50 Kapitel für Kate

In einem neuen Buch erklärt der Journalist Tom Doyle das Phänomen Kate Bush. „Running Up That Hill: 50 Visions of Kate Bush“ heißt das 320 Seiten starke Werk, das am 27. Oktober im englischen Verlag Nine Eight Books erscheint.

Eines muss man vorwegschicken: Kate Bush mag keine Interviews, auch wenn sie sich dabei stets aufgeräumt gibt. Interviews gibt es sowieso allenfalls nur dann, wenn etwa ein neues Album veröffentlicht wird oder wie zuletzt der 37 Jahre alte Song Running Up That Hill recht unerwartet erneut an die Spitze der englischen Charts stürmt. Gibt es diese seltenen Gelegenheiten zu Interviews, finden sie am Telefon statt. Irgendwann im Herbst 2005 hat Kate eine Ausnahme zugelassen. Damals, zwölf Jahre nach ihrem letzten Album, stand im November 2005 die Veröffentlichung ihres Doppelalbums Aerial unmittelbar bevor. Musikjournalist Tom Doyle, der unter anderem für das Musikmagazin Mojo schreibt, erhielt eine Einladung und hatte die Gelegenheit, fast einen ganzen Tag im Haus von Kate Bush zu verbringen – inklusive Besuch im Tonstudio. Doyle hat das damals so beschrieben: „Hier, in Kate Bushs Haus, lebt eine 47-jährige Mutter von einem Kind, das Gegenteil der mysteriösen Einsiedlerin, gekleidet in ein Arbeitsdress aus braunem Hemd, Jeans und Turnschuhen, das Haar in praktischer Business-Manier hochgesteckt. Dazu vorsichtiges Lächeln und nervöses Gelächter. Wir geben uns zaghaft die Hand. Sie wirkt winzig und kurvenreicher als die scheue Tänzerin aus der Erinnerung.“ Den ersten Eindrücken dieser Begegnung lässt Doyle eine Beschreibung des Hauses folgen, bevor er auf 16 Seiten (!) am 3. November im Mojo-Magazin sein Aerial-Interview veröffentlicht. Und das war nur ein Bruchteil dessen, worüber Doyle damals mit Kate gesprochen hat, wie später deutlich wird, weil Doyle zu mehreren Gelegenheiten immer wieder auf Inhalte dieses außergewöhnlichen Interview-Termins zurückgegriffen hat. Zuletzt im Jahr 2020, als er zum 132-seitigen Mojo-Heft über Kate Bush einen Beitrag zu ihrem Album Hounds Of Love geschrieben hat, davor zum Erscheinen der Remasters 2018. Zur Veröffentlichung des Mojo-Heftes 2020 soll auch die Idee zum jetzigen Buch entstanden sein.  Denn, so Doyle in einem aktuellen Interview auf der Seite musicmusingsandsuch.com: „Mir wurde klar, dass noch jede Menge toller Sachen übrig waren, die niemand gesehen hatte und die wirklich helfen könnten, die Ecken von verschiedenen Teilen von Kates Geschichte zu erhellen. Außerdem neigen Artikel in Zeitschriften dazu, im Laufe der Jahre vergessen zu werden, also beschloss ich, dass es ein guter Zeitpunkt war, all dies in etwas Dauerhafteres zu packen, das das Buch wurde.“

Dabei hat Doyle aber nicht nur auf sein Gespräch mit Kate von 2005 zurückgegriffen, sondern auch mit ihrem Bruder John Carder Bush gesprochen, mit ihrem Förderer und Kollegen David Gilmour (Pink Floyd), mit dem Bassisten und Musikproduzenten Martin Glover alias Youth (Killing Joke) und John Lydon (Johnny Rotten/Sex Pistols).
In 50 Kapiteln beleuchtet Doyle Leben und Werk von Kate, geht auf ihre wichtigsten Songs und Alben ein und versucht ein kunstvolles, ehrliches zum Teil auch humorvolles Bild der zurückgezogen lebenden Künstlerin zu zeichnen. Als „eine lebendige und umfassende Neuuntersuchung von Kate Bush und ihren vielen kreativen Meilensteinen“ wird das Buch beschrieben. Und die, die es vorab schon lesen konnten, sind mehr als angetan. So schreibt Sean, der katebushnews betreibt: „Dieses exzellente Buch ist mit Abstand eines der besten, die bisher über Kates Karriere geschrieben wurde – es ist überraschend erfrischend, voller neuer Details und Einsichten und mit offensichtlichem Respekt und ernsthafter Bewunderung für das Thema verfasst, ohne in eine Heiligenverehrung zu verfallen.“ Auch auf musicmusingsandsuch.com gibt es sehr positive Kritiken und besagtes Interview. Das endet übriges mit einer naheliegenden Frage an den Autor. Wird es neue Musik von Kate geben? Der berühmte Blick in die Glaskugel und auch Tom Doyle kann gerade bei Kate nicht den nächsten musikalischen Schritt vorhersagen. Aber: „Ich wäre sehr überrascht, wenn sie nicht mindestens ein weiteres Album veröffentlichen würde“, sagt er dann doch.

Running Up That Hill: 50 Visions of Kate Bush von Tom Doyle erscheint am 27.10.2022, 320 Seiten, ISBN-10: ‎ 1788707796, ISBN-13: ‎ 978-1788707794, Verlag: Nine Eight Books, ca. 23 Euro bei Amazon Deutschland; 17,60 £ Amazon UK.

Ein (seltsames) Sommermärchen

Von Beate Meiswinkel
Warum hassen wir einander, obwohl wir uns lieben? Es mag nach einem heftigen Streit gewesen sein, als Kate Bush sich diese Frage stellte. Ihre Gedanken und Gefühle ließ sie in ihren Song Running Up That Hill (A Deal With God) einfließen. Dabei verlieh sie dem tief empfundenen Wunsch Ausdruck, sich vollkommen in ihren Partner hineinversetzen zu können, Dem Donner in Kates Herzen, der sich im treibenden Rhythmus des Liedes Bahn bricht, vermag sich kaum jemand zu entziehen. Er trägt die ebenso unwiderstehliche wie trügerisch leichte Melodie, zu der man tanzen möchte – nur um festzustellen, dass die eigenen Schritte nicht so leichtfüßig zu folgen vermögen, wie diese Melodie suggeriert.

