

We won’t be there to be blamed
We won’t be there to snitch
I just pray that someone there
Can hit the switch
(Kate Bush – Experiment IV)

Sehr geehrter Herr Professor …,

dieses Schreiben erreicht Sie auf anonymem Wege, was ich bedauere. Sehr gerne hätte ich Sie persönlich kennengelernt, da ich eine große Bewunderin Ihrer wissenschaft­lichen Arbeit bin. Allerdings muss ich uns beiden dieses Vergnügen versagen. Im Interesse meines Teams habe ich Maßnahmen für unsere Sicherheit zu treffen. Ich bin sicher, Sie wer­den dafür Verständnis aufbringen.

Wie Ihnen meine Mitarbeiterin bei ihrem Treffen zur Kontaktaufnahme am … mitgeteilt hat – für dessen widrige aber ebenfalls notwendige Umstände ich mich hiermit in aller Form entschuldige – haben wir beschlossen, Ihrem Rat zu folgen und mit unserer Angelegenheit an die Öffentlichkeit zu treten. Da wir unter allen Umständen vermeiden müssen, dass die Presse oder die Polizei aus dem Zusammenhang gerissene Informationen über das Vierte Experiment erhält, wenden wir uns voller Hoffnung und Vertrauen an Sie. Sie sind nach mei­ner bedauerlicherweise kürzlich unter so tragischen Umständen verstorbenen Kollegin und Doktormutter Prof. Dr. B. … der renommierteste Experte unseres wissenschaftlichen Fachge­biets. Dank ihres internationalen Ansehens und Einflusses besitzen Sie allein die Möglichkei­ten, alle Ergebnisse und Daten des Vierten Experiments vollständig, korrekt und vor allem im richtigen Zusammenhang zu veröffentlichen. Zu diesem Zweck übergeben wir Ihnen mit die­sem Brief unsere umfangreichen Berichte, Notizen und Dateien. Jegliche Tonaufnahmen mussten allerdings zerstört werden!

Vorab muss ich Ihnen noch einige Hintergründe über das Vierte Experiment mitteilen. Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, das wir unter der Bezeichnung „Sirenengesang“ unter strengster Geheimhaltung für das Militär durchgeführt haben. Alles begann mit dem Experimentieren der Wirkweise von Klängen, Lauten und Geräuschen auf die menschliche Psyche und die Physis. Und wir waren fasziniert… fasziniert von der Kraft, die in der Macht des Klanges liegt, in der Musik…

Wir waren uns selbstverständlich dessen bewusst, dass man mit Klängen starken Ein­fluss auf Menschen ausüben kann. Wir experimentierten anfänglich mit reiner Musik. Dann mischten wir sie mit anderen Klängen. Zunächst mit Alltagsgeräusche, Lauten aus der Natur. Später verwendeten wir Extremeres: die Schmerzensschreie von Gebärenden. Geräusche aus Schlachthäusern. Schreckenslaute von Trauma-Patienten… all dies nahmen wir auf und mischten es in unseren Tonstudios zusammen. Die Produkte testeten wir an Probanden… mit schrecklichen Wirkungen, Professor …! Fürchterlichen, entsetzlichen Wirkungen!

Unsere Auftraggeber nahmen unsere Forschungsergebnisse zur Kenntnis, hörten sich unsere Befürchtungen und Warnungen an und enthüllten uns schließlich den eigentlichen Sinn und Zweck unseres Tuns. Ich versichere Ihnen, Professor …, dass jedes einzelne Mit­glied meines Teams zu diesem Zeitpunkt erklärte, die Arbeiten am Vierten Experiment um­gehend niederzulegen. Doch man hatte uns in der Hand, jeden einzelnen von uns. Man machte uns unmissverständlich klar, dass nicht nur unser eigenes Leben, sondern auch das unserer Angehörigen in unmittelbarer Gefahr sei, wenn wir die weitere Zusammenarbeit verweigerten. Es blieb uns keine Wahl, Professor …! Wir bedauern es, aber es blieb uns ein­fach keine Wahl. Und so forschten wir weiter, fanden jedoch einen Weg, die Forschungsergebnisse so zu manipulieren, dass die Wirkung der entwickelten Waffe – denn das war es, was man uns schließlich zu bauen zwang – in ihrer Schadenswirkung zumindest eingeschränkt wurde. Bis die Dinge schließlich außer Kontrolle gerieten. Niemand weiß ge­nau, wie es dazu kommen konnte… der Geist brach aus. Der Geist aus der Maschine… und er legte seine tödliche Hand auf alle an unserem Institut, die nicht rechtzeitig fliehen konnten. So viele Tote, Professor …! Nur wenige von uns konnten sich retten, und wir brachten jene Unterlagen in Sicherheit, die wir nun in Ihre Hände übergeben. Wir tun dies unter größter Gefahr für unser eigenes Leben, aber manchmal gibt es Dinge, die von größerer Bedeutung sind als die persönliche Sicherheit. Ich wünschte nur, wir hätten dies bereits zu einem frühe­ren Zeitpunkt erkannt. Bevor so viele sterben mussten.

Berichten Sie der Welt von uns und dem Vierten Experiment, Professor. Berichten Sie von dem Wunsch der Regierung und des Militärs nach Klängen, die töten. Nach einer Massen­vernichtungswaffe, basierend auf Musik. Erzählen Sie der Welt von dieser unaussprechlichen und perfiden, unmenschlichen Idee, Menschenmassen mithilfe von Musik auszulöschen, ohne eine einzige Bombe, ohne eine einzige Kugel. Der Beitrag, den mein Team und ich in dieser Sache geleistet haben, ist unverzeihlich. Möge unser Mut, nun mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu treten und somit die tatsächliche Umsetzung dieser Ungeheuerlich­keit zu verhindern, wenigstens etwas Wiedergutmachung leisten. Dazu bauen wir auf Ihren Mut, auf Ihre Unterstützung.

