Einige Monate ist es nun schon her, dass Thomas sich mit Lea W. Frey in einem Berliner Café zum Interview getroffen hat. Im Mai gab es den ersten Teil des Interviews. Es ging damals hauptsächlich um Kate und nur kurz um die Arbeiten an Leas neuem Album, das am 6. Oktober erscheint. Rechtzeitig zum Release von „Plateaus“, ausschließlich mit eigenen Stücken, kommt nun also der zweite Teil des Interviews und eine Rezension. Dazwischen lag eine wirklich beeindruckende Album-Pre-Listening-Session an einem der höchsten und geschichtsträchtigsten Orte der jüngeren Berliner Vergangenheit. Lea und Band hatten im Juni auf den Teufelsberg eingeladen, in die verlassenen Abhörstationen der britischen und amerikanischen Alliierten zur Zeit des kalten Krieges und der Berliner Teilung. Ein Ort, an dem Lea sehr viel liegt. Und, wie passend, ein Plateau von etwa 48.000 qm. Begonnen hatte die Session mit einem Live-Part in der intakten Kuppel einer Radarstation nach langem Aufstieg über dunkle Treppen. Es war absolut beeindruckend, den Unterschied zwischen Sprech– und Singstimme zu erleben. Leas Worte der Begrüßung waren kaum zu verstehen ohne Mikrofon. Umso faszinierender, wie klar, kräftig und deutlich der Gesang dann durch die Kuppel hallte.
Lea, Du stellst mit deiner Band das neue Album „Plateaus“ auf dem Teufelsberg vor. Warum gerade dort?
Lea W. Frey: Der Berg hat für mich eine ganz besondere, sehr starke Atmosphäre. Zum einen dieser Trümmerberg aus dem Schutt des zweiten Weltkriegs. Dann die verlassene Radarstation aus dem kalten Krieg, alles etwas spooky und geheimnisvoll. Dies alles umgeben vom Wald. Und im Gegensatz zum rasanten Wandel in der Stadt ist hier ein wenig die Zeit stehengeblieben. So eine richtige Gentrifizierungsoase. Ich denke, ich werde einen Teil meines nächsten Albums auch dort oben schreiben.
Erzähl uns doch bitte noch etwas mehr zu deinen Musikern auf dem Album.
Lea W. Frey: Zunächst einmal: die Band ist organisch gewachsen über Freundschaften, Kontakte, familiäre Bande. Es sind keine für ein Projekt gecasteten Musiker. An den Synthesizern die Wahlberlinerin Liz Kosack, Peter Meyer, der jetzt auch für den Jazz-Echo nominiert ist, an den Gitarren, Bernhard Meyer, der auch stark an der Produktion des Albums beteiligt war, spielt den Bass, Andi Haberl, festes Mitglied bei The Notwist an den Drums, Drum Machine und Glockenspiel. Sie alle komponieren auch selbst eigene Stücke und sind in der Jazzszene verwurzelt. Es ist meine absolute Traumband.
Gibt es ein Konzept hinter dem Album oder ist es eher eine Sammlung solitärer Songs?
Lea W. Frey: Ich würde schon sagen, dass die Stimmung sich durchzieht. Als ich die Stücke geschrieben habe, war ich einer bestimmten Zeit in meinem Leben, einer Art Umbruchphase. Man sollte sich das Album ruhig komplett anhören. Es hat einen Grund, welcher Song an welcher Stelle steht.
Wird es Videos zu Songs von „Plateaus“ geben?
Lea W. Frey: Ja. Wir haben ein ganz tolles Team für den Videodreh gehabt. Auch das ist zusammengewachsen, zum Teil durch schöne Zufälle. Im Herbst letzten Jahres sind wir für zwei volle Tage mit zehn Leuten raus gefahren ins brandenburgische Müncheberg und haben für einen Song einen Clip gedreht. Mir war wichtig, dass alle in dem Team auch die Musik verstehen. Man soll wirklich sehen können was wir spielen, nicht nur hören. Es sind wunderbare Bilder entstanden, und sie haben uns für die ganze Zeit ihr Herz gegeben. Es war eine tolle Erfahrung. Das Video wird dann zum Release veröffentlicht.
Gibt es eine Tour zum Album?
Lea W. Frey: Ja, die Termine für Oktober und November stehen fest und sind auf meiner Facebookseite zu finden. Wir werden die Stücke in ihrer Dichte auch live genauso umsetzten. Natürlich wird auf der Bühne dann noch viel improvisiert, so dass die Songs an den verschiedenen Abenden durchaus unterschiedliche Färbungen erhalten können.
Lea W. Frey: Plateaus (Enja & Yellowbird Records)
Ist dieses Album Jazz, Pop oder Indie-Rock? Gibt es einen Begriff für eine Melange aus allen drei Richtungen? Egal eigentlich, denn was Lea W. Frey und die Band hier liefern, ist in sich ein faszinierendes Album mit sphärischer Dichte und Weite. Die traumklare Stimme von Lea W. Frey liegt nicht über den Instrumenten, degradiert die Musiker nicht zu reinen Begleitern sondern ist meist mittendrin, und ist dennoch die Guideline der Songs über Veränderungen, Umbrüche, Umwelt und Beziehungen. Die Band ist quasi ein gewachsener Organismus, jeder Einzelne sehr präsent aber nie dominant. Mit Arrangements, die an Jazz orientiert aber immer noch sehr griffig sind wird eine wahrhaft magnetische Aura erzeugt. So wirkt “Waters Ember“ auf mich gleichzeitig schwerelos und erdrückend. Bei „Plateau“ denkt man anfangs an The Smiths um den Gedanken dann nach einer Minute zu verwerfen, später doch wieder Anklänge zu hören, um dann im langen Noise-Outro dem Heulen des Windes zu folgen. Sicher funktionieren die Stücke auch jedes für sich, das poppige „Plateau“ und „Dylan“ haben sich sofort festgehakt. Wenn man sich aber die Zeit und Muße nimmt die das Album braucht, schwebt man durch einen fantastischen Klangkosmos, in dem alle Genregrenzen irrelevant sind. Thomas
Die Konzerttermine: 17.10.2017 – Radio EINS, Dachlounge; 20.10.2017 – Wiesbaden, Rudersport; 21.10.2017 – Brelingen, Brelinger Mitte; 27.10.2017 – Magdeburg, Moritzhof; 28.10.2017 – Bielefeld, Ulmenwall; 31.10.2017 – Berlin, Berghain Kantine; 04.11.2017 – Eberswalde, Guten Morgen; 05.11.2017 – Weimar, Mon Ami; 15.11.2017 – Traunstein, Tropical; 16.11.2017 – Ingolstadt, Tagtraum; 30.11.2017 – Nürnberg, Z-Bau; 01.02.2018 – Kassel, Theaterstübchen; 23.03.2018 – Leipzig, Telegraph; 25.03.2018 – Ludwigsburg, Fetzerei; 07.06.2018 – Lauenau, Kesselhaus; 10.06.2018 – Kiel, Kulturforum.
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