Elton John: Kate Bush hat mir das Leben gerettet

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Die lang erwarteten Tickets sind bei den ersten Fans eingetroffen. Zwei Wochen vor dem ersten Konzert nimmt die Medienpräsenz von Kate in England spürbar zu.

Die BBC wird nachlegen: Neben der neuen 60-minütigen Doku über Kate, die am 22. August um 21:10 Uhr englischer Zeit ausgestrahlt wird, gibt es direkt danach noch die Sendung „Kate Bush at the BBC“ in der die verschidensten Auftritte von Kate gezeigt werden. Für eine Schlagzeile sorgte bereits Elton John, der in der neuen Doku als Interviewpartner zur Verfügung stand. Laut der Tageszeitung Dailymail war es Kates Beitrag in „Don’t give up“, der ihm geholfen habe, von seiner Alkohol- und Drogensucht loszukommen. Elton John wird mit der Aussage zitiert: „Kate Bush hat einen großen Anteil an meiner Wiedergeburt. Dieses Lied hat mir sehr geholfen. Ich habe es ihr nie gesagt, aber es war so.“ Eine ganz andere spannende Geschichte ist im Telegraph zu finden: Kates erste Auftritte mit der KT Bush Band in Londoner Kneipen – ein Jahr vor Wuthering Heights. Autor Graeme Thomson (!) gibt dabei auch zum Besten, dass Kate damals Stücke von den Beatles, Tina Turner, Steely Dan oder den Stones gespielt hat – und ein kurzes Set eigener Songs wie James and the Cold Gun, zu dem sie schon damals wie später bei der Tour auf die Menschen im Publikum „geschossen“ hat. Teilweise müssen die Auftritte recht chaotisch gewesen sein: In einem Club dachten die Besucher zunächst, Kate sei eine Stripperin, die nicht richtig in die Gänge käme, in einem anderen Club hatte sie mit grölenden Fußball-Rowdys zu kämpfen, die die Bühne enterten und zu allem Überfluss sorgte der Trockeneisnebel noch dafür, die Alarmanlage auszulösen, schreibt Graeme Thomson.

Herr Böttcher und das innere Auge

hb3Ich kenne nix, liebe Leser, was mehr hilft, sich an Vergangenes zu erinnern wie Musik. Ganz bestimmt erzähle ich Ihnen da nichts Neues. Ganz unerwartet passiert es meist, dass man einen Song aus vergangenen Tagen hört und plötzlich ist man – vielleicht nur für Sekunden – wieder dort, wo man ihn zum ersten Mal gehört oder mit ihm etwas Besonderes erlebt hat. Obwohl man Jahre lang nicht daran gedacht hat, erscheint plötzlich alles wieder vor dem inneren Auge: die Stimmung des Lichts, der Geruch in der Luft und sogar das Muster des Hemdes, was man zu jenem Zeitpunkt getragen hat.

Wir schreiben das Jahr 1980.
Schüler Herr Böttcher, anfangs ein Musterschüler, wie er im Buche steht – immerhin sechs Jahre lang – ist zum Leidwesen seiner Eltern, zumindest, was die Einrichtung Schule betraf, zum Lümmel auf der letzen Bank mutiert. Die Eltern konnten ja nicht ahnen, dass Schüler Herr Böttcher beschlossen hatte, sich eine gute Zeit zu machen und erst wieder zum Abitur zu lernen. Auch als Schüler Herr Böttcher die 8. Klasse wiederholen musste, wich er nicht von seinem Vorhaben ab, erst wieder ein paar Jahre später mit dem Lernen anzufangen. Beschämt kam die arme Mutter jedes Mal vom Elternsprechtag nach Hause.
Wichtig waren jetzt erst andere Dinge. Zum Beispiel mit einem durchgezackten Laken um den Hals, sich als Batman durch Heimat-Citys Tiefgaragen zu kämpfen. Oder von der Gemeinschaftsdachterrasse des 60-Mietparteinenkomplexes auf die anderen Dächer zu klettern. Schwimm- und Hallenbad waren wichtiger, Mittagsschlaf nach der Schule am allerwichtigsten, Freunde nach dem Mittagsschlaf treffen, und neue Freunde kennenlernen, Hund einer befreundeten Familie stundenlang spazieren führen, zur Großmutter mit dem Rad fahren, um dort die Comics zu lesen, die einem die Eltern verboten hatten, weil man angeblich nachts davon so schlecht träumte, und die die Großmutter als geheime Verbündete nun für den Enkel Herr Böttcher kaufte, mit  der Freundin M.M. Risiko und Monopoly spielen und Galopper (ein Brettspiel, was die beiden selbst erfunden hatten), „Das Leben des Brain“ im Kino, „Die Blechtrommel“ und „Kramer gegen Kramer“, „Den Herrn der Ringe“ lesen und „Die drei Fragezeichen“ und alles von Herrmann Hesse, das bescheidene und doch so aufregende Nachtleben entdecken, sich hier und da unglücklich verlieben … und trotzdem war das Leben ein einziger, lachender Sommertag und die Schule eine nicht enden wollende, große Pause. Unbestritten hatte auch Schüler Herr Böttcher viele Sorgen und Nöte, wie das eben so ist in der Endphase der Kindheit und der Hochphase der Pubertät, ganz besonders in einer sehr beengenden Kleinstadt wie Heimat-City. Aber es hilft schon, wenn man sich durchs Leben lacht, heute wie damals und besonders in der Pubertät. Und es hilft auch, heute wie damals, immer mal wieder Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren zu lesen:
„Aber nein“, sagte die Lehrerin, „8 und 4 ist 12.“
„Nein, meine kleine Alte, das geht zu weit“, sagte Pippi. „Eben erst hast du gesagt, dass 7 und 5 = 12 ist. Ordnung muss sein, selbst in einer Schule. Übrigens, wenn du so eine kindische Freude an solchen Dummheiten hast, warum setzt du dich nicht allein in eine Ecke und rechnest und lässt uns in Ruhe, dass wir Haschen spielen können?“
Aus irgendeiner Ecke drohte immer eine 5 auf dem Zeugnis zu landen: aus der mathematischen oder der physikalischen und nicht selten aus der englischen… Nichts half, Schüler Herrn Böttcher umzustimmen. Nicht die Aussicht, wenn das nächste Zeugnis stimmen würde, einen Hund zu bekommen und auch nicht die harte Maßnahme das Konfirmationsgeld nun für Nachhilfestunden verwenden zu müssen. Auch die Nachhilfe brachte nicht wirklich das gewünschte Ergebnis, weil Schüler Herr Böttcher seinen zwei Jahre älteren Nachhilfelehrer davon überzeugen konnte, dass andere Dinge viel mehr Vergnügen bereiteten, wie zum Beispiel: Wer kann am schnellsten einen Bleistift runterspitzen bis er vollkommen futsch ist. Und mal ehrlich: Wer lässt sich nicht gern das Anspitzen von Bleistiften oder das Erzählen von Witzen bezahlen?
Und so kam es, wie es kommen musste: Schüler Herr Böttcher wurde im Sommer 1980 für fünf Wochen nach Torquay (eine Stadt an der Südküste von England) zum Englischlernen geschickt. Sicherlich eine verzweifelte Maßnahme der Eltern, denn so eine Reise hatte mit Sicherheit ein größeres Loch in die Haushaltskasse gerissen. Schüler Herr Böttcher würde also bei einer Gastfamilie wohnen, vormittags mit anderen deutschen Pubertierenden (ca. 25 an der Zahl, die ebenfalls zum Englischlernen verschickt worden waren) im Unterricht sitzen und nachmittags unter Aufsicht der beiden deutschsprachigen Englischlehrer in Gruppen die Freizeit gestalten.