Hochachtungsvoll,
Ihre
Dr. …, Ph D

Before the dawn: Noch 9 Tage …

620-kotm-kate bushKing of the Mountain

Wenn Kate im Konzert auch einige ihrer letzten Singles spielt, dann dürfte King of the Mountain mit dabei sein. Es war 2005 das erste musikalische Lebenszeichen von ihr nach zwölfjähriger Wartezeit. Das dahingehauchte „…the wind is whistling through the house…“ im Elvis-Nuschelgesang ist natürlich auch Matt aufgefallen: „Der Wind wird in dem Video ausdrucksstark in Szene gesetzt und nimmt die Textzeile wirklich wörtlich.“ Die umherfliegenden Papiere stehen für ihn bildhaft für die Windbewegung, genauso wie der Geist des seelenlosen Elvis-Kostüms, das durch die Luft fliegt. Die Papiere und das Kostüm finden sich im Bild wieder, ebenso wie die Statuen und der karierte Fußboden, „um die avandgardistische Eleganz des VIdeos zu verdeutlichen, die auch  durch die überwiegenden Schwarz- und Weißtöne symbolisiert wird.“ The wind it blows, The wind it blows the door closed…

Den Beitrag zu Matt Taylor Hobbs gibt es hier.

Herr Böttcher träumt in Graublau

hb3Träumen Sie, liebe Leser, auch manchmal von Kate Bush? Ich meine keine Tagträumereien wie: Ach, wäre das phänomenal, würde ich in einem vergessenen Tonstudio 199 unveröffentlichte Songs von Kate finden, von der Qualität wie „Sunset“ oder „Misty“…  Solche Tagträume meint Herr Böttcher nicht. Hier ein weiterer seiner Kate-Bush-Träume für Sie, liebe Leser. Eben noch geträumt, jetzt schon aufgeschrieben.
Herr Böttcher geht (seltsamerweise) mit seinem Onkel zum Kate-Bush-Konzert. Das Konzert wurde verlegt von Hammersmith ins Auditorium Maximum der Universität von Heimat-City. Der Veranstaltungssaal ist riesig. Herr und Onkel sitzen erhöht in der allerletzten Reihe und betrachten die schlichte Bühne in weiter, unendlicher Ferne. Jeder Sitzplatz ist aus Beton gegossenen. Der Onkel fängt an über die Sitzreihen zu klettern. Von Reihe 100 in Reihe 95 von dort in Reihe 70 usw. Jedes Mal, wenn er wieder einen Platz eingenommen hat, winkt er Herrn Böttcher zu, der prompt seinem Beispiel folgt. Anscheinend freie Platzwahl, denn niemand beschwert sich. Langsam füllt sich der Saal und Herr und Onkel Böttcher haben es geschafft, sie sitzen rechts außen in der ersten Reihe. Muss man sich nur fragen, wozu das Ganze? Warum haben die beiden sich nicht gleich in die erste Reihe gesetzt? Will das Unterbewusstsein Herrn Böttcher sagen,dass der Weg zu Kate eine steiniger bzw. ein betoniger ist? Oder will der Traum ihm vermitteln, dass er mit seinem Onkel etwas ganz Besonderes teilen soll? Oder soll der Traum den Herrn Böttcher zum Sporten animieren? Wer kann das schon sagen. Kate-Träume sind oft so unergründlich wie ihre Musik. Auf jeden Fall ist der Traum farblich in Graublau gehalten und erinnert daher an Kates Clip zu „Running anzug350up that Hill“. Da sitzen sie nun der Herr Böttcher und der Onkel vom Herrn Böttcher und warten. Perfekt wäre der Traum gewesen, würde jetzt nochmal Madonna über die Bühne eilen und feucht aufwischen. Passiert aber leider nicht. Dann geht das Konzert los. Kate betritt die Bühne. Sie trägt einen braunen Anzug mit Streifenkrawatte. Sie trägt eine Perücke. Glatter Kopf und drumherum viele Locken, bis zu den Schultern. Sieht ein wenig wie eine Schaufensterpuppe aus den 60igern aus. Und dann kommt noch eine Kate und noch eine und noch eine… Jede Kate ein Original. Alle gleich angezogen. Alle mit einem Mikro in der Hand. Kate Bush hat sich klonen lassen. Nachdem mindestens so viele Kates auf der Bühne stehen, wie Kate Bush Songs komponiert hat, wacht Herr Böttcher auf… Aber  jeder Kate-Bush-Traum ist das Träumen wert. Stop your lying and sleeping in bed! Get up! C’mon! Your ma needs a shower! Little light. Can you not see that little light up there? Where? There? Where? Over here… You still in bed? Wake up you sleepy head…

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.

Before the Dawn: Noch 10 Tage….