Das Lied sowie das Video mit den zeitlos schönen Tanzszenen mit Michael Hervieu brachten Kate bereits im Erscheinungsjahr 1985 großen internationalen Erfolg. Im Laufe der Jahre blieb RUTH uns stets in Erinnerung und im Ohr, unter anderem dank zahlreicher Coverversionen. Besonders eindrucksvoll finde ich Placebos minimalistische Variation sowie die zärtliche live Interpretation von Tori Amos. 2012 wurde der Song in die Abschlusszeremonie der Olympischen Spiele in London einbezogen, und die Glücklicheren unter uns durften ihn live bei den Before The Dawn-Konzerten erleben. Allerdings war wohl niemand darauf vorbereitet, was im Sommer 2022 geschehen würde – wahrscheinlich auch Kate selbst nicht: Ende Mai erschien die vierte Staffel der Netflix-Serie Stranger Things. Zur Premiere in New York zeigte sich Schauspielerin Winona Ryder, die die Rolle der Joyce Byers spielt, in einem eleganten schwarzen Hosenanzug. Am Revers trug sie deutlich sichtbar einen großen Kate Bush Button. Von Presse / Social Media darauf angesprochen, antwortete Ryder: „Sie (Kate Bush) hat einen Song, der in die Handlung dieser Staffel einfließt. Ich bin von ihr besessen, seit ich ein kleines Mädchen war. Sie ist eine Heldin von mir.“ Das geschickt platzierte Statement steigerte die Spannung auf das, was uns in den neuen Folgen der Erfolgsserie erwarten würde.
Es ist das Jahr 1986. Ein Mädchen geht einen Schulflur entlang. Maxine (Sadie Sink), kurz Max genannt, wirkt verstört. Sie ist auf dem Weg zu ihrer Beratungslehrerin. Erst kürzlich hat Max einen schweren persönlichen Verlust erlebt. Sie musste mitansehen, wie ein entsetzliches Geschöpf ihren Halbbruder Billy ermordet. Dieses Erlebnis hat tiefe Spuren hinterlassen. Fest hat Max die Kopfhörer ihres Walkmans auf den Ohren. Sie hat sich tief in den Klängen ihres Lieblingsliedes Running Up That Hill vergraben. Max schottet sich ab mit ihrer Musik, begreift sie als Schirm und Schutz – it doesn’t hurt me!
Wie bereits in den vorherigen Staffeln sucht ein seltsames bösartiges Phänomen das amerikanische Städtchen Hawkins heim. Aktuell manifestiert es sich in dem Monster Vecna, das es auf Jugendliche abgesehen hat. Vecna vermag, in die Gedanken seiner Opfer einzudringen und sie in tiefe Trance zu versetzen. Dabei konfrontiert er die Kinder mit traumatischen Erinnerungen und foltert sie mit Schuldgefühlen. Schließlich bricht er sie körperlich und geistig, um sie zu töten. Nach mehreren makabren Todesfällen, denen Max und ihre Freunde nachgehen, erkennt sie, dass das Monster sie als nächstes Opfer auserkoren hat. Während die Freunde nach Möglichkeiten suchen, um sie zu beschützen und dem Monster Einhalt zu gebieten, ergreift ein eigenartiger Fatalismus von Max Besitz. Sie verfasst Abschiedsbriefe. Während sie das Grab ihres Halbbruders besucht, schlägt Vecna zu.

Zum Glück sind die Freunde nicht weit. Nachdem es ihnen nicht gelingt, Max aus der Trance aufzuwecken und sie bereits hoffnungslos in ihrem tödlichen Alptraum gefangen scheint, kommt Dustin (Gaten Matarazzo) auf die rettende Idee: Musik soll dabei helfen, den verirrten Geist zurück in die Wirklichkeit zu locken. Den Walkman und einen Stapel Musikkassetten hat er aus dem Auto herbeiholt. Schließlich finden fliegende Finger die Hounds Of Love-Kassette, stülpen Max die Kopfhörer über: Running Up That Hill erklingt. Kate Bush verfehlt ihre Wirkung nicht: während glückliche Erinnerungen zurück in ihren Geist fluten, erkennt Max ihren Ausweg. Sie kämpft sich frei und zurück in die Wirklichkeit – fürs erste ist sie in Sicherheit. Doch die Gefahr ist nicht gebannt! Im weiteren Verlauf der Geschichte suchen die Freunde einen Weg, Vecna zu besiegen. Für Max bleiben Walkman und Kate Bush weiterhin ihr wirksamster Schutz. RUTH läuft in Endlosschleife, bis Max sich fragt, was wohl geschehen würde, wenn sie ihrer Lieblingsmelodie auf einmal überdrüssig würde.
„Wird es weiter funktionieren?“, fragt sie ihren Freund Lucas (Caleb McLaughlin), „Oder wird Kate Bush ihre magischen Kräfte (…) verlieren?“ – „Kate Bush?“, entgegnet Lucas, „Nie im Leben!“ Er soll Recht behalten, und das über die Handlung der Serie hinaus: dank des Siegeszuges von Stranger Things kehrte Running Up That Hill 37 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung zurück in die internationalen Charts, wo es wochenlang Spitzenplatzierungen erzielte. Der Streamingdienst Spotify verzeichnete Ende September 700 Millionen Streams!
Dass sie etwas vom gekonnten Einsatz von Musik verstehen, haben die Regisseure Matt und Ross Duffer in zahlreichen Szenen von Stranger Things bewiesen. Mit der Wahl von RUTH haben die Zwillingsbrüder sich allerdings selbst übertroffen, wobei sie sich überrascht und erstaunt vom Ausmaß dieses Erfolgs zeigen. Für die kommende Staffel ist allerdings kein weiterer Kate Bush Song eingeplant.
Wir Fans durften uns in diesem Jahr jedenfalls nicht nur über reich illustrierte Beiträge in verschiedenen Musikzeitschriften und über die Veröffentlichung der Single im CD-Format (via Rhino.com) freuen. Kate Bush brach darüber hinaus mit gleich mehreren Meldungen auf ihrer offiziellen Webpräsenz ihr traditionelles Schweigen, um ihrer Freude Ausdruck zu verleihen, sich als Stranger Things Fan zu outen und den Duffer Brothers zu danken. Im Juni gab sie sogar eines ihrer seltenen Interviews in der BBC Radio 4 Sendung Woman’s Hour.
Wer sich an dieser Stelle fragt, ob es sich lohnt, Stranger Things anzuschauen, dem möchte ich unbedingt dazu raten. Die Mystery-Serie besticht nicht nur durch eine vielschichtige Erzählweise, charismatische Charaktere und äußerst effektive Spannungsbögen, sie bietet auch eine nahezu magische Zeitreise zurück in die 1980er Jahre. Kate Bush-Fans können, wenn sie möchten, außerdem immer wieder Reminiszenzen an Kates Film- und Bühnenarbeit entdecken. Zumindest Experiment IV ist offensichtlich.