Am 27. Juni 1980 veröffentlichte Kate Bush die Single „Babooshka“ zirka zwei Wochen später traf Schüler Herr Böttcher in England ein.
An Babooshka ging kein Weg vorbei. Übrigens kannte Schüler Herr Böttcher Musikerin Kate Bush schon. Sein damals bester Freund besaß „The Kick Inside“ und „Lionheart“ und hörte diese rauf und runter. Herr Böttcher konnte nicht sagen, dass ihm die Musik von Kate Bush nicht gefiel, aber gepackt hatte sie ihn zu jenem Zeitpunkt noch nicht. Doch Babooshka kam über Schüler Herrn Böttcher wie Kekse über das Krümelmonster. Er kaufte sich die Single und dann auch die beiden ersten Longplays – „Never for Ever“ kam erst im September heraus – und gelegentlich durfte er sich die Platten auf der Anlage der Gastfamilie anhören.
Freizeitgestaltung der englischlernenden Pubertierenden.
Saturday Night.
Die Jugendlichen wurden mit dem Bus aufs Land oder an den Stadtrand gefahren. In einer Scheune sollten sie bei farbenfrohen Fruchtgetränken und unterhaltsamer Musik auf andere Jugendliche treffen. Mit anderen Worten: Disko in der Scheune. Schummriges, goldbraunes Licht, der Geruch von Heu und Holz und Schüler Herr Böttcher bekleidet mit einer dunkelbraunen Cordhose und einem längsgestreiftem Hemd in Braun- und Grüntönen. Ein Tanzwettbewerb wurde ausgerufen. Die Jugendlichen sollten frei Schnauze oder besser frei Bein nach der Musik tanzen. Es wurden drei Preise versprochen. Und da Schüler Herr Böttcher schon immer gern nach Pop- und Diskomusik tanzte, befand er sich ohnehin auf der Tanzfläche. Ja – und da kamen sie … die ersten Takte von Babooshka …  Bis zu diesem Moment hat Schüler Herr Böttcher selbst gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt wie … Ausdruckstanz… Und vermutlich auch nicht, was man alles beim Ausdruckstanzen so anstellen kann mit den Armen und den Beinen und dem Kopf … Und wie ruckartig und auch geschmeidig sich der Körper bewegen konnte. Leider weiß Herr Böttcher nicht mehr, wo der erste Preis – ein Schlüsselanhänger – abgeblieben ist. Damals war er jedenfalls auf der Rückreise von Torquay nach Heimat-City zusammen im Koffer mit den Kate-Bush-Schallplatten. Seitdem ist Herr Böttcher auch niemals wieder in England gewesen, aber gegen den Lockruf von Kate Bush ist selbst der manchmal recht eigenwillige Herr Böttcher machtlos. All we’re ever looking for is another open door. All we ever look for–another womb. All we ever look for–our own tomb. All we ever look for–ooh, la lune. All we ever look for–a little bit of you, too. All we ever look for, but we never do score.

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.

Kate und was ihr wirklich wichtig ist (IV)

interIm September 1985 hat der Journalist Andreas Hub anlässlich der Veröffentlichung der LP „Hounds of Love“ ein Interview mit Kate Bush geführt, dass im November 1985 „Fachblatt Musikmagazin“ veröffentlicht wurde. Aus gegebenem Anlass dürfen wir es hier noch einmal veröffentlichen. Im vierten und letzten Teil spricht Kate über eine mögliche Tournee und ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit.

Andreas Hub: Bekommst du außer von deinen Musikern noch anderes Feedback? Normalerweise steht ja noch ein Produzent daneben, der weiß und sagt, wo’s langgeht.

KATE: Gerade das ist der Grund, warum ich selbst produziere. Es macht die Sache anstrengender, aber ich kriege am Ende genau das, was ich will, anstatt einem anderen zu erklären, was ich gern hätte, der wieder dem Toningenieur zu erklären versucht, was ich wohl gemeint habe. Und dann muss der Toningenieur aus Worten Klänge machen. Ich sage ihm direkt, was ich will, das ist schneller, einfacher und effektiver. Es gäbe allerdings, ich sage das mal mit aller Vorsicht, Leute, bei denen ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zusammen zu produzieren, aber nur, solange ich die Einflussmöglichkeiten behalte, die ich heute auf meine Produktionen habe. Wie ich eben schon sagte: Bei mir bildet das Komponieren und Produzieren im Arbeitsablauf annähernd eine Einheit.

Andreas Hub: Gibt es da einen direkten Zusammenhang zu deiner „Entdeckung“ des Fairlight als Dreh- und Angelpunkt deiner Studioarbeit? Du hast ja, wenn ich mich recht erinnere, seit dem Zeitpunkt ohne Produzenten gearbeitet, als du mit dem Fairlight angefangen hast.

KATE: Kein direkter Zusammenhang. Außerdem stimmt es so nicht ganz. Ich habe auf meinem dritten Album schon mit dem Fairlight, wenn auch nicht mit einem eigenen, gearbeitet, war damals aber erst Co-Produzent. Den letzten entscheidenden Schritt konnte ich damals noch nicht tun, weil mir Mut und Fachkenntnisse fehlten. Man braucht ein enormes Maß an Kraft, um Kontrolle über seine eigene musikalische Arbeit ausüben zu können.

Andreas Hub: Welche generelle Bedeutung nimmt Musik in deinem Leben ein?