620-trs-kate bushThe Red Shoes

Für Matt präsentiert sich das Konzept des Videos zu The red shoes alsThe Wizard of Oz trifft auf David Lynch“. Die Farbe Rot für den Hintergrund zu wählen, war nicht nur wegen der Schuhe naheliegend, sondern auch, weil die Farbe die Hölle symbolisiert. „Ich wollte die erschreckende Situation verdeutlichen, dass die Trägerin der roten Schuhe zu einem Opfer wird und wie sie damit emotional umgeht“, erklärt Matt. Also hat er den Weg des Opfers nachgestellt: die Demütigung, die wilden Bewegungen der Schuhe, das Lachen des Teufels. Und wer genau hinschaut, findet in Matt’s BIld auch die drei Symbole, die das Chaos zu Beginn des VIdeos auslösen. Gibt es eine Chance, The Red Shoes im Konzert zu hören? Wenn überhaupt, dann in der neueren Director’s Cut-Version. Eher würde ich aber noch auf Rubberband Girl samt dem neuen live bestimmt ziemlich genialen Mundharmonika-Solo zum Schluss tippen.Oh it’s gonna be the way you always thought it would be
But it’s gonna be no illusion. Oh it’s gonna be the way you always dreamt about it, but it’s gonna be really happening to ya…

Den Beitrag zu Matt Taylor Hobbs gibt es hier.

Steve Hackett über Kate

In my opinion Kate Bush is still the UK’s most outstanding female singer-songwriter. I was impressed by her vocal range and the way she conveyed the atmospheric ghostly subject matter when I first heard Wuthering Heights. My own favourite is The Man with the Child in His Eyes — an intimate song, beautifully played and sung.

Steve Hacket, Ex-Genesis

Musik und Kunst in einem Bild verbunden

400-matthobbsWenn Matt Taylor Hobbs seine kleinen Kunstwerke beschreiben soll, wird er fast lyrisch: „Es sind fantasievolle Illustrationen, die die besten Teile von bekannten Musik-Videos darstellen oder interpretieren. Sie werden auf kleinen, fiktiven und schwimmenden Inseln gemalt, die über dem Boden zu schweben scheinen. Und sie feiern das Medium der schönen Musikvideo.“ Man könnte es auch anders formulieren: Matt hatte ein verdammt simple, aber schöne  Idee. Für eine Freundin hat er regelmäßig als Geschenk eine CD mit aktuellen Hits zusammengestellt und dazu das entsprechende Cover selbst gestaltet. Es kam die kleine Insel zum Einsatz, auf der er Alltagsszenarien abbildete. Und irgendwann war da diese Idee: Warum nicht auf der fiktiven Insel die wichtigsten Elemente aus einem bekannten Musikvideo platzieren, statt jedes Mal ein neues Szenario zu entwerfen. Eine Idee, die Matt seitdem nicht mehr losgelassen hat. Also schafft er, wie er es selbst ausdrückt, „kleine Plattformen, wie die Architekten die Welt eines Video erschaffen, ganz so, als ob es eine reale aber separat fließende Welt sei, die man hypothetisch besuchen könnte.“ Dazu greift sich Matt die wichtigsten Szenen heraus, die das Video einzigartig und interessant macht, nutzt also die gleiche Bildsprache. Der Effekt: Mit einem Blick auf eins seiner Bilder kann man ein ganzes Video sehen, was zu ganz unterschiedlichen Reaktionen führen kann. Hat man das Video als filmischen Ablauf noch im Kopf, erzählen die von Matt ausgewählten und neu zusammengestellten Szenen genau die bekannte Geschichte. Noch spannender kann es allerdings sein, sich allein anhand des Bildes von Matt das passende Video dazu auszudenken.

Das erste Bild, bei dem er diese Technik angewandt hat, war sein absolutes Lieblingsvideo „Smooth Criminal“ von Michael Jackson. Fünf bis neun Stunden arbeitet er an seinen Bildern. „Ich liebe Musik und Kunst. Und mit diesen Bildern kann ich beides verbinden“, erzählt Matt, der Grafik-Design studiert hat und sich nun der Illustration widmet. Musikalisch stehen bei ihm Björk, Michael Jackson, Madonna, Jamiroquai, Bat For Lashes and Radiohead hoch im Kurs – und Kate Bush, von der er zehn Videoclips zu seinen „Floating Islands Videos“ verarbeitet hat. Matt ist mit 25 Jahren sicher nicht der typische Kate-Fan. Auf sie aufmerksam geworden ist er über einen Umweg: „Ich habe als Radiomoderator und Programmproduzent gearbeitet. Einer meiner Jobs war, die passende Musik rauszusuchen. Dabei hatte ich schon immer die Gewohnheit, sowohl alte als auch neue Bands zu entdecken. Irgendwann bin ich auf die französische Sängerin Emilie Simon gestoßen, die in einem Artikel mal erwähnt hatte, dass sie sich von Kate Bush habe inspirieren lassen. Ich kannte von Kate nur „Wuthering Heights“ und „Babooshka“ und hab dann ihren kompletten Backkatalog durchstöbert.“ Speziell die Videos haben Matt dann nicht mehr so ohne weiteres losgelassen. „Ich finde, dass Kate Videos sehr persönlich sind und vor allem sehr nah an ihrer Vision von ihrem Lied. Text, Musik und das Video bilden eine Einheit, laufen synchron. Wenn sie beispielsweise bei ‚There Goes A Tenner‘ die Textzeile ‚I blow the safe up‘ singt, dann fliegt an dieser Stelle genau ein Safe in die Luft. Sie setzt ihre Videos viel präziser um, als etwa Modonna oder Radiohead, Hinzu kommt, dass sie meist eine ungewöhnliche und interessante Geschichte erzählt, die ich mir sehr gut auch als Theater-Produktion vorstellen könnte.“ Was noch zu einer ganz anderen Frage führt. Wenn Kates Videos eigentlich kleine Theater-Stücke darstellen, warum sollte Matts Kunst nicht auch bei Filmen oder Büchern funktionieren? Deshalb nicht, weil man – anders als beim verwendeten Video-Clip – nicht mal eben im Netz nach dem kompletten Film oder Buch googeln könnte, wenn man sich zuvor sein Bild angeschaut hat, antwortet Matt. Trotzdem hat er es bereits ausprobiert und als Basis eins seiner Bilder den Film „Screamgenommen. Und er denkt inzwischen auch über die Interpretation anderer Medien nach.

