Kate und was ihr wirklich wichtig ist (IV)

interIm September 1985 hat der Journalist Andreas Hub anlässlich der Veröffentlichung der LP „Hounds of Love“ ein Interview mit Kate Bush geführt, dass im November 1985 „Fachblatt Musikmagazin“ veröffentlicht wurde. Aus gegebenem Anlass dürfen wir es hier noch einmal veröffentlichen. Im vierten und letzten Teil spricht Kate über eine mögliche Tournee und ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit.

Andreas Hub: Bekommst du außer von deinen Musikern noch anderes Feedback? Normalerweise steht ja noch ein Produzent daneben, der weiß und sagt, wo’s langgeht.

KATE: Gerade das ist der Grund, warum ich selbst produziere. Es macht die Sache anstrengender, aber ich kriege am Ende genau das, was ich will, anstatt einem anderen zu erklären, was ich gern hätte, der wieder dem Toningenieur zu erklären versucht, was ich wohl gemeint habe. Und dann muss der Toningenieur aus Worten Klänge machen. Ich sage ihm direkt, was ich will, das ist schneller, einfacher und effektiver. Es gäbe allerdings, ich sage das mal mit aller Vorsicht, Leute, bei denen ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zusammen zu produzieren, aber nur, solange ich die Einflussmöglichkeiten behalte, die ich heute auf meine Produktionen habe. Wie ich eben schon sagte: Bei mir bildet das Komponieren und Produzieren im Arbeitsablauf annähernd eine Einheit.

Andreas Hub: Gibt es da einen direkten Zusammenhang zu deiner „Entdeckung“ des Fairlight als Dreh- und Angelpunkt deiner Studioarbeit? Du hast ja, wenn ich mich recht erinnere, seit dem Zeitpunkt ohne Produzenten gearbeitet, als du mit dem Fairlight angefangen hast.

KATE: Kein direkter Zusammenhang. Außerdem stimmt es so nicht ganz. Ich habe auf meinem dritten Album schon mit dem Fairlight, wenn auch nicht mit einem eigenen, gearbeitet, war damals aber erst Co-Produzent. Den letzten entscheidenden Schritt konnte ich damals noch nicht tun, weil mir Mut und Fachkenntnisse fehlten. Man braucht ein enormes Maß an Kraft, um Kontrolle über seine eigene musikalische Arbeit ausüben zu können.

Andreas Hub: Welche generelle Bedeutung nimmt Musik in deinem Leben ein?

KATE: Musik nimmt mein ganzes Leben in Anspruch. Das ist immer ein Riesenberg an Arbeit, die genauso lange dauert, bis die nächste anfängt. Musik bedeutet aber auch das Vergnügen, die Stücke von anderen zu hören. Musik ist alles fuer mich.

Andreas Hub: Ich habe gehört, dass du auf ECM und Windham Hill besonders stehst…

KATE: Ja, und ich finde es gut, etwas so Schönem wie der Musik dieser Labels ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Windham Hill ist ja in England fast völlig unbekannt, während ECM durch Pat Metheny oder Eberhard Weber eine etwas größere Popularitaet genießt.

Andreas Hub: Ich stelle mir vor, auf sehr harmonische Klänge bedachte Künstler wie die meisten von Windham Hill haben es besonders schwer in einem so trendbeherrschten Musikmarkt wie dem englischen. Wenn man deine Platten Revue passieren läßt, die erste vielleicht ausgenommen, finden sich eigentlich nie Stücke, die einfach nur schön sind. Irgendwann kommt immer ein Bruch. Traust du dich nicht, einfach mal ein „nur“ schönes Sück zu schreiben?

KATE: Schwer zu sagen. Wenn ich schreibe, versuche ich, auf etwas zu kommen, was mir noch besser gefällt als die Idee vom Moment vorher. Und wenn es sich für mich gut anhört, aus dem sanften Charakter auszubrechen, tue ich das selbstverständlich ohne bestimmten Regeln zu folgen.

Andreas Hub: Wie steht’s mit Auftritten? Gibt es Hoffnung?

KATE: Das ist schon verrückt, weil ich immer gern will, aber irgendwie klappt es nie. Bis zur letzten LP hatte ich nicht genug Material, um mit einem komplett neuen Programm auftreten zu können. Als ich die ganze Promotionsarbeit für „The Dreaming“ hinter mir hatte, musste ich mir überlegen, ob ich auf Tour gehe oder mein Studio einrichte und eine neue Platte ins Auge fasse. Naja, jetzt stehe ich schon wieder am Ende der Arbeit für die Platte, mache Promotion, drehe Videos und eigentlich würde ich jetzt am allerliebsten den besagten Film zu der zweiten LP-Seite realisieren. Wenn das aber aus irgendwelchen Gründen schief gehen sollte, werde ich wieder über eine Tour nachdenken…

Andreas Hub: Empfindest du das ganze Drumherum gegenüber der konzentrierten Arbeit im Studio als Störung?

KATE: Als störend nicht, aber als belastend schon. Ich versuche, soviel Zeit wie möglich in kreative Prozesse zu stecken. Wenn ich mit einer Platte fertig bin, bleiben immer noch genug kreative Arbeiten übrig, seien es B-Seiten oder Videos, die sich dann mit der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit in die Quere kommen. Ich bin natürlich von einem gewissen Maß an Erfolg abhängig, um mir auch das nächste Album noch leisten zu können. Und dann muss ich leider zeitliche Kompromisse bei den Dingen eingehen, die mir wichtiger sind. Um das soweit wie möglich einzugrenzen, gebe ich kaum Interviews. Ich finde das auch völlig gerechtfertigt, weil ich meine eigentliche Arbeit für wesentlicher halte. Der einzige Grund, warum ich hier überhaupt sitze, ist der, dass ich lange Zeit an einem Album gearbeitet habe und das mitteilen möchte. Aber wenn ich drei Jahre damit verbracht hätte, Journalisten zu treffen und Promotion zu machen, dann gäbe es keinen Grund, hier zu sitzen…

(Mit bestem Dank an Andreas Hub.)

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