Robbie Coltrane ist gestorben

Der englische Schauspieler und Comedian Robbie Coltrane ist heute im Alter von 72 Jahren gestorben. Coltrane, der eigentlich Anthony Robert McMillan heißt und den Künstlernamen aus Verehrung für den Jazzsaxofonisten John Coltrane angenommen hat, war vor allem für seine Rolle als Wildhüter Rubeus Hagrid in den Harry-Potter-Filmen bekannt sowie aus der englischen Krimiserie „Cracker“ (Für alle Fälle Fitz). Kate-Fans kennen Coltrane aus dem VIdeo zu Deeper Understanding von 2011, in dem Robbie Coltrane die Hauptrolle verkörpert. Coltrane hatte in den 1980er Jahren in mehreren Comedy-Serien mitgespielt, vor allem in der Comic-Strip-Reihe. In der Folge „GLC: The Carnage Continues“ verkörpert Coltrane Charles Bronson der wiederum Ken Livingstone in einer Art Charles Bronson/Sylvester Stallone-Actionkomödie spielt. Livingstone war 20 Jahre lang Chef der Verwaltungsbehörde Greater Council London (GLC). Er galt als einer der lautstarksten politischen Gegenspieler von Margret Thatcher. Kate hatte mit den Songs „Ken“, „The Confrontation“ und „One Last Look Aroiund The House“ gleich drei Musikstücke für die Folge beigesteuert. Auch „Running Up That Hill“ ist in einer Szene im Hintergrund zu hören. Zur gleichen Zeit hat Coltrane noch einen weiteren Kate-Auftritt: 1992 hat Kate in einem Interview erzählt, dass Coltrane beim Song „Waking The Witch“ im Background zu hören ist. Coltrane hat zu der Zeit auch mit Rowan Atkinson in der Serie „Blackadder“ gespielt. Nach seinen Erfolgen in der Harry Potter-Reihe hat er in zwei Bond-Filmen mitgespielt, in „Oceans 12“ und hat 2020 Orson Welles verkörpert.

Eine Stil-Ikone für die Generation Z

Im Juni hat Amy Francombe in der englischen Zeitung Evening Standard beschrieben, wie die Generation Z sich für Kate Bush begeistert hat – obwohl oder weil sie nicht in sozialen Medien präsent ist, ihr letztes Album von 2011 stammt (und das nicht ansatzweise mit Mainstream-Musik dienen kann) und ihre Debüt-Single im Jahr 1978 veröffentlicht wurde, auf der es dann auch noch um ein Standard-Werk der englischen Literatur ging.
In der Vogue war es ein Monat zuvor Liam Hess, der darüber begeistert war, dass eine neue Generation Kate entdeckt, so wie er selbst als Jugendlicher vom Video zu Wuthering Heights begeistert war und sich seitdem selbst als fast schon „besessen“ von Kate bezeichnet. Dass er die Before the Dawn-Konzerte verpasst hat, schmerzt ihn bis heute. Er wäre also der perfekte Kandidat dafür gewesen, sich darüber zu mokieren, dass Jugendliche erst jetzt die Musik seiner Heldin entdecken und das noch durch ein Teenie-Drama. „Aber wo könnte man besser anfangen als mit einem ihrer größten Songs (und Videos) überhaupt, „Running Up That Hill“? fragt er in der Vogue. „Als Teenager, der sich immer ein bisschen anders gefühlt hat (obwohl, welcher Teenager tut das nicht?), fand ich Zuflucht in Bushs Musik; eine Erinnerung nicht nur daran, dass es in Ordnung war, sich nicht anzupassen, sondern dass Nonkonformität etwas ist, das gefeiert oder auf die höchste Ebene der Kunst erhoben werden könnte.“ Von Kashka From Baghdad über The Sensual World oder This Woman’s Work treibt ihm Kates Musik die Tränen in die Augen – „Warum sollte ich das anderen vorenthalten wollen?“ Erst recht, wenn er auf die Geschichten kommt, die Kate erzählt, egal ob traurig, abstrus oder heiter: „Gott weiß, dass wir gerade jetzt ein bisschen mehr von Bushs seltsamer und wunderbarer kreativer Magie in der Welt gebrauchen könnten“, schreibt Liam Hess.
Der Generation Z und ihrer Liebe zu Kate Bush widmet sich jetzt auch Frauke Rüth in der Hannoverschen Allgemeinen. Und sie lenkt dabei in ihrer Betrachtung den Blick noch auf einen anderen Aspekt als nur die Musik. Kate sei im Sprachduktus der jungen Menschen „wild, stark und selbstbewusst“, „ein echtes Vorbild“. „Die Großartigkeit von Kate Bush ging und geht jedoch über ihre Musik hinaus: Auch ihr einst eklektischer Stil begeistert die jungen Fans“, schreibt sie. Bush setze für ihre Kunst so viele Werkzeuge wie möglich ein, habe Tanzunterricht bei David Bowies Tanzlehrer genommen, Videos unterschiedlicher Genres von Science-Fiction bis Märchen geschaffen und bei ihren Outfits auf einen sehr eigenwilligen Mix gesetzt. Und auch wenn der Sturmhöhen-Gedächtnislook sich kollektiv festgesetzt habe, dürfe man sie darauf nicht reduzieren. Sie habe das romantische Raster auf der Bühne mit hautengen Bodys und Catsuits, reichlich Federn, Flügeln und exzentrischen Glitzerleibchen gesprengt und sei auch im privaten Outfit Trendsetter gewesen. In der Rubrik „Stil & Ikonen“ daran zu erinnern, dass neben der Musik, neben Videos und Film der „Z-Liebling Kate Bush“ tatsächlich auch immer eine Stil-Ikone war, ist schon deshalb wichtig, weil auch heute noch Modemacher sich von ihrer Musik inspirieren lassen.