KATE: Musik nimmt mein ganzes Leben in Anspruch. Das ist immer ein Riesenberg an Arbeit, die genauso lange dauert, bis die nächste anfängt. Musik bedeutet aber auch das Vergnügen, die Stücke von anderen zu hören. Musik ist alles fuer mich.

Andreas Hub: Ich habe gehört, dass du auf ECM und Windham Hill besonders stehst…

KATE: Ja, und ich finde es gut, etwas so Schönem wie der Musik dieser Labels ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Windham Hill ist ja in England fast völlig unbekannt, während ECM durch Pat Metheny oder Eberhard Weber eine etwas größere Popularitaet genießt.

Andreas Hub: Ich stelle mir vor, auf sehr harmonische Klänge bedachte Künstler wie die meisten von Windham Hill haben es besonders schwer in einem so trendbeherrschten Musikmarkt wie dem englischen. Wenn man deine Platten Revue passieren läßt, die erste vielleicht ausgenommen, finden sich eigentlich nie Stücke, die einfach nur schön sind. Irgendwann kommt immer ein Bruch. Traust du dich nicht, einfach mal ein „nur“ schönes Sück zu schreiben?

KATE: Schwer zu sagen. Wenn ich schreibe, versuche ich, auf etwas zu kommen, was mir noch besser gefällt als die Idee vom Moment vorher. Und wenn es sich für mich gut anhört, aus dem sanften Charakter auszubrechen, tue ich das selbstverständlich ohne bestimmten Regeln zu folgen.

Andreas Hub: Wie steht’s mit Auftritten? Gibt es Hoffnung?

KATE: Das ist schon verrückt, weil ich immer gern will, aber irgendwie klappt es nie. Bis zur letzten LP hatte ich nicht genug Material, um mit einem komplett neuen Programm auftreten zu können. Als ich die ganze Promotionsarbeit für „The Dreaming“ hinter mir hatte, musste ich mir überlegen, ob ich auf Tour gehe oder mein Studio einrichte und eine neue Platte ins Auge fasse. Naja, jetzt stehe ich schon wieder am Ende der Arbeit für die Platte, mache Promotion, drehe Videos und eigentlich würde ich jetzt am allerliebsten den besagten Film zu der zweiten LP-Seite realisieren. Wenn das aber aus irgendwelchen Gründen schief gehen sollte, werde ich wieder über eine Tour nachdenken…

Andreas Hub: Empfindest du das ganze Drumherum gegenüber der konzentrierten Arbeit im Studio als Störung?

KATE: Als störend nicht, aber als belastend schon. Ich versuche, soviel Zeit wie möglich in kreative Prozesse zu stecken. Wenn ich mit einer Platte fertig bin, bleiben immer noch genug kreative Arbeiten übrig, seien es B-Seiten oder Videos, die sich dann mit der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit in die Quere kommen. Ich bin natürlich von einem gewissen Maß an Erfolg abhängig, um mir auch das nächste Album noch leisten zu können. Und dann muss ich leider zeitliche Kompromisse bei den Dingen eingehen, die mir wichtiger sind. Um das soweit wie möglich einzugrenzen, gebe ich kaum Interviews. Ich finde das auch völlig gerechtfertigt, weil ich meine eigentliche Arbeit für wesentlicher halte. Der einzige Grund, warum ich hier überhaupt sitze, ist der, dass ich lange Zeit an einem Album gearbeitet habe und das mitteilen möchte. Aber wenn ich drei Jahre damit verbracht hätte, Journalisten zu treffen und Promotion zu machen, dann gäbe es keinen Grund, hier zu sitzen…

(Mit bestem Dank an Andreas Hub.)

Kate und die Furcht vor der Liebe (III)

holIm September 1985 hat der Journalist Andreas Hub anlässlich der Veröffentlichung der LP „Hounds of Love“ ein Interview mit Kate Bush geführt, dass im November 1985 „Fachblatt Musikmagazin“ veröffentlicht wurde. Aus gegebenem Anlass dürfen wir es hier noch einmal veröffentlichen. Im dritten Teil geht es unter anderem darum, dass die Pausen zwischen Kates neuen Alben immer länger werden. Wohlgemerkt: Das Interview ist von 1985!

Andreas Hub: Beide Seiten (von Hounds of Love) sind ja auch musikalisch sehr unterschiedlich. Die erste enthält ein paar sehr tanzbare, rhythmische Titel. Hattest du erwartet, mit „Running Up That Hill“ wieder einen richtigen Hit zu haben, oder war das nur ein schöner Nebeneffekt?

KATE: Ich habe irgendwann aufgehört, mir in punkto Musikgeschäft irgendwelche Erwartungen zu machen. Aber es ist natürlich schön, wenn dann eintrifft, was man hätte erwarten können… Ich hatte immer schon das Gefühl, dass es hoffentlich auch andere Leute gibt, die meine Platten mögen, wenn ich nur ein Maximum an persönlichem Engagement in die Arbeit stecke. Und es funktioniert! Ist doch toll, was?

Andreas Hub: Und warum heißt die Platte „Hounds Of Love“? Das scheinen zwei widersprüchliche Begriffe zu sein.

KATE: Nein, das sind die Hunde, die den jagen – symbolisch natürlich -, der sich vor der Liebe fürchtet, der Angst hat, ihr in die „Falle“ zu gehen. Aber es sind nicht wirklich böse Hunde, man kann ja auf dem Cover sehen, wie sanft und schön die „Hounds Of Love“ sind.

Andreas Hub: Empfindest du es eher als Vor- oder Nachteil, dass zwischen deinen Alben so viel Zeit vergeht?

KATE: So kann ich die Frage nicht beantworten, weil es einfach ist, wie es ist. Ich habe nie gesagt: Ich brauche zwei oder drei Jahre, um eine Platte zu machen. Ich habe einfach angefangen. Wo immer einen das hinbringt – solange es positiv und produktiv ist, gehe ich mit. Wenn du deine Arbeit aufrichtig und mit ganzem Herzen machen willst, wird Es dir schon sagen, was zu tun ist…

Andreas Hub: Aber draußen sagt dir niemand, ob du auf dem richtigen Weg bist. Jemand, der alle zwei Monate eine Single rausbringt, erfährt ganz schnell, wie die Kurse gerade sind.

KATE: Das ist in der Tat ein frustrierender Aspekt meiner Arbeitsweise. Außerdem beschäftige ich mich gern auch mit anderen Ideen und Projekten. Aber ich kann nicht weglaufen von dem, womit ich gerade zu tun habe. Das nimmt meine ganze Energie in Anspruch. Ich muss eben solche Opfer bringen, und bei mir dauert es nun mal länger als bei anderen.

