„Gute Balance zwischen Konzert und Theater“

Fotos: kaboo-music

Gestern war die Generalprobe, am kommenden Montag, 30. September, ist es dann soweit: die deutsche Kate Bush-Tributeband Kaboo lädt zur Premiere von „Wuthering Night“ nach Leipzig in den Krystallpalast Varieté ein. Wie es zur Gründung der Band gekommen ist und was Besucher der Show erwartet, verrät Wieland Götze, Schlagzeuger der Band.

Dass es mal eine deutsche Kate Bush-Tributeband geben würde, hätte ich jetzt nicht unbedingt erwartet. Ich würde sie dann aber mit Sicherheit nicht ausgerechnet in Leipzig verorten. Wie kommt man mit ostdeutscher Sozialisation auf die Idee, so ein Projekt zu starten?
Wieland Götze: Die Idee stand schon lange im Raum, seitdem mir Ulrike alte Aufnahmen aus den 1990er Jahren vorgespielt, wo sie „Wuthering Heights“ sang und ich bereits nach den ersten zwei Tönen eine Gänsehaut bekam. Später überredete ich sie zum Duett „Don‘t give up“ mit einem wunderbaren Sänger aus Erfurt. Der Gänsehaut-Effekt erfasste nun auch die anderen Zuhörer. Als ich letztes Jahr bei einem Urlaubsfilm eine gemeinsame eigene Camping-Gitarren-Version von „The man with the child in his eyes“ mit dem Original mischte und im Refrain zu Uli und Camping-Gitarre plötzlich Kate Bush mit Orchester dazu kam, hob es mich nahezu aus den Socken. Kate Bush hat mit ihren Märchenwelten natürlich auch die Menschen in der DDR begeistert und es gab natürlich auch im Osten entsprechende Pressungen bei Amiga. Die waren jedoch nur schwer zu bekommen. Eine Lieblingsszene von mir im einschlägigen Post-DDR-Kultfilm „Sonnenallee“ ist die, wo ein älterer Mann den Plattendealer aus dem Westen mehrfach fragt „haste ooch wat von der Käthe Busch?“

Mit der Amiga-LP bewegen wir uns ja in der Vor-The-Dreaming-Ära. Wann konntest Du das restliche Werk von Kate für Dich entdecken?
Wieland: Ich selbst bin mir erst seit den 90er Jahren Kate Bush gewahr, da ich quasi erst ein Jahr vor „The Dreaming“ erschienen bin. „The Whole Story“ von 1986 wurde für mich zur Eintrittskarte in die Welt von Kate. Im Jahr 2005 bekam ich von einem Mitstudenten das damals brandaktuelle „King of the mountain“ zugesteckt und war geflashed! Dann hielten noch „The Kick inside“ und „Hounds of love“ Eingang in meinen Plattenschrank. Doch das „Gesamtwerk“ wurde erst seit unserer Idee im Oktober letzten Jahres kontinuierlich erforscht. Mittlerweile sind natürlich alle Alben sowie einige DVDs am Start. Uli besitzt schon lange das „The Whole Story“-Songbook, welches nahezu alle veröffentlichten Titel bis 1986 in Notenform (Gesangsstimme und Akkorde) enthält.

Du bist ja von Haus aus eigentlich Jazzmusiker. Was macht für Dich das Besondere an Kates Musik aus?
Wieland: Da ist natürlich diese unglaubliche charakteristische Stimme, die eigentümliche mystische Harmonik und die faszinierende unkonventionelle Melodieführung. Diese Experimentierfreudigkeit zieht sich in mannigfaltigen Ausprägungen durch ihr gesamtes Werk. Da findet sich ein Füllhorn an stilistischen Mixturen von Rock, Pop, Jazz, Punk, Reggea, klassischen Elementen und Weltmusik, insbesondere der irische Einfluss. Sie erfindet sich mit jedem Album neu und bleibt sich und ihrem künstlerischen Anspruch stets treu. Es geht ihr prinzipiell in erster Linie um die künstlerische Verwirklichung und nicht um das Bedienen von vorgegebenen Konventionen und Trends. Dennoch verstand sie es, insbesondere in den 80ern, den Zeitgeist zu prägen. Sie experimentierte mit neuen technischen Möglichkeiten und schuf ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Tanz und Theater und neuen Kompositions- und Produktionswegen, die heute im digitalen Zeitalter gang und gäbe sind. Diese Kompromisslosigkeit und Selbstbestimmung in punkto (Pop-)Musik als seriöse Kunstform mit derartigem Erfolg findet man nicht oft im Musikbusiness. Mir fallen spontan nur Frank Zappa, Peter Gabriel und Mike Oldfield ein.