Fans früher und heute

Ausschnitt aus der Wochenendbeilage der WAZ vom 2. September 2022

Hat sich die Art und Weise, wie Stars und Sternchen angehimmelt werden, verändert? Wie verhalten sich Fans früher und heute? Dieser Frage ist die freie Journalistin Kristina Gerstenmaier für die Wochenendbeilage der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) nachgegangen – und hat dazu auch mich befragt. „Es gibt nicht den einen Fan. Vielmehr sind die Fans so unterschiedlich, wie es unterschiedliche Musiker, Stile und Genres gibt“, schreibt Gerstenmaier. Es gebe aber eben die Fans des alten Schlags. So wie mich, der seit 1978 für seine Lieblingsmusikerin schwärmt, seit zehn Jahren mit morningfog.de einen Blog („eine klassische Fanpage im http-Format“) betreibt und 2014 alles unternommen hat, um zu einem Kate Bush-Konzert zu kommen („Ich wäre überall hingeflogen, um sie nur einmal live erleben zu können“). Und der Gegensatz: Eine 13-Jährige, die für Deutsch-Pop-Sänger Wincent Weiss schwärmt und auf Instagram eine Fanpage pflegt und dort Fan-Fiction veröffentlicht, oder eine 14-Jährige, die für eine koreanische Boyband schwärmt. Ist die Begeisterung eine andere? Ist Fankultur, was immerhin noch den Begriff Kultur beinhaltet, etwas anderes als der Internet-, Instagram-, TikTok-Hype und Fandom-Auswüchse? So richtige viele Untersuchungen dazu gibt es nicht, immerhin aber hat sich die Marburger Medienwissenschaftlerin Vera Cuntz-Leng der Fanforschung widmet, und sagt, dass durch die Entwicklung des Internets Fans und Fan-Communities nicht nur sichtbarer und allgegenwärtiger geworden seien, sondern auch endgültig im Mainstream angekommen sind. Wo sich Kate ja mit Unterstützung von Stranger Things auch wieder befindet. Hat sich das Fan-Sein mit der Zeit also verändert? „Diese Frage lässt sich weniger leicht beantworten, als vielleicht vermutet“, schreibt Gerstenmaier. Eben auch deshalb, weil Internet, Twitter und Co zur Vernetzung führen. Und da spielt es keine Rolle, ob man mit 13 für Wincent Weiss schwärmt oder mit 58 für Kate Bush. Oder umgekehrt.
Wer den Artikel lesen möchte, findet ihn auf waz.de hinter der Bezahlschranke.

Wie Egypt zu Nile Land wird

Wenn Achim neue Beiträge für das Song-ABC schreibt, geht die Suche nach passenden Bildern los. Im Fall von Kates Song Night Scented Stock findet man da nur wenig bis gar nichts, kann aber durchaus auf ganz unerwartete Kuriositäten stoßen: etwa die Never for Ever-Kassetten eines Labels namens Mona Lisa. Veröffentlicht wurden gleich zwei Kassetten in Saudi-Arabien unter diesem Label. Kassette Nummer 1 mixt die Songs von Never for Ever mit Stücken von The Kick Inside und Lionheart. Bemerkenswert ist dabei, dass Songs wie The Infant Kiss, Strange Phenomena und ausgerechnet Kashka from Baghdad bei der nicht-offiziellen Veröffentlichung in Saudi-Arabien (!) auf der Kassette geblieben sind. Weiteres Bonmot: Kates Song Egypt wurde in Saudi-Arabien in Nile Land umbenannt. Kassette Nummer 2 beinhaltet alle Never for Ever-Songs, ergänzt um die B-Seiten The Empty Bullring und Ran Tan Waltz. Komplettiert wird die MC dann erstaunlicherweise mit vier Songs von Sally Oldfield. Egypt wurde da übrigens nicht umbenannt. Insgesamt gibt es nur sechs (nicht lizensierte) Veröffentlichungen des Labels: die zwei Kate Bush-Kassetten für Saudi-Arabien, zwei Kassetten von Emerson, Lake & Palmer und den Oak Ridge Boys sowie je eine Kassette, die in Singapur veröffentlicht wurde – eine von Status Quo und die andere ausgerechnet von Udo Lindenberg samt seinem Panikorchester.

Das Song-ABC: Night Scented Stock

„Night Scented Stock“ vom Album „Never For Ever“ (1980) ist wohl eine der Kompositionen von Kate Bush, die mit am wenigsten beachtet wird. Das liegt an der unglaublichen Kürze von 52 Sekunden und daran, dass die Komposition ohne Text auskommt. Ein kürzeres Stück hat Kate Bush bisher nicht geschrieben, selbst „Aerial Tal“ ist länger. So ein „Interludium“ kann nicht viel Inhalt, nicht viel Bedeutung haben, das ist vielleicht die Einschätzung, die man beim Zuhören gewinnt. Aber das täuscht, wie ich darlegen werde.
Es erfordert als Popmusikerin schon viel Mut, richtig lange Stücke zu schreiben, so wie es Kate Bush auf „50 Words For Snow“ gemacht hat. Aber lange Stücke gestatten es, eine Geschichte und die Musik dazu behutsam zu entfalten. Sie sind wie Blumen, die langsam aufblühen und die ihre Schönheit zeigen. Bei einem kurzen Stück ist die Herausforderung viel größer. Hier muss Bedeutung ganz konzentriert auf kleinsten Raum untergebracht werden. Das ist sehr schwierig, deshalb sind solche Stücke meist wirklich nur Überleitungen. Hier nicht. Je mehr ich „hineinschaute“, desto mehr wurde ich überrascht. Der ungewöhnliche Titel erweckt natürlich zuerst Aufmerksamkeit. „Night-scented stock“, das ist der englische Name für eine Pflanze, der botanische Name ist Matthiola longipetala [1]. Im Deutschen ist der Name Abendlevkoje, es ist eine eher unscheinbare Pflanze, deren Blüten nachts stark duften.
„Ein intensiver Duft entströmt den violetten Blüten. Diese duften vor allem abends, tagsüber auch, wenn der Himmel mit Wolken bedeckt ist. Der betörende Duft ist eine köstliche Mischung aus Vanille, Veilchen und Nelken. In die Nähe von Sitzplätzen pflanzen, die man Abends benutzt, für süß duftende, luxuriöse, laue Sommernächte!“ [7] Auf eine tiefere Bedeutung werde ich noch zurückkommen, aber dieser Titel passt schon mal gut zur Musik des Stücks. „Night Scented Stock“ ist rein instrumental, er besteht ausschließlich aus einem Geflecht von Gesangsstimmen, alle von Kate Bush gesungen. Es sind wunderschön gehauchte „aaahs“ und „oohs“, ein weiterer Text kommt nicht vor. Es ist Musik wie ein betörender Duft. Das Stück ist eindeutig ein Ausprobieren, ein Ausloten und Ausweiten der musikalischen Palette, wie Kate Bush sagt. „This album taught me that I should be a little more brave about that because music without words is just as beautiful and sometimes I feel the need to just keep putting words on music instead of just letting the music be. I hope in the future that perhaps I will move into that area a little more.“ [6]