Wer mehr über die Bilder von Matt erfahren will, wird hier fündig. Oder man ist ausnahmsweise mal etwas geduldig. Zehn Bilder hat Matt zu Videos von Kate gestaltet und ab morgen sind es genau noch zehn Tage bis zum ersten Konzert von Kate in London. Matts Bilder eignen sich hervorragend für einen Countdown, verbunden mit einem kurzen Kommentar von ihm zu seinen Bildern. Viel Spaß dabei!

 

Schräge Motto-Party für Kate in 244 Metern Höhe

silentdisco

© The View from The Shard

In der Aussichtsplattform des 2013 in London eröffneten Wolkenkratzer „The Shard“ von Stararchitekt Renzo Piano gibt es ein neuen Vergnügen: eine Silent Disco. Junge Menschen tanzen mit aufgesteckten Kopfhörern zu hippen Klängen und genießen dabei den Ausblick über London von der Spitze des höchsten Gebäudes Westeuropas. Immerhin befindet man sich in einer Höhe von 244 Metern. Warum man allerdings Kopfhörer tragen muss, anstatt die Mucke über Lautsprecher zu hören – dann könnte man mit dem Gegenüber vielleicht auch mal reden, statt vermutlich eine SMS zu schicken – erschließt sich mir nicht so ganz. Aber egal. Die hippe Musik für junge Leute kommt zu besonderen Anlässen auch schon mal für ältere oder jung gebliebene Semester daher. Zum 70. Geburtstag von Mick Jagger kürzlich etwa gab es die entsprechende Motto-Party. Und zur ersten Tour von Kate seit 1979 wird es ihr zu Ehren eine Silent Disco unter dem Motto „Best of British female artists“ geben. Wer also um den 8. September (ab 22 Uhr) in London ist, kann da bis 2 Uhr feiern. Der Eintritt kostet allerdings stolze 47 Euro. Geheimtipp: Zwischendurch den Kopfhörer unbedingt abnehmen. Die meisten tanzwütigen Gäste singen nämlich lauthals mit – und das herrlich schräg.

Herr Böttcher und der Pustekuchen

hb3Von hier und da hat Herr Böttcher es schon erfahren. Die Kate-Karten werden verschickt. Inneres Aufatmen, auch wenn bei ihm die Karten noch nicht eingetrudelt sind. Gang zum Briefkasten. Da ist er, der große Umschlag aus UK. Leicht angeknabbert. Herr Böttcher trägt ihn ehrfürchtig nach oben und öffnet ihn ebenso vorsichtig. Ein weiterer Umschlag, der wird ebenfalls besonders vorsichtig geöffnet. Mit einem scharfen Messer, nicht wie sonst einfach mit dem Zeigefinger. Und dann hält Herr Böttcher sie in den Händen, die Tickets für das Kate-Bush-Konzert… Nun hat Herr Böttcher über Wochen hier immer wieder etwas geschrieben, über das Warten und über das, was das Warten aus Herrn Böttcher macht… Und plötzlich rückt alles in beinahe „bedrohliche“ Nähe. Er muss doch nicht zum Vorstellunggespräch. Und eigentlich hat Herr Böttcher gedacht, durch das viele Schreiben über Kate, würde er ein wenig gelassener werden. Pustekuchen. Da ist sie wieder, diese Gänsehaut im Nacken – verbunden mit einem tranceähnlichen Augenblick. Das Kate-Bush-Adrenalin hat wieder voll zugeschlagen. You want alchemy. They turn the roses into gold. They turn the lilac into honey. They’re making love for the peaches.

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.

Ein Blick in die Garderobe von Kate

[warning]Spoiler[/warning]

Kostümdesigner Stephen Kill hat auf Facebook einen Foto präsentiert, das einen Ausschnitt eines Kleides für Kates Konzerte zeigt. Stephen hat bereits Garderoben für Filme wie The Da Vinci Code, Gladiator, Harry Potter, Little Buddha und Casino Royale gefertigt. Auf Facebook outete er sich am Sonntag als absoluter Kate-Fan geoutet: „Hello Earth. Wow – am I dreaming? After long years running up that hill (…) I’m finally getting pulled by the hounds of love, out from under the ivy, through the sensual world, onto the wiley, windy moors, to roll and fall in green…and make lovely things for a beautiful and enigmatic lady.“ Auf Nachfrage bei Facebook hat Stephen erklärt, dass Kate das Kostüm zu ihren Shows tragen wird – vermutlich aber nur bei 17 der 22 Auftritte.

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stephenkillzu welchen Songs Kate das Kleid präsentieren wird, ist unklar. Es könnte zu Songs von A Sky of Honey passen, wie auch zu Night of the Swallow. Ausgegraben hat das Bild übrigens Yirry Yanya.

Kate im Blick von Guido Harari und Gered Mankowitz

ausstellungneuÜber die Ausstellung in der Londoner Snap-Gallery, wo Gered Mankowitz und Guido Harari ihre Bilder von Kate ausstellen – vom 26. August bis zum 4. October, also passend zu den Konzertterminen – gab’s hier ja schon den entsprechenden Beitrag. Beide Fotografen veröffentlichen zeitgleich auch jeweils ein Buch mit ihren Bildern. Der Independent hat in einem ausführlichen Beitrag die Ausstellung angekündigt und zeigt dabei auch Bilder von Kate, die zuvor noch nie veröffentlicht wurden – unter anderem die Bilder zu The Line, the Cross and the Curve.

