Vinyl ist das schwarze Gold des Musikliebhabers. Wobei die Zeiten längst vorbei sind, in denen Platten ausschließlich schwarz sein müssen. Kate ist dem Vinyl stets treu geblieben. Als die CD zu Beginn der 1980er Jahre auf den Markt kam, verdrängte sie das Vinyl mehr und mehr – auch wenn es immerhin noch bis 1989 dauerte, bis erstmals mehr CDs als LPs und Singles verkauft wurden. Kate veröffentlichte unbeirrt weiter Vinyl. Wer dem Trend damals nicht folgte und 1993 die „The Red Shoes“ auf Vinyl kaufte, könnte sie heute locker für 150 bis 200 Euro verkaufen. Das 2005er Doppel-Album „Aerial“ geht sogar zu noch höheren Preisen über den Tisch. Dass Kate den analogen Klang bevorzugt, ist bekannt. Also sind auch alle Alben von ihr aus diesem Jahrzehnt („Director’s Cut“, „50 Words for Snow“ und „Before the Dawn“) jeweils auf Vinyl erschienen. Alle drei Produktionen haben etwas verblüffendes gemeinsam: sie wurden in Deutschland gepresst, und zwar bei der optimal media GmbH in Röbel an der Müritz, knapp 150 Kilometer von Berlin. Optimal Media ist ein Tochterunternehmen der Edel AG, die als größtes Indepent-Label in Europa gilt. Das Presswerk in Röbel nahm Ende 1991 den Betrieb auf und produzierte zunächst nur CDs. „Im Herbst 1995 haben wir mit der Vinylproduktion begonnen. In den ersten Monaten wurden ca. 60.000 Schallplatten je Monat produziert, dass schaffen wir heute mindestens in 24 Stunden.
„Über die Jahre wurde bei optimal media konstant Vinyl gefertigt. Ende 2012 begann die Nachfrage zur Vinylfertigung weltweit rasant anzusteigen. Aus dem Grund haben wir im Jahr 2013 einen zweiten, komplett neuen Bereich für die Vinyl-Replikation aufgebaut und die Kapazitäten in Mastering, Galvanik und im Schneidstudio erweitert“, erzählt Petra Funk, beim Unternehmen für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. 24 Millionen VInyl-Schallplatten werden aktuell im Jahr produziert. Vor zwei Jahren waren es noch 16 Millionen. Ein Plus von 50 Prozent in nur zwei Jahren: Von solch einem rasanten Umsatzplus können andere Branchen nur träumen. Eines der Probleme in der Vinyl-Produktion: Es gibt keine neuen Maschinen. „Nach wie vor arbeiten die Presswerke und auch wir mit Maschinen der alten Generation. In erster Linie sind das Pressautomaten der schwedischen Marke Toolex Alpha. Jedoch gibt es seit einiger Zeit Bestrebungen weltweit, Pressautomaten neu oder nachzubauen. So wurden zum Beispiel von der Firma newbuilt neue Pressen vorgestellt, die jedoch nur im Handbetrieb funktionieren.
Voll automatisch arbeitende Pressen sollen von einem Hersteller in Kanada (vor allem für den amerikanischen Markt) in nächster Zeit angeboten werden. Und es gibt eine kleine Firma in Schweden, die die Automaten auf Basis der Toolex Alpha Technologie nachbaut. Zwei solcher Automaten gibt es bereits, einer davon ist seit Ende 2016 bei uns im Einsatz“, erklärt Petra Funk. Ganz abgesehen davon, dass es natürlich auch der entsprechenden technischen Infrastruktur und einer funktionierenden Galvanik bedarf.
Produziert wird für die großen Major-Label genauso, wie für kleinere oder Indy-Labels aus der ganzen Welt. Petra Funk: „In der Regel erhalten wir eine Anfrage zur Produktion und erstellen dazu ein Angebot. Entscheidet sich der Kunde bei uns zu fertigen, werden dann entweder die Musikdaten angeliefert und wir nehmen in unserem Schneidstudio den DMM- oder Lackschnitt vor. Oder der Kunde lässt in einem anderen Schneidstudio den Schnitt erstellen und schickt diesen dann zu uns. Dann geht es weiter mit dem Fertigungsprozess über Galvanik, Pressung und Qualitätskontrolle. Parallel dazu stellen wir auch die Etiketten sowie einen großen Teil der Innentaschen und Cover selbst her, bis hin zur Konfektionierung und schließlich dem Versand.“ Die Musikdaten werden ganz unromantisch meist via Datenübertragen angeliefert. Details, wie das speziell bei den Alben von Kate Bush funktioniert, rückt das Unternehmen natürlich nicht heraus („Wir behandeln diese Informationen vertraulich.“), aber klar ist, dass bei aufwändigeren Produktionen auch der Austausch intensiver ist.
Petra Funk: „Wir sind insbesondere auch Spezialist für die Herstellung von Boxproduktionen, besonderen Editionen usw. Hier gibt es vor und im Laufe der Produktion natürlich regelmäßig Abstimmungen mit dem Kunden, sei es für die Pressung (zum Beispiel Erstellen von Testpressungen) oder zur Freigabe der Druckdaten. Mitunter ist ein Grafiker vor Ort und begleitet den Andruck oder es kommt ein Beauftragter zum Abhören und Freigeben einer Testpressung. In der Regel werden Testpressungen, so der Kunde sie wünscht, und Andrucke an den Kunden zur Freigabe geschickt.“ Das klingt zumindest ganz nach Kate und es klingt vor allem nach dem aktuellen 4LP-Set von Before the dawn. Eine bittere Wahrheit muss man als Kate-Fan allerdings noch verdauen: Mit den Pressmatritzen kann man in der Regel um die 5000 LPs produzieren, bevor sie verschleißen. Gut erhaltene Matrizen, die sogenannten Stamper, werden archiviert, abgenutzte leider entsorgt. „Wir archivieren jedoch die ‚Mütter‘ und können dann davon bei Bedarf neue Matrizen erstellen“, erzählt Petra Funk. Damit wäre der Nachschub an Vinyl von Kate in den kommenden Jahren zumindest für die letzten drei Alben gesichert.
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