Andreas Hub: Wann hast du mit „Hounds Of Love“ angefangen?

KATE: 1983 wurde das Studio gebaut und eingerichtet, und Anfang 1984 habe ich mit der Platte angefangen, also insgesamt 18 Monate dran gearbeitet.

Andreas Hub: In so langer Zeit kann sich viel ändern. Woher nimmst du die Sicherheit, dass du zum Schluss das noch gut und wichtig findest, was du am Anfang aufgenommen hast?

KATE: Naja, wenn etwas gar nicht funktioniert, weil man sich verrant hat, muss man auch den Mut haben, da abzubrechen, selbst wenn man schon viel Zeit und Arbeit investiert hat. Aber das kommt mir äußerst selten vor, und bis auf die zwei, drei Stücke mit gravierenden Änderungen, die ich vorhin schon erwähnte, haben sich die grundlegenden Strukturen nicht verändert. Änderungen gab es meist nur in den Feinheiten, wenn wir z. B. Fairlight-Geigen durch echte Streicher ersetzt haben. Viele Fairlight-Passagen wollte ich ja von vornherein durch echte Instrumente ersetzen.

Andreas Hub: Wer hat denn mitgespielt?

KATE: Zum großen Teil die Leute von der letzten LP, wie z. B. Eberhard Weber, Danny Thompson, Dave Lawson, Stuart Elliott, die Musiker von Planxty, mein Bruder, aber auch andere, wie John Williams.

Andreas HUb: In welcher Phase beziehst du die Musiker in die Arbeit ein?

KATE: Verschieden. Manchmal habe ich am Anfang nur ein Programm in der Linn-Maschine, zu dem ich ein paar echte Schlagzeugspuren einspielen lasse. Normalerweise spielen die Musiker aber auf ein „Demo“, das aus Fairlight, Stimmen und Linn-Maschine besteht. Ich benutze allerdings auch viel Fairlight-Perkussion. Das Wichtigste an der Arbeit mit anderen Musikern sind die zusätzlichen Anregungen, besonders, wenn ich vorher allein am Fairlight gesessen habe. Da sind Einflüsse von außen sehr hilfreich. Ich brauche das Feedback, sonst wird es mir auf die Dauer zu langweilig. Es ist scöen, einfach mal in ein paar andere Gesichter zu sehen.

(Mit bestem Dank an Andreas Hub.)

Kate und der langgehegte Wunschtraum (II)

tnwIm September 1985 hat der Journalist Andreas Hub anlässlich der Veröffentlichung der LP „Hounds of Love“ ein Interview mit Kate Bush geführt, dass im November 1985 im „Fachblatt Musikmagazin“ veröffentlicht wurde. Aus gegebenem Anlass dürfen wir es hier noch einmal veröffentlichen. Im zweiten Teil geht es unter anderem darum, wovon „The Ninth Wave“ handelt.

Andreas Hub: Wie schaffst du es immer wieder, so eine starke Einheit von Musik und Text zusammenzubringen? Ich verstehe nicht alles, was du singst (meine Kassette enthielt keine näheren Angaben oder Texte), aber ich fühle, worum es geht. Es können also nicht die Worte sein. Kommen dir Musik und Textidee des Stückes gleichzeitig?

KATE: Ja, oft ist es so, dass ich zuerst die Idee habe, wovon ein Song handeln soll und dann fallen mir parallel Worte und Musik dazu ein. Bei „Hello Earth“ wusste ich z.B., dass es der dramatische Hoehepunkt der Geschichte sein würde. Dafür musste die Strophe sehr langsam sein und der Refrain sehr heftig. Also, ich erklär‘ mal, worum es geht. Wir reden über einen Sturm. Da ist ein Mensch bei Sturm über Bord gegangen und kämpft eine ganze Nacht gegen die Wellen, die Müdigkeit und die Gefahr, aufzugeben. Zu dieser Handlung habe ich alle Stücke der zweiten LP-Seite geschrieben. Ein Konzeptalbum, oder zumindest ein halbes, das war eine Riesenherausforderung für mich und ein langgehegter Wunschtraum. Ich wollte mal etwas machen, wo ich nicht nach drei Minuten mit der Geschichte schon fertig sein muss.

Auch wenn es dir schwerfällt, kannst du noch ein bisschen mehr über die Handlung erzählen?

KATE: Ich wünschte, ich könnte dir einen Film dazu zeigen. Die Bilder würden viel leichter erklären, was ich vorhatte. Da geht also jemand über Bord, nachts. Er wird wahnsinnig müde, will resignieren. Dann ziehen seine Vergangenheit, seine Gegenwart und seine Zukunft an ihm vorbei und versuchen, ihn wachzuhalten und durch diese Nacht zu kriegen. Das sind natürlich auch Metaphern für eine sehr tiefe innere Erfahrung, nach der man am anderen Ende als geläuterter Mensch wieder ans Licht tritt.

 Also eine Art von spiritueller Transformation…

KATE: Ja, wie eine Wiedergeburt. Da ist einmal das äußerliche, körperliche Moment, und dann ein Prozess, der im Kopf abläuft, Gedanken, Reisen zu inneren Räumen.

Wasser ist ja ein sehr vielfältig deutbares Symbol.

KATE: Ja, es beinhaltet auch das Gefühl des Schwebens. Dazu kommt hier die Nacht, das Dunkel, der völlige Verlust von Raum- und Zeitgefühl, die Abschirmung von allen äußeren Eindrücken. Und wenn sowas geschieht, kommen sehr merkwürdige Abläufe im Kopf in Gang.

Wie im Isolationstank…

KATE: Ja, obwohl ich selbst keine persönlichen Erfahrungen damit gemacht habe.

Hast du vielleicht „Im Zentrum des Zyklons“ von John C. Lilly gelesen, der ja als erster mit dem Tank experimentiert hat?

KATE: Gelesen leider nicht, aber ich habe Einiges über seine Arbeit gehört, das ich sehr interessant fand.

Ich fürchte, wir kommen langsam in Bereiche, die nicht unbedingt in eine Musikzeitung gehören… Reden wir also wieder über deine Musik. Der Unterschied zwischen deinem letzten Album „The Dreaming“ und dem neuen „Hounds Of Love“ ist frappierend. Ich hatte immer Schwierigkeiten, mir „The Dreaming“ an einem Stück anzuhören, weil es stellenweise sehr an den Nerven zerrte. Hat sich deine musikalische und/oder persönliche Einstellung in den letzten drei Jahren so geändert, dass du jetzt ein recht zugängliches, streckenweise poppiges Album vorlegen kannst?