Elton John: Kate Bush hat mir das Leben gerettet

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Die lang erwarteten Tickets sind bei den ersten Fans eingetroffen. Zwei Wochen vor dem ersten Konzert nimmt die Medienpräsenz von Kate in England spürbar zu.

Die BBC wird nachlegen: Neben der neuen 60-minütigen Doku über Kate, die am 22. August um 21:10 Uhr englischer Zeit ausgestrahlt wird, gibt es direkt danach noch die Sendung „Kate Bush at the BBC“ in der die verschidensten Auftritte von Kate gezeigt werden. Für eine Schlagzeile sorgte bereits Elton John, der in der neuen Doku als Interviewpartner zur Verfügung stand. Laut der Tageszeitung Dailymail war es Kates Beitrag in „Don’t give up“, der ihm geholfen habe, von seiner Alkohol- und Drogensucht loszukommen. Elton John wird mit der Aussage zitiert: „Kate Bush hat einen großen Anteil an meiner Wiedergeburt. Dieses Lied hat mir sehr geholfen. Ich habe es ihr nie gesagt, aber es war so.“ Eine ganz andere spannende Geschichte ist im Telegraph zu finden: Kates erste Auftritte mit der KT Bush Band in Londoner Kneipen – ein Jahr vor Wuthering Heights. Autor Graeme Thomson (!) gibt dabei auch zum Besten, dass Kate damals Stücke von den Beatles, Tina Turner, Steely Dan oder den Stones gespielt hat – und ein kurzes Set eigener Songs wie James and the Cold Gun, zu dem sie schon damals wie später bei der Tour auf die Menschen im Publikum „geschossen“ hat. Teilweise müssen die Auftritte recht chaotisch gewesen sein: In einem Club dachten die Besucher zunächst, Kate sei eine Stripperin, die nicht richtig in die Gänge käme, in einem anderen Club hatte sie mit grölenden Fußball-Rowdys zu kämpfen, die die Bühne enterten und zu allem Überfluss sorgte der Trockeneisnebel noch dafür, die Alarmanlage auszulösen, schreibt Graeme Thomson.

Herr Böttcher und das innere Auge

hb3Ich kenne nix, liebe Leser, was mehr hilft, sich an Vergangenes zu erinnern wie Musik. Ganz bestimmt erzähle ich Ihnen da nichts Neues. Ganz unerwartet passiert es meist, dass man einen Song aus vergangenen Tagen hört und plötzlich ist man – vielleicht nur für Sekunden – wieder dort, wo man ihn zum ersten Mal gehört oder mit ihm etwas Besonderes erlebt hat. Obwohl man Jahre lang nicht daran gedacht hat, erscheint plötzlich alles wieder vor dem inneren Auge: die Stimmung des Lichts, der Geruch in der Luft und sogar das Muster des Hemdes, was man zu jenem Zeitpunkt getragen hat.

Wir schreiben das Jahr 1980.
Schüler Herr Böttcher, anfangs ein Musterschüler, wie er im Buche steht – immerhin sechs Jahre lang – ist zum Leidwesen seiner Eltern, zumindest, was die Einrichtung Schule betraf, zum Lümmel auf der letzen Bank mutiert. Die Eltern konnten ja nicht ahnen, dass Schüler Herr Böttcher beschlossen hatte, sich eine gute Zeit zu machen und erst wieder zum Abitur zu lernen. Auch als Schüler Herr Böttcher die 8. Klasse wiederholen musste, wich er nicht von seinem Vorhaben ab, erst wieder ein paar Jahre später mit dem Lernen anzufangen. Beschämt kam die arme Mutter jedes Mal vom Elternsprechtag nach Hause.
Wichtig waren jetzt erst andere Dinge. Zum Beispiel mit einem durchgezackten Laken um den Hals, sich als Batman durch Heimat-Citys Tiefgaragen zu kämpfen. Oder von der Gemeinschaftsdachterrasse des 60-Mietparteinenkomplexes auf die anderen Dächer zu klettern. Schwimm- und Hallenbad waren wichtiger, Mittagsschlaf nach der Schule am allerwichtigsten, Freunde nach dem Mittagsschlaf treffen, und neue Freunde kennenlernen, Hund einer befreundeten Familie stundenlang spazieren führen, zur Großmutter mit dem Rad fahren, um dort die Comics zu lesen, die einem die Eltern verboten hatten, weil man angeblich nachts davon so schlecht träumte, und die die Großmutter als geheime Verbündete nun für den Enkel Herr Böttcher kaufte, mit  der Freundin M.M. Risiko und Monopoly spielen und Galopper (ein Brettspiel, was die beiden selbst erfunden hatten), „Das Leben des Brain“ im Kino, „Die Blechtrommel“ und „Kramer gegen Kramer“, „Den Herrn der Ringe“ lesen und „Die drei Fragezeichen“ und alles von Herrmann Hesse, das bescheidene und doch so aufregende Nachtleben entdecken, sich hier und da unglücklich verlieben … und trotzdem war das Leben ein einziger, lachender Sommertag und die Schule eine nicht enden wollende, große Pause. Unbestritten hatte auch Schüler Herr Böttcher viele Sorgen und Nöte, wie das eben so ist in der Endphase der Kindheit und der Hochphase der Pubertät, ganz besonders in einer sehr beengenden Kleinstadt wie Heimat-City. Aber es hilft schon, wenn man sich durchs Leben lacht, heute wie damals und besonders in der Pubertät. Und es hilft auch, heute wie damals, immer mal wieder Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren zu lesen:
„Aber nein“, sagte die Lehrerin, „8 und 4 ist 12.“
„Nein, meine kleine Alte, das geht zu weit“, sagte Pippi. „Eben erst hast du gesagt, dass 7 und 5 = 12 ist. Ordnung muss sein, selbst in einer Schule. Übrigens, wenn du so eine kindische Freude an solchen Dummheiten hast, warum setzt du dich nicht allein in eine Ecke und rechnest und lässt uns in Ruhe, dass wir Haschen spielen können?“
Aus irgendeiner Ecke drohte immer eine 5 auf dem Zeugnis zu landen: aus der mathematischen oder der physikalischen und nicht selten aus der englischen… Nichts half, Schüler Herrn Böttcher umzustimmen. Nicht die Aussicht, wenn das nächste Zeugnis stimmen würde, einen Hund zu bekommen und auch nicht die harte Maßnahme das Konfirmationsgeld nun für Nachhilfestunden verwenden zu müssen. Auch die Nachhilfe brachte nicht wirklich das gewünschte Ergebnis, weil Schüler Herr Böttcher seinen zwei Jahre älteren Nachhilfelehrer davon überzeugen konnte, dass andere Dinge viel mehr Vergnügen bereiteten, wie zum Beispiel: Wer kann am schnellsten einen Bleistift runterspitzen bis er vollkommen futsch ist. Und mal ehrlich: Wer lässt sich nicht gern das Anspitzen von Bleistiften oder das Erzählen von Witzen bezahlen?
Und so kam es, wie es kommen musste: Schüler Herr Böttcher wurde im Sommer 1980 für fünf Wochen nach Torquay (eine Stadt an der Südküste von England) zum Englischlernen geschickt. Sicherlich eine verzweifelte Maßnahme der Eltern, denn so eine Reise hatte mit Sicherheit ein größeres Loch in die Haushaltskasse gerissen. Schüler Herr Böttcher würde also bei einer Gastfamilie wohnen, vormittags mit anderen deutschen Pubertierenden (ca. 25 an der Zahl, die ebenfalls zum Englischlernen verschickt worden waren) im Unterricht sitzen und nachmittags unter Aufsicht der beiden deutschsprachigen Englischlehrer in Gruppen die Freizeit gestalten.