Die Inspiration kam dabei aus der klassischen Musik, wie Kate Bush auf eine entsprechende Frage erläutert. „That’s probably why I’m fond of it because it’s a new area. And I love music without words when it works because it suddenly becomes so much freer, it’s like landscapes moving around you and I’ve always wanted to work in a musical area sometimes rather than always putting lyrics to my songs.“ [4] „Night Scented Stock“ verbindet auf dem Album zwei der zentralen Songs miteinander, „The Infant Kiss“ und „Army Dreamers“. Das Stück geht übergangslos in diese beiden Songs über. Diese beiden Songs sind in der Stimmung ganz unterschiedlich, mysteriös und geheimnisvoll der eine, ironisch und traurig-böse der andere. „Night Scented Stock“ setzt dem eine Stimmung der Nacht gegenüber, es ist eine Stimmung wie aus einem Traum. Das funktioniert gut, das passt auch ohne mehr Bedeutung. Ohne eine solche Überleitung wäre der Kontrast zwischen den beiden angrenzenden Songs extrem gewesen.
Stimmungsmäßig hätte es auch gut zwischen „The Wedding List“ und „Violin“ gepasst, auch hier hätte es den Kontrast der Stimmungen elegant abgemildert. Das zeigt seine musikalischen Qualitäten als Übergangsstück. Aber es ist mehr als eine Brücke. Es kann meiner Meinung nach nur zwischen „The Infant Kiss“ und „Army Dreamers“ stehen, weil es diese beiden Songs durch eine gemeinsame Geschichte verbindet. Drei Lieder werden zu einer Einheit verbunden, eine Geschichte wird erzählt. Leider hat sich Kate Bush nie zu den Absichten dieses Songs geäußert, ich kann nur selbst eine Deutung versuchen. Zwei Lieder werden miteinander verbunden, in denen es um die Beziehung einer Frau zu einem Kind/Sohn geht. Das Kind wächst zwischen den Songs. „The Infant Kiss“  handelt von einem Jungen, dessen erwachende Sexualität die verklemmte Protagonistin irritiert. In „Army Dreamers“ geht es um den im Krieg gefallenen Sohn und um das, was er hätte werden können, wenn es anders gelaufen wäre. Beide Songs sind aus der Sicht der Frau geschildert. Ein ganzes Leben zieht in diesen 52 Sekunden des Interludiums an uns vorbei. Es ist nur Gesang, nur gehauchtes Entzücken.
„The infant kiss“ endet nicht, es gibt einen direkten Übergang in „Night scented Stock“. Eine Gegenwelt tut sich dort auf. Ist dies die sexualisierte Gegenwelt, die die prüde viktorianische Protagonistin verdrängt hat und der sie sich nun wortlos öffnet? Zeigt das, was aus ihr wird im Laufe des Lebens? Der Tonfall von „Night Scented Stock“ wird zum Schluß hin immer erwartungsvoller, es tritt dieser „jetzt passiert etwas“-Moment in der Musik ein und genau dann beginnt mit den Klängen des Ladens von Gewehren „Army Dreamers“. Die Protagonistin erwacht in der bitteren Realität. Wie immer bei Kate Bush tragen die gewählten Tonarten subtil zur Wirkung bei. „The Infant Kiss“ steht in Fis-Dur mit Einmischung von fis-Moll [3]. Fis-Dur – das ist die „im Tod, im Hinübergehen Erlösende und Errettende, die Hinüberführende, Venus Urania (himmlisch erlösende Liebe).“ [2]. Aber da ist auch noch die andere Seite – das fis-Moll. Das ist die „Tonart des Abgrunds“ [2]. „Army Dreamers“ schwankt ständig zwischen h-Moll und der parallelen Dur-Tonart D-Dur hin und her [3]. D-Dur ist „die Tonart des siegenden Helden, das Erreichen des höchsten Ziels, der siegreichen Überwindung, die eigentliche Siegertonart“ [2]. Das siegreiche, verheißungsvolle D-Dur aber wird in sein düsteres, trauriges Gegenstück h-Moll verwandelt.