Findet man diese Kompromisslosigkeit sonst eher im Jazz-Genre?
Wieland: Ja, das würde ich sagen. Prinzipiell würde ich das „findet“ aber durch „fand“ ersetzen. Heutzutage wird hauptsächlich auf „Produkte“ Wert gelegt, die durch Schlagworte gekennzeichnet und mittels Suchmechanismen gefunden werden können. Musik muss jederzeit abrufbar sein und in vorgefertigte Playlists hineinpassen. Das Unerwartete wird Schritt für Schritt ab- und vorhersehbar gemacht. Wirkliche Kompromisslosigkeit ist schwer zu finden, da sie selbst wahrscheinlich schon eine Schublade darstellt. Aber, die Musik und das Leben bahnen sich schon ihre Wege und kommen auch heute noch, vielleicht per Umweg, im Herzen an, da bin ich ganz optimistisch!

Du hast sehr viel Erfahrung in Musicalproduktionen gesammelt. Ist das Dein „Umweg“, um mit der Musik im Herzen zu landen?
Wieland: Nein, nicht unbedingt. Ich bevorzuge den direkten Weg im Konzert oder auf dem Tonträger, oder aber selbst analytisch in die Musik einzusteigen, am Instrument oder beim Raushören von Kate Bush Titeln. Dennoch gebe ich zu, dass man durch eine Handlung auf der Bühne die Aussage der Musik immens unterstreichen und den Zuhörer gleich auf eine Reise mitnehmen kann. Da habe ich beim Zusammenstellen unserer Show, mit der Handlung basierend auf dem Roman „Wuthering Heights“ von Emily Brontë, auch viel gelernt. Uli hat ja viel Theatererfahrung als Sängerin, Schauspielerin und Tänzerin. Sie hat da dementsprechend auch viel mit reingebracht. Außerdem haben wir mit Falko Köpp noch einen erstklassigen Schauspieler am Start, der als Mr. Lockwood die Szenen zwischen den Titeln ausgestaltet…

Womit wir bei „Wuthering Night“ wären. Anders als andere Tributebands spielt Ihr nicht nur die zu erwartenden Stücke runter, sondern bettet sie in eine Geschichte ein. Das klingt ein bisschen nach der Fortsetzung der Tour of Life. Wie habt Ihr es geschafft, dass sich auch die neueren Lieder von Kate in den Brontë-Rahmen harmonisch einfügen?

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Wieland: Das ging erstaunlicherweise recht unkompliziert. Nachdem wir den Roman studiert und uns verschiedene Verfilmungen angeschaut hatten, fügte es sich wie von selbst. Es scheint so, als ob sich Kate Bush auch über den Song hinaus mit Emily Brontë, der Ästhetik und der Charaktere des Romans identifiziert (hat). Das ist auch bei späteren Kompositionen spürbar. Schließlich gibt es die faszinierende Kuriosität, dass Emily und Kate auf den Tag genau 140 Jahre auseinander sind. Wenn man ihre Werke betrachtet, kommt man zu dem Schluss, dass beide sich mit diversen übersinnlichen Erwägungen auseinandergesetzt haben. Es lässt jedenfalls genug Spielraum für Interpretationen. Das haben wir uns zunutze gemacht. Dennoch soll der Hauptfokus natürlich auf der Musik liegen. Da haben wir uns in der einen oder anderen Situation auch etwas in den Haaren gehabt, Doch ich glaube, wir haben eine gute Balance zwischen Konzert und Theater gefunden.