Am 27. Juni 1980 veröffentlichte Kate Bush die Single „Babooshka“ zirka zwei Wochen später traf Schüler Herr Böttcher in England ein.
An Babooshka ging kein Weg vorbei. Übrigens kannte Schüler Herr Böttcher Musikerin Kate Bush schon. Sein damals bester Freund besaß „The Kick Inside“ und „Lionheart“ und hörte diese rauf und runter. Herr Böttcher konnte nicht sagen, dass ihm die Musik von Kate Bush nicht gefiel, aber gepackt hatte sie ihn zu jenem Zeitpunkt noch nicht. Doch Babooshka kam über Schüler Herrn Böttcher wie Kekse über das Krümelmonster. Er kaufte sich die Single und dann auch die beiden ersten Longplays – „Never for Ever“ kam erst im September heraus – und gelegentlich durfte er sich die Platten auf der Anlage der Gastfamilie anhören.
Freizeitgestaltung der englischlernenden Pubertierenden.
Saturday Night.
Die Jugendlichen wurden mit dem Bus aufs Land oder an den Stadtrand gefahren. In einer Scheune sollten sie bei farbenfrohen Fruchtgetränken und unterhaltsamer Musik auf andere Jugendliche treffen. Mit anderen Worten: Disko in der Scheune. Schummriges, goldbraunes Licht, der Geruch von Heu und Holz und Schüler Herr Böttcher bekleidet mit einer dunkelbraunen Cordhose und einem längsgestreiftem Hemd in Braun- und Grüntönen. Ein Tanzwettbewerb wurde ausgerufen. Die Jugendlichen sollten frei Schnauze oder besser frei Bein nach der Musik tanzen. Es wurden drei Preise versprochen. Und da Schüler Herr Böttcher schon immer gern nach Pop- und Diskomusik tanzte, befand er sich ohnehin auf der Tanzfläche. Ja – und da kamen sie … die ersten Takte von Babooshka …  Bis zu diesem Moment hat Schüler Herr Böttcher selbst gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt wie … Ausdruckstanz… Und vermutlich auch nicht, was man alles beim Ausdruckstanzen so anstellen kann mit den Armen und den Beinen und dem Kopf … Und wie ruckartig und auch geschmeidig sich der Körper bewegen konnte. Leider weiß Herr Böttcher nicht mehr, wo der erste Preis – ein Schlüsselanhänger – abgeblieben ist. Damals war er jedenfalls auf der Rückreise von Torquay nach Heimat-City zusammen im Koffer mit den Kate-Bush-Schallplatten. Seitdem ist Herr Böttcher auch niemals wieder in England gewesen, aber gegen den Lockruf von Kate Bush ist selbst der manchmal recht eigenwillige Herr Böttcher machtlos. All we’re ever looking for is another open door. All we ever look for–another womb. All we ever look for–our own tomb. All we ever look for–ooh, la lune. All we ever look for–a little bit of you, too. All we ever look for, but we never do score.

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.

Kate und was ihr wirklich wichtig ist (IV)

interIm September 1985 hat der Journalist Andreas Hub anlässlich der Veröffentlichung der LP „Hounds of Love“ ein Interview mit Kate Bush geführt, dass im November 1985 „Fachblatt Musikmagazin“ veröffentlicht wurde. Aus gegebenem Anlass dürfen wir es hier noch einmal veröffentlichen. Im vierten und letzten Teil spricht Kate über eine mögliche Tournee und ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit.