KATE: Die Musik ordnet sich bei mir immer dem Inhalt der Songs unter. „The Dreaming“ war ein gefühlsmäßig sehr intensives und oft bewusst aggressiv klingendes Album, weil es darum ging, wie schrecklich grausam Menschen sein können, was wir uns gegenseitig antun, welchem Maß an Einsamkeit wir uns gegenseitig aussetzen. Es war ein suchendes, fragendes Album und riss dich mit der Musik ganz schnell von einem Punkt zum nächsten. Es rief sehr extreme Reaktionen hervor, und es gab viele, die sich auf die Stimmung der Platte nicht einlassen konnten oder wollten. Ich war und bin damit allerdings sehr zufrieden, denn ich habe für mich damit definitiv erreicht, was ich erreichen wollte. Ich musste selbst erfahren, was ich da erforschen wollte, und jetzt habe ich die Erfahrung gemacht und kann mich anderen Zielen zuwenden. Plötzlich konnte ich wieder tanzen gehen, habe einen Sommer außer Haus verbracht, was ich jahrelang nicht gemacht hatte. Dabei habe ich mich so positiv gefühlt, dass ich auch Songs schreiben wollte, die eine positive Grundstimmung vermitteln. Das war eine ganz neue Herausforderung, weil ich meine Inspirationen bis dahin eher aus schwermütigen, düsteren Stimmungen bezogen hatte. Aber auf einmal konnte ich mich an Dingen begeistern, die leicht und beschwingt waren. Ich wollte über die positive Kraft der Liebe schreiben und nicht mehr über Menschen, die sich zerstören. Die ganze Energie, die sich dabei entwickelte, übertrug sich auch auf das Album. Dabei wollte ich Liebe nicht nur als fröhliche, lichtvolle Angelegenheit beschreiben, sondern sie in allen, auch ihren dunklen Aspekten zeigen. Die LP hat dadurch zwei sehr unterschiedliche Seiten bekommen. Die erste gibt einen Ausblick auf verschiedene Formen von Liebe und handelt durchweg von Beziehungen, und die zweite Seite geht tiefer, darum auch das alle Stücke umfassende Konzept.

(Mit bestem Dank an Andreas Hub)

Nächstes Konzert: Kate Bush

apolloNoch 22 Tage, dann werden erstmals die Türen zum Eventim Apollo in Hammersmith für ein Konzert von Kate öffnen. Und so langsam dürfte die heiße Phase der Proben für die Show losgehen – vermutlich ab sofort auf der Apollo-Bühne in Hammersmith. Darauf deutet zumindest hin, dass es im offiziellen Event-Kalender des Theaters bis zu den Shows von Kate keinen einzigen Termin mehr gibt. Für eine Veranstaltungshalle dieser Größe eher ungewöhnlich, zumal direkt im Anschluss an Kates Konzerte der Eventkalender für die Halle wieder voll ist.

Kate und das Eigenleben ihrer Songs (I)

ruthbackWenn Kate Bush im August erstmals seit 35 wieder ein Konzert geben wird und dabei der Songzyklus „The Ninth Wave“ vom 1985er Album „Hound of Love“ im Mittelpunkt stehen wird, ist es natürlich spannend zu sehen, wie Kate selbst ihr damaliges Album bewertet hat. Für das „Fachblatt Musikmagazin“ (das bis 1998 existierte) hat im November 1985 der Journalist Andreas Hub das Glück gehabt, Kate interviewen zu können – unter besonderen Begleitumständen, wie er damals selbst beschrieb. Im August 1985 wurde Hub der Interviewtermin avisiert – und kurz drauf wieder abgesagt. Im September dann der zweite Anlauf – ein Interview zur Funkausstellung in Berlin. „Wunderbar, dachte ich, setzte mich ins Auto, eine Vorabkassette der neuen LP „Hounds Of Love“ im Recorder, und fuhr los – nicht wissend, dass zur gleichen Zeit alle 25 Interviews ersatzlos abgeblasen wurden, Stern und andere hochkarätige Publikationen eingeschlossen. Treffpunkt Steigenberger Hotel Berlin, ich pünktlich und immer noch nichtsahnend, sie natürlich nicht da, von der Plattenfirma auch keiner“, schrieb Hub damals. Und natürlich wohne sie auh gar nicht in dem Hotel. Und während der Mann am Empfang das sagte, passierte, ws jeder aus dem Abba-Film zur Australien-Tour kennt: „Im selben Augenblick öffnet sich neben mir eine Fahrstuhltür – und sie steht vor mir. Kein Manager, niemand, der mich abwimmelt, dazwischen. Ich sage ‚Hallo, ich möchte gerne ein Interview mit dir machen!‘ Sie sagt, sehr englisch, sehr höflich, sehr bestimmt: ‚Tut mir leid, ich habe alle Interviews abgesagt, weil ich keine Zeit habe.‘ Aber sie bleibt wenigstens einen Moment stehen und rennt nicht vorbei. Du hast keine Chance, aber nutze sie…“ Also drückt Hub auf die Tränendrüse: „‚Hör mal, auf diesen Moment habe ich sieben Jahre gewartet und hab‘ jetzt 1000 km Autofahrt auf mich genommen. Können wir das Interview nicht trotzdem machen?‘ Sie wieder, sehr englisch, sehr höflich und ein bisschen gerührt: ‚Warte hier – ich guck‘ mal eben, was wir machen koennen…‘ Nach fünf Minuten kommt sie wieder, komplimentiert mich unter einem Schwall von Entschuldigungen an einen Tisch – und legt los, erst 20 Minuten, schließlich fast eine Stunde.“ Und so kam Andreas Hub zu dem nachfolgenden Interview, dass wir hier mit seiner Genehmigung aus gegebenem Anlass noch einmal veröffentlichen dürfen. Und weil das Interview nicht nur 20 Minuten gedauert und etwas länger geraten ist, erscheint es hier in vier Teilen. Im ersten Teil geht es unter anderem um den Song „Hello Earth“.

Andreas Hub: Nachdem ich ein Interview der amerikanischen Zeitschrift „Keyboard“ mit dir gelesen hatte, erwartete ich eigentlich eine reine Fairlight-LP. Stattdessen gibt es eine Menge akustische Parts und sogar wieder ganz ruhige Klavierstücke, fast so wie auf deiner ersten LP.