Welche Spannbreite erwartet die Besucher denn? Reicht der Bogen bis zu Aerial und 50 words for snow?
Wieland: „50 words for snow“ ist ein in sich geschlossenes (Wahnsinns!) Konzeptalbum. Auf der Basis der Story kristallisierte sich sehr schnell der jetzige Ablauf, bestehend aus 21 Songs von „Kick inside“ bis „Aerial“ bzw. sogar Live-Arrangement-Ideen von „Before the dawn“ von 2014, heraus. Von einigen Schmankerln musste man sich leider vorerst verabschieden. Auch kalkulieren wir natürlich ein, dass der Kate-Bush-Neuling neben dem Kate-Bush-Nerd sitzen wird und beide auf ihre Kosten kommen sollten. Der Nerd wird „The Dreaming“ und „50 Words for Snow“ vermissen. Für beide gibt es schon Ideen, doch wir konzentrieren uns jetzt vorerst ganz auf die anstehende Show. Wir hätten das Programm auch „50 Words for Show“ nennen können, haben uns dann aber für „Wuthering Night“ entschieden

Wie eng haltet Ihr Euch dabei ans musikalische Original?
Wieland Es wird keine freie Interpretation in diesem Sinne geben. Ich habe die Originale nach bestem Wissen und Gewissen transkribiert, hier und da mal gekürzt oder auch miteinander verbunden, Live- und Studioversionen kombiniert. Die Ansage an die Band war: lasst uns vom Originaltext ausgehen und eine eigene Sprache entwickeln.

Apropos eigene Sprache: Mich haben zuletzt Bands wie Baby Bushka aus den USA oder auch das Konzert der Göteborg Symfoniker begeistert, eben weil sie eine eigene Sprache auch für Kates Musik entwickelt haben. Wie schwierig ist der Spagat zwischen Cover, Tribute und eigenen Ansprüchen an die Musik?
Wieland: Das ist ein stetiger Prozess. Der beruht natürlich auch auf den unterschiedlichen Prägungen innerhalb der Band. Manche sind schon sehr intensiv eingestiegen in die Materie in puncto Charakteristika der Songs, des Stiles und der einzelnen Stimmführungen. Manche sind das erste Mal mit Kates Musik in Berührung gekommen und schöpfen aus einem anderen Background. Da muss man immer einen Mittelweg finden. Der musikalische Anspruch ist auf jeden Fall mehr als gegeben, da jeder Song eine musikalische Kostbarkeit ist und sich fernab von austauschbaren Paradigmen befindet. Man freut sich auf jeden Einzelnen gleichermaßen. Eine Beethoven-Sinfonie wird auch weitestgehend originalgetreu aufgeführt. Warum nicht auch die „Symphony in Blue“. Trotzdem gibt es auch einige eigene Gestaltungselemente und Spots für die Musiker sowie eigens entworfene Tanzchoreographien für die drei Tänzerinnen inklusive Uli, die Original-Elemente zitieren aber doch letztendlich Neuanfertigungen sind. Es gibt sogar eine Artistiknummer von einem finnischem Artistenpaar, dem Duo E-Motion. Trotzdem wird jeder Einzelne sein eigenes Universum einbringen, so dass es immer einen eigenen Sound haben wird.

Könnt Ihr Euch vorstellen über die Show im Krystallpalast hinaus mit einem Kate-Programm auch in anderen Städten aufzutreten?
Wieland: Ja, definitiv! Das möchten wir gerne. Wir müssen natürlich stetig unser Netzwerk erweitern und Kontakt zum Kate Bush-affinen Publikum herstellen. Sie ist ja hierzulande doch mehr Exotin als ABBA, Tina oder Queen.

Promo Snippet KaBoo Kate Bush Tribute Part1

Anbei der erste Ausschnitt unseres wunderbaren Videodrehs mit Robert Soujon. Fortsetzung folgt…

Gepostet von KaBoo Kate Bush Tribute am Donnerstag, 5. September 2019

Alle Infos zur Band gibt es hier, Karten für die Show hier.

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