Andreas Hub: Bekommst du außer von deinen Musikern noch anderes Feedback? Normalerweise steht ja noch ein Produzent daneben, der weiß und sagt, wo’s langgeht.

KATE: Gerade das ist der Grund, warum ich selbst produziere. Es macht die Sache anstrengender, aber ich kriege am Ende genau das, was ich will, anstatt einem anderen zu erklären, was ich gern hätte, der wieder dem Toningenieur zu erklären versucht, was ich wohl gemeint habe. Und dann muss der Toningenieur aus Worten Klänge machen. Ich sage ihm direkt, was ich will, das ist schneller, einfacher und effektiver. Es gäbe allerdings, ich sage das mal mit aller Vorsicht, Leute, bei denen ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zusammen zu produzieren, aber nur, solange ich die Einflussmöglichkeiten behalte, die ich heute auf meine Produktionen habe. Wie ich eben schon sagte: Bei mir bildet das Komponieren und Produzieren im Arbeitsablauf annähernd eine Einheit.

Andreas Hub: Gibt es da einen direkten Zusammenhang zu deiner „Entdeckung“ des Fairlight als Dreh- und Angelpunkt deiner Studioarbeit? Du hast ja, wenn ich mich recht erinnere, seit dem Zeitpunkt ohne Produzenten gearbeitet, als du mit dem Fairlight angefangen hast.

KATE: Kein direkter Zusammenhang. Außerdem stimmt es so nicht ganz. Ich habe auf meinem dritten Album schon mit dem Fairlight, wenn auch nicht mit einem eigenen, gearbeitet, war damals aber erst Co-Produzent. Den letzten entscheidenden Schritt konnte ich damals noch nicht tun, weil mir Mut und Fachkenntnisse fehlten. Man braucht ein enormes Maß an Kraft, um Kontrolle über seine eigene musikalische Arbeit ausüben zu können.

Andreas Hub: Welche generelle Bedeutung nimmt Musik in deinem Leben ein?

KATE: Musik nimmt mein ganzes Leben in Anspruch. Das ist immer ein Riesenberg an Arbeit, die genauso lange dauert, bis die nächste anfängt. Musik bedeutet aber auch das Vergnügen, die Stücke von anderen zu hören. Musik ist alles fuer mich.

Andreas Hub: Ich habe gehört, dass du auf ECM und Windham Hill besonders stehst…

KATE: Ja, und ich finde es gut, etwas so Schönem wie der Musik dieser Labels ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Windham Hill ist ja in England fast völlig unbekannt, während ECM durch Pat Metheny oder Eberhard Weber eine etwas größere Popularitaet genießt.

Andreas Hub: Ich stelle mir vor, auf sehr harmonische Klänge bedachte Künstler wie die meisten von Windham Hill haben es besonders schwer in einem so trendbeherrschten Musikmarkt wie dem englischen. Wenn man deine Platten Revue passieren läßt, die erste vielleicht ausgenommen, finden sich eigentlich nie Stücke, die einfach nur schön sind. Irgendwann kommt immer ein Bruch. Traust du dich nicht, einfach mal ein „nur“ schönes Sück zu schreiben?

KATE: Schwer zu sagen. Wenn ich schreibe, versuche ich, auf etwas zu kommen, was mir noch besser gefällt als die Idee vom Moment vorher. Und wenn es sich für mich gut anhört, aus dem sanften Charakter auszubrechen, tue ich das selbstverständlich ohne bestimmten Regeln zu folgen.

Andreas Hub: Wie steht’s mit Auftritten? Gibt es Hoffnung?

KATE: Das ist schon verrückt, weil ich immer gern will, aber irgendwie klappt es nie. Bis zur letzten LP hatte ich nicht genug Material, um mit einem komplett neuen Programm auftreten zu können. Als ich die ganze Promotionsarbeit für „The Dreaming“ hinter mir hatte, musste ich mir überlegen, ob ich auf Tour gehe oder mein Studio einrichte und eine neue Platte ins Auge fasse. Naja, jetzt stehe ich schon wieder am Ende der Arbeit für die Platte, mache Promotion, drehe Videos und eigentlich würde ich jetzt am allerliebsten den besagten Film zu der zweiten LP-Seite realisieren. Wenn das aber aus irgendwelchen Gründen schief gehen sollte, werde ich wieder über eine Tour nachdenken…

Andreas Hub: Empfindest du das ganze Drumherum gegenüber der konzentrierten Arbeit im Studio als Störung?

KATE: Als störend nicht, aber als belastend schon. Ich versuche, soviel Zeit wie möglich in kreative Prozesse zu stecken. Wenn ich mit einer Platte fertig bin, bleiben immer noch genug kreative Arbeiten übrig, seien es B-Seiten oder Videos, die sich dann mit der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit in die Quere kommen. Ich bin natürlich von einem gewissen Maß an Erfolg abhängig, um mir auch das nächste Album noch leisten zu können. Und dann muss ich leider zeitliche Kompromisse bei den Dingen eingehen, die mir wichtiger sind. Um das soweit wie möglich einzugrenzen, gebe ich kaum Interviews. Ich finde das auch völlig gerechtfertigt, weil ich meine eigentliche Arbeit für wesentlicher halte. Der einzige Grund, warum ich hier überhaupt sitze, ist der, dass ich lange Zeit an einem Album gearbeitet habe und das mitteilen möchte. Aber wenn ich drei Jahre damit verbracht hätte, Journalisten zu treffen und Promotion zu machen, dann gäbe es keinen Grund, hier zu sitzen…

(Mit bestem Dank an Andreas Hub.)

