Müssen wir die Befürchtung haben, dass sich Kate mit der Aufarbeitung ihres Gesamtwerkes in den musikalischen Ruhestand verabschiedet und wir keine neuen Lieder mehr von ihr bekommen? Was spricht für diese Befürchtung? Was spricht dagegen? Das ist heute das Thema beim Kaffeeklatsch mit Achim, der für morningfog.de die Rezensionen der Alben schreibt und im Song-ABC die einzelnen Lieder von Kate analysiert.
Wenn wir uns die Fakten anschauen, ist es ja in der Tat so, dass es seit 2011 kein Album mit neuen Songs gegeben hat und sich Kate im Vergleich zu früher auffällig ihrem bisherigen Werk widmet: Auf Director’s Cut finden wir neue Versionen der Songs von The Sensual World und The Red Shoes, bei den Konzerten spielt sie fast ausschließlich die Songs von Hounds Of Love und Aerial, jetzt hat sie sich selbst um das Remastering ihrer zehn Studioalben gekümmert und veröffentlicht ein Buch mit einer Auswahl ihrer besten Songtexte. Das könnte man doch wirklich als Rückschau aufs Lebenswerk und drohenden Abschied verstehen. War’s das?
Achim: Es wäre natürlich sehr schade, wenn das ein Schlusspunkt sein sollte. Aber zum Glück ist es Spekulation. Niemand kann in den Kopf von Kate Bush hineinschauen. Leider, das könnte ja sehr spannend sein. Wenn sie Musik im Kopf hat, dann wird die auch rauskommen. Director‘s Cut hat ja auch dazu geführt, dass sie sofort ein neues Album angegangen ist. Ich würde also ganz anders spekulieren: durch solche Aufräumarbeiten wird der Kopf frei für Neues. Also bin ich ganz optimistisch.
Zumal man gerade bei DC festhalten muss, dass es für sie etwas „bereinigendes“ hatte und ich zudem den Eindruck hatte, dass es eine Art Vorbereitung auf die kommenden Konzerte war: die Songs wurden von Ballast befreit und waren so einfacher live spielbar. Lily ist ein schönes Beispiel dafür.
Achim: Ich hatte auch den Eindruck, dass die Arbeit an DC den Kopf frei gemacht hat. Ballast war raus, Dinge waren raus aus dem Kopf, die vielleicht immer im Hintergrund gestört haben. Sowas kann wirklich ein Akt der emotionalen Befreiung sein. Etwas Altes ist erledigt – auf zu neuen Dingen. Das ist jedenfalls das, was ich mir erhoffe als in diesem Fall grenzenloser Optimist.
Wobei es für den Optimismus ja letztlich auch einen Beleg gibt: Wir haben DC und 50wfs erhalten, es gab die Konzerte, mit denen man nicht ernsthaft rechnen konnte, dann die Live-CD, jetzt die Remasters plus das Lyrik-Buch. So produktiv war Kate seit Jahren nicht mehr.
Achim: Mein Optimismus wäre allerdings noch größer, wenn es wenigstens klitzekleine Hinweise auf Neues gäbe. Aber stillt ruht die See des Internets. Ich bin ja wegen der Beiträge für das Song-ABC immer am Recherchieren und sammeln, leider ist mir nichts aufgefallen.
Das ist nun mal bei Kate so. Auch dass sie an den Remastern selbst mitarbeitet, war nie bestätigt und man konnte immer nur hoffen, dass sie eines Tages erscheinen. Und aus heiterem Himmel sind sie dann da. Letztlich bleibt nur der Hinweis von Kates Bruder, dass sie an einem neuen Projekt arbeitet. Ich habe die Hoffnung, dass er damit neue Musik meinte.
Achim: Ja, da setze ich auch drauf. Am Remastering war sie sicherlich wenig beteiligt, das Buchprojekt wird eine Auswahl aus den Lyrics der Songs sein – alles nichts, was ich als „Projekt“ bezeichnen würde. Und ich habe ein weiteres optimistisches Argument! Ihr Sohn Bertie ist langsam erwachsen und wird das Nest verlassen. Wieder beginnt ein neuer Abschnitt. Was soll Kate Bush nun tun? Depressiv Tee trinken und aufs Meer schauen, sich langweilen? Nein – endlich Luft für Musik, Musik, Musik!
Ich spiele trotzdem nochmal die Optimismus-Bremse. Im „Zeit“-Interview von 2016 wird Kate gefragt, ob sie nach den Konzerten nochmal im Studio war. Teil 1 ihrer Antwort: „Nein. Ich habe auch seit Langem keinen Song mehr geschrieben.“ Ganz abgesehen davon, dass Tawny Moon dementsprechend ein alter Song aus Aerial-Zeiten sein muss, könnte ich doch daraus schließen, dass sie vielleicht gar keine Musik mehr im Kopf hat, die raus muss, wie Du es vorhin formuliert hast.
Achim: Ich kann mir das nicht vorstellen. Wer für eine Sache lebt, wird immer zu ihr zurückkehren.
Womit wir bei Teil 2 der Antwort sind: „Aber ich freue mich darauf, demnächst etwas Neues beginnen zu können.“ Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie damit Remaster und ein Buch gemeint haben könnte.
Achim: In einem kreativen Prozess ist es oft so, dass man auf den passenden Auslöser warten muss. In Phasen der Ruhe bildet sich was im Hintergrund und das materialisiert sich.
Jetzt lass uns zum Schluss dann doch mal spekulieren: Wie lange müssen wir noch warten, bis sich neue Musik „materialisiert“?
Achim: Haha. Du bist echt witzig – so eine Vorhersage zu verlangen!!!! Aber weil Du es bist und ganz unter uns: Herbst 2019.
Ich schlage ein und freue mich auf ‘ne schöne Flasche Rotwein, wenn Du falsch liegst. Herbst 2019 wäre aber auch mein Tipp gewesen.
Achim: Wir gehen gemeinsam unter – Proooost!
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