KATE BUSH: Interessanter Eindruck… Mir kommt es nämlich ganz anders vor. Ich finde, es ist mein bisher am wenigsten vom Piano geprägtes Album geworden, weil ich beim Komponieren mehr oder weniger ganz auf den Fairlight umgestiegen bin. Alles, was man jetzt an Piano hört, habe ich erst hinterher zugefügt.

Du hast, genau wie bei „The Dreaming“, wieder selbst produziert…

KATE: Ja, ich habe nach dem letzten Album mein eigenes Studio eingerichtet, und dadurch sind die Grenzen zwischen Komponieren, Aufnehmen und Produzieren noch fließender geworden. Das ganze ist ein sehr organischer Prozess, weil alles nebeneinander und gleichzeitig passieren kann. Es gibt keine Demos im eigentlichen Sinne mehr. Ich nehme etwas auf der 24-Spur-Maschine auf und arbeite damit weiter, so dass das Demo im Prinzip schon das spätere Master ist.

Aber das kann doch nicht immer so ganz reibungslos ablaufen. Wie viele Versionen gibt es von einer Idee, bis ein fertiges Stück daraus wird?

KATE: Erstaunlicherweise hat es nur zwei oder drei Stücke gegeben, die noch eine dramatische Äenderung erfahren haben. Die Basis für ein Stück habe ich meist sehr schnell, die Ideen kommen oft explosionsartig, ein paar Melodiefetzen, ein paar Textfragmente. Aber bis das Stück dann ganz fertig ist, kann es sehr lange dauern und hängt natürlich von der Komplexität eines Songs ab. In anderen Fällen habe ich die ganze Komposition fertig und bleibe dann plötzlich beim Text stecken.

Greifen wir mal ein Beispiel raus, den Titel „Hello Earth“. Da kommt erst eine sehr sanfte, von dir gesungene Melodie, während der von einem Chor gesungene Refrain dazu in einem sehr strengen und abrupten harmonischen Kontrast steht. Das hört sich sehr zusammengesetzt an, als wäre es nicht in einem Rutsch entstanden.

KATE: Die „Initialzündung“ kam hier mit der Idee zum Inhalt des Songs, die die Struktur bestimmte. Die Strophe habe ich zuerst aufgenommen und auf den Teil für den Refrain nur eine Pilotspur mit einem Piano bespielt. Dann kamen die Musiker von der irischen Gruppe Planxty dazu und dann der Chor.

Hattest du dafür immer echte Stimmen vorgesehen oder auch erst Stimmen aus dem Fairlight benutzt?

KATE: Es war immer klar, dass da ein echter Chor hinmusste. Nur die Auswahl der Sänger erwies sich als sehr schwierig. Dieser Refrain basiert auf einem Traditional, das ich irgendwann mal aufgeschnappt hatte. Was ich mir vorstellte, waren nicht so sehr klassische Chorstimmen, sondern welche, die irgendwie unheimlich und auch ein bisschen feierlich klingen mussten. Auf der anderen Seite gab es das Problem, keinen Druck auszuüben und die Leute so natürlich wie möglich singen zu lassen, weil gerade bei Chorgesang schnell eine posenhafte Künstlichkeit aufkommt. Zum Glück kannte ich über einen Gig, den ich mal mit dem London Symphony Orchestra hatte, einen Mann namens Richard Hickox, der unheimlich viel Erfahrung mit Chorstimmen hatte. Ich habe ihn die Sänger aussuchen lassen. Für mich war das ganze eine ungemein spannende Erfahrung, weil ich nie zuvor mit einem Chor gearbeitet hatte.

Klingt fast nach Mönchen, die sakrale Musik singen.

KATE: Klingt ziemlich religiös, was?

Mir scheint der Song in der Tat eine übertragene spirituelle Bedeutung zu haben. Ins Fade Out sprichst du ja auf Deutsch die Worte „Irgendwo in der Tiefe gibt es ein Licht.“

KATE: Ja, das Stück ist der Höhepunkt der zweiten Seite, die einen durchlaufenden Handlungsfaden hat (dazu später mehr). Es ist sowas wie ein Fiebertraum, das Delirium, bevor der letzte Song kommt, der ganz anders ist, von Hoffnung, Licht und dem anbrechenden Morgen handelt. „Hello Earth“ ist über den Punkt, an dem du nicht weiterkannst, wo du sehr schwach bist. Und da bist du vielleicht bereit, die Dinge zu akzeptieren, jetzt, wo du am Ende deiner Reise angekommen bist. Du hast die Wahl: Dich zu ändern oder weiterzumachen und zu sterben. Das hat natürlich auch eine religiöse Komponente. Aber es fällt mir schwer, darüber zu reden, bzw. das zu erklären. Während der Arbeit an den Stücken weiß ich sowas viel genauer, wahrscheinlich, weil ich mich im Moment des Entstehens viel stärker mit dem verbunden fühle, was da aus mir rauskommt. Wenn die Stücke dann fertig sind, wollen sie für sich selbst sprechen. Sie sind dann nicht mehr länger ein Teil von mir, sondern entwickeln ein Eigenleben.

(Mit bestem Dank an Andreas Hub.)

Das Foto des Monats: August

utiUnder The Ivy

Dass Xavier nun wirklich alle Songs von Kate mag, wird nicht weiter verwundern. „Ich muss aber gestehen, dass eine besondere Schwäche für die Lieder habe, in denen das Klavier im Vordergrund steht“, sagt er. Für Xavier ist der Song Under the ivy „vom ersten Ton bis zum Schluss ein Genuss“. Und: „Dieser Song hat eine große stimmungsvolle und poetische Kraft und strahlt gleichermaßen Leidenschaft und Trauer aus.“ Kate sagt das so: „I think it’s sad because it’s about someone who is recalling a moment when perhaps they used to do it when they were innocent and when they were children, and it’s something that they’re having to sneak away to do privately now as adults.“
Das Bild hat Xavier auf Mallorca im Garten seines Schwiegervaters aufgenommen, irgendwann im Oktober, kurz vor dem Sonnenuntergang, „wenn das Licht etwas langsamer zurückzieht als im Winter, aber immer noch etwas von der Helligkeit des Sommers besitzt“. (Auch das ist poetisch!)  Und noch ein Geständnis zum Schluss: Als ich das Bild aufgenommen habe, dachte ich überhaupt nicht an Kate sondern nur an technische Details und war damit beschäftigt, das best-mögliche Licht einzufangen. Erst, als ich dann das Ergebnis gesehen habe, dachte ich mir: Oh ja, es ist ‚Under the ivy‘!“

Wer den Beitrag über Xavier Recasens verpasst hat, findet den Text hier.