Die Verbindung „Night Scented Stock“ steht zu beiden Welten passend in H-Dur. Es beginnt mit H-Dur, in der Mitte weicht es in die Paralleltonart as-Moll aus, um dann wieder in H-Dur zu enden [3]. Der H-Dur-Akkord ist die Subdominante von Fis-Dur, das ist die Tonart von „The Infant Kiss“, beide Tonarten passen gut zueinander. In „Army Dreamers“ wendet sich das H-Dur zu einem düsteren h-Moll, das ist ein subtiles Kippen der Stimmung, eine Art Ernüchterung. H-Dur und as-Moll werden selten verwendet, es sind Tonarten für ganz besondere Momente. H-Dur liegt „nicht mehr ganz im Irdischen, enthält einen verklärten Nachglanz dieses Irdischen und damit zugleich die Vorahnung des Hinübergehens.“ [2]. As-Moll ist die „Tonart vom Scheiden des Tageslichts, vom Lebenslicht“ [2]. Die Tonarten sagen, was der Protagonistin passiert: auf Verklärung und himmlische Liebe folgt das Aufwachen, die düstere Realität.
Die Verbindung der drei Stücke wird auch durch die Symbolik gestützt. Es stellt sich ja die Frage, warum das Verbindungsstück ausgerechnet den Namen dieser Blume trägt. Die Levkoje bedeutet in der Pflanzensymbolik „friedvoll unbeschwertes Dasein“ und in der Planzensprache „Ich glaube an eine gemeinsame Zukunft“ [5]. Das ist ja das, was sich eine Mutter für sich und ihren Sohn wünscht. Aber es gibt auch einen Verweis auf die viktorianisch-verklemmte Welt von „The Infant Kiss“. „Wegen ihres außergewöhnlichen Aromas wusste man [die Abendlevkojen] bereits im Altertum in den Gärten zu schätzen. Im 18. Jahrhundert machten sie Karriere durch alle Gesellschaftsschichten hinweg: Beim Debütantinnenball durften Levkojen in keinem Blumenbukett fehlen und die jungen Verehrer versäumten es nicht, sich vor dem Tanz eine der wohlriechenden Blüten ins Knopfloch zu stecken“ [8]. Ich sehe richtig vor mir, wie die Protagonistin aus „The Infant Kiss“ ihre Verklemmung ablegt, den Duft der Abendlevkojen aufnimmt und in ein glückliches Leben aufbricht.
Wenn ich „Night Scented Stock“ höre, dann fühle ich mich in eine warme Nacht versetzt, voller Duft von Blumen. Ich schließe die Augen und träume. Vielleicht tut das auch die unsichtbare Protagonistin dieses Songs. Ich liebe den textlosen Gesang, dieses betörende, geheimnisvolle Gurren, diesen Chor aus Stimmen. Ich sehe dann immer das Cover des Albums vor mir, mit seinen Nachtgestalten. Aber hier wird sich jede und jeder seine eigenen Bilder machen. Auf jeden Fall ist es ein faszinierendes Stück. Es zeigt, in welche Welten damals das Songwriting von Kate Bush aufbrach. Es lässt schon die Welten von „The Ninth Wave“ und „Aerial“ anklingen. Es ist ein Ausblick auf die Zukunft. Es ist ein Zeichen der Freiheit, die sie sich nach den ersten beiden Alben erarbeitet hatte. © Achim/aHAJ

[1] https://en.m.wikipedia.org/wiki/Matthiola_longipetala (gelesen 23.08.2022)
[2] Hermann Beckh: Die Sprache der Tonart in der Musik von Bach bis Bruckner. Verlag Urachhaus. Stuttgart 1999. S.102ff (Fis-Dur), S.138ff (fis-Moll), S.171 (H-Dur), S.179 (as-Moll) und S.180 (D-Dur)
[3] „Kate Bush Complete“. EMI Music Publishing / International Music Publications. London. 1987. S.61f (Army Dreamers), S.101 (The Infant Kiss), S.130 (Night Scented Stock)
[4] „Never For Ever Debut“, Interview mit Peter Powell, Radio 1, 11.10.1980
[5] Clemens Zerling: Lexikon der Pflanzensymbolik. AT Verlag. Baden und München 2007. S.155
[6] NfE Interview – EMI (London). 1980
[7] https://deaflora.de/Shop/Essbare-Blueten/Abend-Levkoje.html?language=de (gelesen 26.08.2022) [8] https://www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/levkoje/levkojen (gelesen 26.08.2022)

Streit um Rechte an Red Dress-Version

Kein Video von Kate ist kultiger als die ursprüngliche Red Dress-Version von Kates erstem Hit Wuthering Heights, die zum ursprünglich geplanten Release Ende 1977 erstellt worden ist. 44 Jahre später gibt es nun offenbar einen Streit um die Rechte an dem Video. Im offiziellen Kate Bush-Channel auf Youtube ist das Video nicht mehr zu finden und selbst auf Kates Internetseite fehlt das Video. Stattdessen hat es nun der damalige Regisseur Nicholas Abson auf Youtube hochgeladen und erboste Reaktionen erfahren. Abson reklamiert das weltweite Copyright an dem Video für sich. Auf seinem neu eingerichteten Channel hat er einen Brief gepostet, aus dem hervorgeht, dass er das Copyright in den USA hat eintragen lassen und Verstöße gegen das Copyright bereits seit zwei Jahren verfolgt – wohl gemerkt: über 40 Jahre nachdem er das Video gedreht hat. Bemerkenswert ist, dass er dabei nicht mal in der Lage ist, den Titel des Songs richtig zu schreiben und in dem Brief von dem Film „Kate Bush Withering Heights Red Dress“ schreibt. Die Reaktionen auf Youtube sind zum Teil harsch. Kate-Fans werfen ihm zum einen vor, dass er das millionenfach geschaute Video einfach hat löschen lassen und in deutlich schlechterer Qualität wieder hochgeladen hat und sie sind natürlich sauer, dass Abson vermutlich auch dafür gesorgt hat, dass Kate das Video nicht mehr nutzen darf. Warum Abson so vorgeht, bleibt noch unklar. Auf Youtube behauptet er, etwaige Einnahmen spenden zu wollen. Unklar bleibt auch, warum Abson in der Beschreibung explizit darauf verweist, dass dieses Video den Most Wuthering Heights Day inspiriert habe. Zimperlich geht Abson mit seinen Kritikern übrigens nicht um – er beschimpft sie einfach öffentlich.

RUTH kommt als CD-Single in den USA

Kates amerikanisches Plattenlabel Rhino Records wird die Single Running Up That Hill am 2. September als CD-Single veröffentlichen – mit den originalen Songs, also Under The Ivy als zweitem Titel und dem originalen Cover der Vinyl-Single von 1985. Seit drei Monaten ist der Song von Kate dank der Netflix-Serie Stranger Things weltweit wieder in den Charts, in den USA steht er immer noch auf Platz 5 der Billboard Hot 100 und erfährt dort aktuell immer noch viel Airplay bei den Radiostationen. Mit der Veröffentlichung auf CD will man dem offenbar Rechnung tragen. Ob eine Wiederveröffentlichung auch in Europa geplant ist, ist unklar. Eine offizielles Statement von Kate gibt es bisher nicht. Die Single kann im Rhino-Shop vorbestellt werden. Sie kostet knapp 5 Dollar plus natürlich Versandkosten, die deutlich darüber liegen dürften.