Kate und die Furcht vor der Liebe (III)

holIm September 1985 hat der Journalist Andreas Hub anlässlich der Veröffentlichung der LP „Hounds of Love“ ein Interview mit Kate Bush geführt, dass im November 1985 „Fachblatt Musikmagazin“ veröffentlicht wurde. Aus gegebenem Anlass dürfen wir es hier noch einmal veröffentlichen. Im dritten Teil geht es unter anderem darum, dass die Pausen zwischen Kates neuen Alben immer länger werden. Wohlgemerkt: Das Interview ist von 1985!

Andreas Hub: Beide Seiten (von Hounds of Love) sind ja auch musikalisch sehr unterschiedlich. Die erste enthält ein paar sehr tanzbare, rhythmische Titel. Hattest du erwartet, mit „Running Up That Hill“ wieder einen richtigen Hit zu haben, oder war das nur ein schöner Nebeneffekt?

KATE: Ich habe irgendwann aufgehört, mir in punkto Musikgeschäft irgendwelche Erwartungen zu machen. Aber es ist natürlich schön, wenn dann eintrifft, was man hätte erwarten können… Ich hatte immer schon das Gefühl, dass es hoffentlich auch andere Leute gibt, die meine Platten mögen, wenn ich nur ein Maximum an persönlichem Engagement in die Arbeit stecke. Und es funktioniert! Ist doch toll, was?

Andreas Hub: Und warum heißt die Platte „Hounds Of Love“? Das scheinen zwei widersprüchliche Begriffe zu sein.

KATE: Nein, das sind die Hunde, die den jagen – symbolisch natürlich -, der sich vor der Liebe fürchtet, der Angst hat, ihr in die „Falle“ zu gehen. Aber es sind nicht wirklich böse Hunde, man kann ja auf dem Cover sehen, wie sanft und schön die „Hounds Of Love“ sind.

Andreas Hub: Empfindest du es eher als Vor- oder Nachteil, dass zwischen deinen Alben so viel Zeit vergeht?

KATE: So kann ich die Frage nicht beantworten, weil es einfach ist, wie es ist. Ich habe nie gesagt: Ich brauche zwei oder drei Jahre, um eine Platte zu machen. Ich habe einfach angefangen. Wo immer einen das hinbringt – solange es positiv und produktiv ist, gehe ich mit. Wenn du deine Arbeit aufrichtig und mit ganzem Herzen machen willst, wird Es dir schon sagen, was zu tun ist…

Andreas Hub: Aber draußen sagt dir niemand, ob du auf dem richtigen Weg bist. Jemand, der alle zwei Monate eine Single rausbringt, erfährt ganz schnell, wie die Kurse gerade sind.

KATE: Das ist in der Tat ein frustrierender Aspekt meiner Arbeitsweise. Außerdem beschäftige ich mich gern auch mit anderen Ideen und Projekten. Aber ich kann nicht weglaufen von dem, womit ich gerade zu tun habe. Das nimmt meine ganze Energie in Anspruch. Ich muss eben solche Opfer bringen, und bei mir dauert es nun mal länger als bei anderen.

Andreas Hub: Wann hast du mit „Hounds Of Love“ angefangen?

KATE: 1983 wurde das Studio gebaut und eingerichtet, und Anfang 1984 habe ich mit der Platte angefangen, also insgesamt 18 Monate dran gearbeitet.

Andreas Hub: In so langer Zeit kann sich viel ändern. Woher nimmst du die Sicherheit, dass du zum Schluss das noch gut und wichtig findest, was du am Anfang aufgenommen hast?

KATE: Naja, wenn etwas gar nicht funktioniert, weil man sich verrant hat, muss man auch den Mut haben, da abzubrechen, selbst wenn man schon viel Zeit und Arbeit investiert hat. Aber das kommt mir äußerst selten vor, und bis auf die zwei, drei Stücke mit gravierenden Änderungen, die ich vorhin schon erwähnte, haben sich die grundlegenden Strukturen nicht verändert. Änderungen gab es meist nur in den Feinheiten, wenn wir z. B. Fairlight-Geigen durch echte Streicher ersetzt haben. Viele Fairlight-Passagen wollte ich ja von vornherein durch echte Instrumente ersetzen.

Andreas Hub: Wer hat denn mitgespielt?

KATE: Zum großen Teil die Leute von der letzten LP, wie z. B. Eberhard Weber, Danny Thompson, Dave Lawson, Stuart Elliott, die Musiker von Planxty, mein Bruder, aber auch andere, wie John Williams.

Andreas HUb: In welcher Phase beziehst du die Musiker in die Arbeit ein?

KATE: Verschieden. Manchmal habe ich am Anfang nur ein Programm in der Linn-Maschine, zu dem ich ein paar echte Schlagzeugspuren einspielen lasse. Normalerweise spielen die Musiker aber auf ein „Demo“, das aus Fairlight, Stimmen und Linn-Maschine besteht. Ich benutze allerdings auch viel Fairlight-Perkussion. Das Wichtigste an der Arbeit mit anderen Musikern sind die zusätzlichen Anregungen, besonders, wenn ich vorher allein am Fairlight gesessen habe. Da sind Einflüsse von außen sehr hilfreich. Ich brauche das Feedback, sonst wird es mir auf die Dauer zu langweilig. Es ist scöen, einfach mal in ein paar andere Gesichter zu sehen.

(Mit bestem Dank an Andreas Hub.)