Herr Böttcher steht im Nebel

hb3Liebe Leserschaft, geht es Ihnen auch so? Sie schauen hier auf dieses Zählwerk, das runterzählt und runterzählt. Und Sie denken sich: „Was????!!!!  Nur noch so wenige Tage????  Und dann soll es soweit sein mit den Konzerten????  Bin ich denn mental darauf überhaupt schon vorbereitet? Jetzt schon gleich das Kate-Bush-Konzert? Was ist denn auf einmal mit der Zeit los? Wie kurz sind denn 35 Jahre?“ Time goes by so slowly. Time goes by so slowly. Time goes by so slowly. Time goes by so slowly. Time goes by so slowly. Time goes by so slowly. Ach nein, das ist ja die andere. So konfus ist Herr Böttcher schon, dass er hier die andere zitiert. Nicht, dass ich damit sagen will, dass Madonna im Spiegel zu Kate Bush die andere ist. Naja, gleich alt sind sie ja. Glaube nur einen Tag im Geburtsdatum auseinander. Es geht das Gerücht, dass Madonna an einer neuen Scheibe rumrackert und dass sie, wie es ihre Art ist, Handlanger engagiert hat, die den Müll hinter Kate Bushs Tonstudio durchwühlen – nach geschredderten Notenblättern vermutlich. Madonna soll angeblich wahnsinnig unter Druck stehen. Weiß denn Kate nicht, dass man Geschreddertes niemals in die Mülltonne wirft oder gar im Klo runterspült? Hat Kate Bush denn nie den Batman-Film gesehen, in dem Dany DeVito den Pinguin spielt, der die Bürger Gotham Citys dadurch in der Hand hat, weil er all ihr Geschreddertes wieder mit nem Klebestift zusammensetzt? Und reicht es nicht, dass Madonna seinerzeit die Noten zu „Ray of Light“ aus Kates Abfalltonne ergattern konnte?  Aber wir wissen ja, wie die Leute so sind, tun sich schwer, wenn andere erfolgreich sind. Auf jeden Fall zählt das Zählwerk hier schneller als Herr Böttcher schreiben kann. Als Fan brauche ich mindestens so viel Zelt, mich mental auf dieses Konzert vorzubereiten wie Kate Bush für ihre gesamten Konzert-Vorbereitungen benötigt. Jeden Tag wird es irgendwie nebliger im Kopf von Herrn Böttcher. Vielleicht sollte ich mich ablenken, denkt Herr Böttcher. Ich könnte ja im Gegenzug den Müll von Madonna durchwühlen und ihr Geschreddertes Helene Fischer zukommen lassen. Just like a photograph, I pick you up. Just like a station on the radio, I pick you up. Just like a face in the crowd, I pick you up. Just like a feeling that you’re sending out, I pick it up. But I can’t let you go. If I let you go, you slip into the fog…

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.

Happy Katemas! (noch 27 Tage!!!)

hbd-2-2014

Herr Böttcher konzentriert sich auf den Weltfrieden

hb3Um sich Inspiration für diese Kolumne zu holen, lieber Leser, hat der Herr Böttcher sich ganz unverbindlich im weltweiten Netz umgeschaut. Was musste er zu seinem Entsetzen feststellen:  Es ist absolut nicht selbstverständlich, Kate Bush zu … – bitte nehmen Sie es mir nicht übel oder deuten Sie es nicht als Arroganz meinerseits – ich wollte erst „mögen“ schreiben.
Also schreibt Herr Böttcher: Es ist absolut nicht selbstverständlich, Kate Bush zu mögen.
Doch das ist es nicht, was Herr Böttcher sagen wollte. Eigentlich wollte Herr Böttcher schreiben:
Es ist absolut nicht selbstverständlich, Kate Bush zu verstehen.
„Was erdreisten Sie sich, Herr Böttcher?“, ruft da – kaum ist es „ausgesprochen“ – die innere Stimme in Herrn Böttcher. „Sie und Kate Bush verstehen? Verstehen? Mit ihren dürftigen, oft intuitiven Englischkenntnissen? Sie können ja noch nicht einmal Noten lesen. Kate Bush verstehen?“
Die innere Stimme runzelt die Stirn und spricht im spöttischen Ton weiter: „Mal ehrlich, Herr Böttcher, wann haben Sie sich das letzte Mal so richtig verstanden gefühlt? Und da meinen Sie, Sie könnten Kate Bush verstehen? Nicht nur, dass Sie es wagen diesen Gedanken in sich aufkeimen zu lassen, Sie besitzen auch noch die Dreistigkeit, ihn in ihrer Kolumne im Kate-Bush-Blog laut „auszusprechen“.
„Bin ich unverschämt?“ fragt der völlig verunsicherte Herr Böttcher seine innere Stimme.
„Absolut!“ lautet die gnadenlose Antwort.
„Aber was soll ich denn mit solchen Äußerungen wie Ich kenne bisher nur die Singleauskopplung aus dem Radio, ganz nett, aber haben muss ich KB nicht mehr oder Kate Bush stand mal für die Speerspitze bestimmter musikalischer Ideen, davon merkt man heute leider nichts mehr oder Ganz objektiv: wer die Texte von Kate Bush lobt, versteht entweder kein Englisch oder hat die „rosa“ Brille auf. Textlich gesehen weiß ich wirklich nicht, was daran besonderes sein soll, die „PI“-Zahlen minutenlang aufzuzählen oder 50 mal hintereinander „Washing machine“ zu singen. Hierfür ganz klar eine NULL anfangen?“ Herr Böttcher seufzt schwer.
„Es gibt eben nicht nur Ihre Wahrheit, Herr Böttcher“, schulmeistert die innere Stimme und ist nicht zu bremsen: „Es gibt die ganze Wahrheit, reine Wahrheit, halbe Wahrheit, absolute Wahrheit,… meine Damen und Herren…suchen Sie sich eine aus!“
„Adenauer!“ sagt Herr Böttcher.
„Richtig!“ sagt die innere Stimme.
„Ja, ja“, sagt Herr Böttcher und tippt missmutig auf seine Tastatur ein, aber eigentlich würde  er  am liebsten wie Pippi Langstrumpf in den nächsten Heißluftballon steigen und laut vom Himmelszelt posaunen: „Aber wie soll es denn jemals Weltfrieden geben, wenn die Leute noch nicht einmal so was einfaches wie Musik von Kate Bush verstehen!!!???“
Aber Herr Böttcher schweigt, weil er keine Lust mehr hat, sich von seiner inneren Stimme maßregeln zu lassen. Hello, I know that you’ve been feeling tired. I bring you love and deeper understanding. Hello, I know that you’re unhappy. I bring you love and deeper understanding. I turn to my computer like a friend. I need deeper understanding. Give me deeper understanding.