Coldplay spielen RUTH in Wembley – mit Alan Partridge

Der englische Schauspieler und Comedian Steve Coogan hat am Samstag das Coldplay-Konzert im Londoner Wembley-Stadion für eine besondere Gesangseinlage genutzt. Coogan, bekennender Kate-Fan, hat in den 90er Jahren die fiktive Figur Alan Partridge geschaffen – ein eher unsensibler Moderator, der immer wieder auch mit Gesangseinlagen überrascht. Die sind gleichsam gruselig und gefürchtet wie urkomisch. Sein Kate-Medley, das Coogan für Comic Relief gespielt und später auch in seiner Show genutzt hat, ist legendär. So legendär, dass selbst Kate eine der Shows im Londoner West End besucht hat. Als Kate 2014 dann ihre Before the dawn-Konzerte angekündigt hat, produzierte die BBC den Film „The Kate Bush Story: Running Up That Hill“, in dem auch Coogan zu Wort kam. Und sehr zur Freude der Besucher des Cold Play-Konzertes in Wembley war es dann auch Coogan als Überraschungsgast, der mit der Band Kates Hit Running Up That Hill angestimmt hat. Auch Coldplay selbst haben sich 2005 als Kate-Fans geoutet. Ihren damaligen Hit Speed Of Sound hatten sie in Anlehnung an Running Up That Hill geschrieben. Das Video von dem Wembley-Auftritt gibt es hier.

Zu anders für Pop, zu progressiv für Punk, zu extravagant für Prog.

Wenn die Tape-Reihe des deutsch-französischen Senders Arte je Sinn ergeben hat, dann besonders bei dem neuen Beitrag über Kate Bush nach dem Erfolg von Running Up That Hill. Die Fünf-Minuten-Episode widmet sich vor allem der Frage: Wie schafft es Kate Bush, die ganze Welt anzusprechen und doch mit niemandem zu reden? Der Beitrag startet mit Lobeshymnen auf Kate von Big Boi, zitiert Rapper wie Tupac, Bat for Lashes oder St. Vincent, um dann bei „Stranger Things“ zu landen und passend zur Reihe „Tape“ genau die Sequenz einzublenden, in der die Freunde von Max nach der Hounds Of Love-Kassette suchen, um Max mit dem Song Running Up That Hill zu retten. „Rebellische Kinder, Nostalgie, Fantasy – statt einer Serie könnte es auch ein Album von Kate Bush sein“, sagen die Autoren bei der Suche nach der Antwort auf ihre Eingangsfrage. „Kate Bush ist die Außenseiterin unter den Außenseitern, das seltsame Mädchen aus der Klasse, dass romantische Literatur und Ausdruckstanz liebt, dann bei der Abschlussaufführung auf die Bühne geht uns es allen zeigt.“ Das Rezept für den Erfolg: „Wie ein Charakter aus einer Fantasy-Serie gehört Kate Bush keiner bekannten Welt an. Sie ist zu anders für Pop, zu progressiv für Punk, zu extravagant für Prog.“ Und die abschließende Antwort: „Mit ihrer Abwesenheit erlaubt Kate Bush jedem seine eigene Interpretation auf ihren außergewöhnlichen Charakter zu projizieren und wird so universell wie eine fiktive Figur. In dem Kate Bush mit niemandem spricht, spricht sie zur ganzen Welt.“ Den Arte-Beitrag gibt es in der Mediathek und hier.

Thunder in our hearts

Zwei weitere Musikmagazine widmen sich in ihren neuen Ausgaben der Musik von Kate. So gibt es in der aktuellen September-Ausgabe von Classic Rock nach den Charterfolgen von Running Up That Hill einen sechsseitigen Beitrag über Kates Album Hounds Of Love. „Wundersame Dinge: Die hohen Kräfte von Hounds Of Love“ ist der Beitrag in Anspielung auf die Serie Stranger Things überschrieben. „Nachdem ihr Album The Dreaming wenig euphorisch empfangen worden war, hätte kaum jemand geglaubt“, dass Kate drei Jahre später „einen einzigartigen, unnachahmlichen Meilenstein der Popmusik hervorbringen“ würde. „‘Ich war von elementaren Kräften umgeben‘, sagt Kate Bush über das Meisterwerk, das sie zu einem echten Superstar machte“, heißt es auf der Webseite von Classic Rock. Dass im Heft The Dark Side Of The Moon von Pink Floyd das Titelthema ist und eine weitere Geschichte sich dem internationalen Durchbruch von Prince nach Puple Rain widmet, passt hervorragend.
Im englischen Mojo-Magazin hat es Kate gar auf den Titel geschafft. Auch hier sind Running Up That Hill und das Album Hounds Of Love das Thema – kein Wunder, nachdem Kate immerhin mit dem Song in UK einen Chartrekord nach dem anderen einfuhr. „Alle sprechen über Kate Bush. Aber niemand taucht so tief in Running Up That Hill und das Album Hounds Of Love ein wie Mojo“, heißt es selbstbewusst in der Ankündigung. Versprochen wird: „Mitarbeiter, Bewunderer und Top-Autoren von Mojo erzählen die unglaubliche Geschichte ihrer größten Platte und ihrer Wiederauferstehung.“ Als Bonus gibt es eine bemerkenswerte CD namens Thunder In Our Hearts. Neben den Songs You von Roy Harper und Flowers von Zaine Griff, an denen Kate selbst mitgewirkt hat, sind mehrere Cover-Versionen versammelt: Hounds Of Love, The Handsome Cabin Boy, Under The Ivy, Delius und My Lagan Love. Bemerkenswert ist aber auch die restliche Songauswahl, so sind zum Beispiel mit Youth, Planxty und Eberhard Weber Musiker vertreten, die an den Aufnahmen von HOL beteiligt waren. Und wenn die The King’s Singers das bei Hello Earth verwendete Tsintskaro intonieren, wird es fast schon sentimental. Die CD ist wirklich mit sehr viel Liebe zusammengestellt worden, von der Songauswahl über das passende Coverfoto bis zur Typographie. Das letzte Mal war Kate überigens erst im Mai 2021 auf dem Mojo-Titel. Im Oktobr 2020 gab es gar ein 132-seitiges Sonderheft zu Kate und zum 20-jährigen Bestehen des Magazins hatte Kate gar eigens eine Zeichnung fürs Cover gefertigt. Bei Mojo ist man der Zeit natürlich wieder voraus und verschickt die aktuelle Oktober-Ausgabe mit dem neuen Kate-Cover ab dem 16. August.

„Wie Kate die Achtzigerjahre erfand“

Links der aktuelle Musikexpress-Titel der September-Ausgabe, rechts die aUsgabe von 1978, als Kate erstmal ds Cover schmückte.

Wenn Kate im üblichen Sinne jemals produktiv war, dann in den 80ern. Gleich vier Alben hat sie in nur einem Jahrzehnt veröffentlicht. Und sie hat dieses Jahrzehnt musikalisch mit geprägt. Nach Never For Ever mit dem Klassiker Babooshka direkt zum Beginn des Jahrzehnts folgten 1982 das experimentelle The Dreaming, 1985 mit Hounds Of Love das Album, das viele für ihr Meisterwerk halten und Hits wie Running Up That Hill, Cloudbusting, Hounds Of Love und The Big Sky hervorgebracht hat. 1989 veröffentlichte Kate zum Abschluss des Jahrzehnts mit The Sensual World das Werk, das allgemein als ihr weiblichstes Album gilt. Dass Kate aktuell mit einem 37 Jahre alten Song wieder die Charts gestürmt hat und vor allem eine neue Generation junger Musikfans gewinnt, ist auch für den Musikexpress Grund genug, ihr den Titel der neuen September-Ausgabe zu widmen. „Wir erklären, wie Kate Bush die Achtzigerjahre erfand“, schreiben die Musikexpress-Macher launig zu ihrem Titelthema und bewerben das Comeback des Jahres: „Wie man heute auf die Musik von Kate Bush kommt? Na, ganz einfach: Man sitzt mit nach hinten verdrehten Pupillen auf einem Friedhof, während die eigene Seele gerade von einem Super-Dämon geknechtet wird – woraufhin wiederum die besten Freunde einem einen Kopfhörer mit aufsetzen, um einen aus der Schattenwelt loszueisen. Some things never change!“ Es dürfte aber nicht nur diese Szene aus der vierten Staffel der Erfolgsserie „Stranger Things“ sein, die nachhaltig dafür Sorge trägt, „dass Kate Bush gerade von einer ganz neuen Generation entdeckt wird. Ihr Hit aus dem Jahre 1985 ist aktuell wieder in den Charts zu finden. Im Musikexpress hat Kate Bush dabei schon ganz zu Beginn ihrer Karriere Spuren hinterlassen. Bereits 1978 erschien die erste Ausgabe mit ihr auf dem Cover, viele weitere sollten folgen. Und wir freuen uns natürlich, dass es nun auch im Jahre 2022 erneut einen Anlass für ein solches gibt. Nieder mit den Dämonen, es lebe Kate Bush.“ Und weil es ganz gut passt, küren die Musikexpress-Redakteure auch noch die fünf besten Songs von Kate und kommen zu einer interessanten Auswahl: Neben Wuthering Heights und Running Up That Hill sind Army Dreamers, Suspended in Gaffa und Lake Tahoe mit dabei.

The Most Wuthering Heights Birthday Ever

Wenn Kate heute ihren Geburtstag feiert, würdigen an über 40 Orten auf der ganzen Welt viele viele tanzbegeisterte Menschen zum Most Wuthering Heights Day Ever ihre Musik. Von Berlin bis Brisbane, von Sofia bis San Diego oder Christchurch bis Chattanooga und Dunedin bis Düsseldorf (ja, die Veranstaltung ist neu und findet heute um 18 Uhr im Hofgarten statt) – überall wird gefeiert. Und wer an keinem der Events teilnehmen kann, legt einfach zu Hause im stillen Kämmerlein die Lieblings-LP auf und dreht die Anlage auf. Egal ob The Dreaming, die Live-Version von King Of The Mountain, das eher ruhige Moments Of Pleasure, The Ninth Wave oder A Sky Of Honey oder oder oder. Kate kann man nie genug hören. Und vielleicht werden ja auch die geballten Stoßgebete erhört und es gibt endlich endlich noch in diesem Jahr wieder neue Musik von Kate. Eine Künstlerin, deren Songs nach 37 Jahren so frisch klingen, dass sie in den US-Charts mal eben auf Platz 3 klettern, hat offensichtlich auch heute noch musikalisch etwas zu sagen. Es ist dringlich Zeit für KB10. Happy Birthday, Kate und allen viel Spaß beim Most Wuthering Heights Day Ever!

Ein Geburtstags-Quiz für Kate

15 Fragen – 60 mögliche Antworten – und alles hat einen Bezug zu Kate! Die englische Zeitung The Guardian hat ihr Donnerstags-Quiz in dieser Woche Kate gewidmet. Natürlich, weil sie am Samstg Geburtstag feiert, vielelicht aber auch, weil beim Guardian offensichtlich auch Kate-Fans in der Redaktion sitzen – zwölf Artikel in den vergangenen sechs Wochen istz schon eine erstaunliche Leistung, jetzt noch das Quiz on top. Alle 15 Fragen sind jeweils mit einem Song von Kate verbunden, nicht immer geht es aber tatsächlich um Kate-spezifisches Wissen. Da wird zum Beispiel zu Strange Phenomena nach dem Ereignis gefragt, das jüngst in Australien zu einem rosa glühenden Himmel geführt hat, der Todesursach von Richard I. (Oh England My Lionheart), oder bei There Goes A Tenner nach dem Umtauschkurs zweier Währungen. Einfacher ist die Frage nach den Ziffern von Pi oder der Jahreszahl, wann Wuthering Heights die Charts enterte. Eigentlich geht es mehr um Allgemeinwissen, dementsprechend haben auch Nicht-Kate-Fans eine Chance und letztlich geht es eh um den Spaß – zu gewinnen gibt es bei dem Quiz nämlich genau nur den. Und weil es ein Spaß ist, konnte sich der Macher des Quiz‘ auch ein schönes Wortspiel nicht verkneifen: „Let us know in the comments if you ended up Running Up That Hill like her international smash hit, or found yourself Suspended in Gaffa, one of the incredibly weird tracks from her brilliant The Dreaming album.“ Und wer das Quiz mehr oder weniger erfolgreich beendet hat, dem wird auch die Liebe zu Kate offenbart: „We love Kate Bush! We hope you had fun – let us know how you got on in the comments!“ Wer selbst raten oder mit Wissen glänzen will, kann das hier.