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.

Ein Weg, ein Herz, ein Lächeln

summerchild1Im März hat Thomas unter seinem Künstlernamen „Summerchild“ seine erste CD „Love & Lavender“ veröffentlich, die wir hier ausführlich vorgestellt haben. Im Interview hatte Thomas damals schon angedeutet, dass er bereits an seiner zweiten CD arbeitet. Vorab hat er nun die neue EP „Homebound“ veröffentlicht, die man sich auf seiner Seite komplett anhören kann. Ab 1. August gibt es die Scheibe dann auch als Download. Neu auf seiner Internetseite ist der Blog, auf dem er in seinem ersten Beitrag eine kluge Analyse zu Kates Film „The Line, the cross and the curve“ liefert. „Selbstbewusstsein im Umgang mit der eigenen Körperlichkeit und vor allem der gegenseitige Respekt ist in Bushs Märchen ein roter Faden“, schreibt Thomas. Und kommt in seiner Analyse zu dem Ergebnis, „dass das menschliche Leben in einer Analogie zu Tanzschritten funktioniert. Diese Tanzschritte stellen in ihrer Dreifaltigkeit zugleich die Grundpfeiler einer Lebensphilosophie dar, die sich auf romantische Weise über einen Weg als Ziel („the line“), ein Herz als Antrieb („the cross“) und ein Lächeln, („the curve“) das man sich stets bewahren soll, definiert“. Das ist nur die Kurzfassung. Wer in Erfahrung bringen möchte, was Kates Film mit Mephisto, Freud, Hitchcock, Dämonen, phallischen Erscheinungen und Fruchtbarkeitsritualen zu tun hat, wird hier fündig.

„Ein Kreuzweg in das unbekannte Innere“

hol2Wenn Kate in ihren Konzerten den 1985er Songzyklus „The ninth wave“ in den Mittelpunkt ihrer Konzerte rückt und erstmals live aufführt, kommt dem Album „Hounds of Love“ eine besondere Bedeutung zu. Für viele Fans gilt es als  ihr bestes Werk, es war zumindest ihr erfolgreichstes. „Das Album ‚Hounds of Love‘ ist ein Höhepunkt in der Karriere von Kate Bush, ein Meilenstein. Wie kaum ein Bush-Album vorher ist es ein Blick in eine eigene, faszinierende Welt“, schreibt Achim in seiner neuen Analyse des Albums: „Die erste Seite ist eine Handvoll von Liebesliedern über problematische Beziehungen. Die Musik ist popsong-artig, zugänglich. Niemals waren Songs von Kate Bush chartstauglicher. Das gilt aber nur für die Musik – die Texte sind von abgründigerer Natur. Komplexe Aspekte der Liebe werden thematisiert. Dass Liebe nicht nur sonnig, sondern gleichzeitig auch beängstigend sein kann, wird schon durch den Titel dieser Seite (und des Albums) verdeutlicht – ‚Hounds of Love‘.“ Dabei geht Achim Titel für Titel durch: von Running up that hill als Song, der von der Unmöglichkeit handelt, „dass sich zwei Liebende wirklich verstehen können und wie verlockend es wäre, für eine kurze Zeit die Körper tauschen zu können und in die Seele des Gegenüber einzutauchen“, über Hounds of Love, in dem „die Furcht vor der dämonischen, zerstörerischen Kraft der Liebe“ thematisiert wird, The big sky „(Es geht um das Nicht-Verstanden-Werden in Beziehungen.“), zu Mother stands for comfort („Jemand verlässt sich auf die bedingungslose Liebe seiner Mutter, ganz egal was er getan hat.“) und Cloudbusting („Der Song handelt von der Liebe zwischen Sohn und Vater, bedroht durch äußere Kräfte.“). Interessant ist Achims These, dass sich die scheinbar zusammenhanglosen Hits von Seite eins nicht nur als Gegenpart zum Konzeptteil „The ninth wave“ betrachten lassen, sondern auch als Spiegel. „Für mich ist ‚The ninth wave‘ eine düstere Suite über den Tod und die Wiedergeburt“, schreibt er. Und: „In dieser Suite entfernt sich die Protagonistin von Lied zu Lied weiter von der Realität, taucht tiefer ein in das Unbewusste – bis zum Wiederauftauchen im letzten Song.“ Oder anders ausgedrückt: „‚The ninth wave‘ ist ein Weg durch das Dunkel. ‚The ninth wave‘ ist ein Kreuzweg, eine Heldenreise in das unbekannte und gefährliche Innere. Nur die Liebe rettet.“

Die komplette Analyse von Achim gibt es auf der Seite „Alben“ und ab morgen auch im Forum.
Passend dazu wird in den Tagen vor den Konzerten auf morningfog noch ein sehr ausführliches Interview in vier Teilen erscheinen, das der Journalist Andreas Hub 1985 mit Kate anlässlich der Veröffentlichung von HOL geführt hat.

Exklusive Foto-Ausstellung in London

gallery

Foto: Guido Harari

Wer zu den Konzerten nach London reist, kann passend dazu noch einen Abstecher in die Snap-Gallerys machen, wo Gered Mankowitz und Guido Harari ihre Bilder von Kate ausstellen – vom 26. August bis zum 4. October, also passend zu den Konzertterminen. Zwei der gezeigten Bilder (unter anderem das hier veröffentlichte von Guido Harari) sind als numerierter und signierter Kunstdruck zu besonderen Konditionen zu erwerben. Mehr Infos dazu auf der Gallerie-Seite. Beide Fotografen werden zudem jeweils neue Bücher mit ihren Kate-Bildern veröffentlichen. Dazu gibt es am 5. September in der Gallerie einen entsprechenden Signiertermin. Die Adresse und Öffnungszeiten der Gallerie gibt es hier.

Herr Böttcher gratuliert

hb3An the winner is:
Ihre Musik ist kompromisslose Leidenschaft und trifft mitten ins Herz.
Herzlichen Glückwunsch, liebe/r nettergehtnicht.
We take all the telescopes and we turn them inside out and we point them away from the big sky.
Put your eye right up to the glass, now and here we’ll find the constellation of the heart.

Herr Böttcher fährt nach London. Zu Kate. Und wir begleiten ihn. Oder er uns.
Alle Kolumnen von Herrn Böttcher gibt es hier.