35 Jahre Lionheart: Eine Reise tief in die Seele

LionheartHeute vor 35 Jahren ist Kates‘ zweites Album „Lionheart“ erschienen. „Die Situation war für Kate Bush paradox. Auf der einen Seite der Glanz des Ruhms, auf der anderen Seite der Druck, sich jetzt beweisen zu müssen. Am zweiten Album entscheidet sich, ob es weitergeht, oder ob man wieder in der Versenkung verschwindet. EMI hatte vor dem ersten Album Jahre Zeit gegeben (eine Investition in eine möglicherweise prospektive Zukunft), jetzt galt es, diesen ‚Lauf‘  fortzusetzen. Ein neues Album musste her, so schnell wie möglich, eine Tour hatte zu folgen“, schreibt Achim aus heutiger Sicht in seiner neuen Analyse des Albums. „Es ist bekannt, wie sehr Kate Bush es hasst, unter Druck zu arbeiten. Jetzt war dieser Druck da (und wahrscheinlich reifte hier der Entschluss, nie wieder in eine solche Situation zu kommen). Auch das Umfeld war schwierig. Kate fühlte sich nicht frei in ihren musikalischen Entscheidungen, der Produzent störte bzw. hatte andere Visionen als sie selbst, es gab Zerwürfnisse unter den Studiomusikern. Zudem waren nur wenige Wochen Zeit für neue Kompositionen, viele Songs entstanden vor oder zeitgleich zum ersten Album, gerade einmal vier Titel sind nach Kate Bushs eigenen Angaben neu.“ Und dennoch: „Das Ergebnis ist überraschenderweise ein Album, dem man diese Schwierigkeiten nicht anmerkt.“
Als Reise, „die sie ganz tief in die eigene Seele hineinführt“, beschreibt Achim Symphony in Blue, den ersten Song des Albums, während bei Wow Träume wahr werden: „Die Kindheit ist vorbei und plötzlich steht man allein und zitternd auf der Bühne. Ruhig, fast hereinschleichend beginnt es, zum Chorus hin wird er schneller und treibender – das ist eine Steigerung mit „Wow“-Effekt. Der Song ist voller dramatischer Wucht und ein Kaleidoskop aus Verweisen auf die Bühne und auf das Showbusiness.“  In Don’t Push Your Foot On The Heartbrake erkennt er  „Vorboten der teilweise hemmungslosen Wildheit, die viele Songs der nächsten beiden Alben prägen wird.“
Oh England My Lionheart  sieht Achim als Zentrum des Albums: „Diese melancholische, ganz ruhige und romantische Ballade ist ein perfektes, trauriges Schmuckstück und hat damals sofort mein Herz für das Album gewonnen.“ Vor allem deshalb, weil „die perfekte Kombination aus Musik und Text“ tief bewegend ist: „Das Lied ist ein Strom von Erinnerungen, Bildern, Emotionen.“ Titel,  „die nach innen schauen, die persönliche Sichten wiedergeben“ erkennt Achim im ersten Teil des Albums. Auf der zweiten Albumseite kämpft in Fullhouse ein Mensch mit gespaltener Persönlichkeit mit seinen inneren Dämonen, .im Song  In the Warm Room wird der Zuhörer zum Voyeur. Achim: „Alles hier ist sexuell aufgeladen, die Erotik findet sich selbst in den Stimmfärbungen wieder.“ Erotik spielt auf andere Art auch in Kashka from Bagdad  eine Rolle: erzählt wird die Geschichte eines schwulen Paares: „Ein altes Haus mit zwei Menschen, von denen niemand wirklich viel weiß, ein schwules Paar, Exotik (Bagdad), Geheimnisse, Liebe. Eine Nachtmusik, exotische Klaviertöne, wie von der anderen Straßenseite herüberklingend, Melodiefetzen, Stimmen von Gegenüber.“ Ein Theaterfaden, der mit Coffee Homeground fortgesetzt wird. „Bei mir treten sofort Assoziationen an das Musical ‚Cabaret‘ auf. Kate singt teilweise mit deutschem Akzent und tiefer Stimme. Im Chorus ist die Stimme sehr hoch, abwechselnd mit der tiefen Stimme wird hier praktisch ein Duett/Dialog gesungen. Das ist originell und exaltiert“, schreibt Achim. Vom Theater geht es dann mit Hammer Horror direkt zum Horror-Film: „Alles wird verwoben zu einer düsteren Szene. Der Chorus ist schnell und treibend mit verschiedenen Stimmfärbungen, am Ende des 2. Chorusabschnitts gibt es Töne, die schon „Never For Ever“ anklingen lassen. Am Schluss des Liedes verklingt die Musik fast atonal, tiefer Trommelwirbel, ein Gong ertönt: Vorhang auf – jetzt beginnt die Vorstellung!“ Achims Fazit: „Dieses Album schlägt eine andere Seite auf als The Kick Inside. Der Aufbruch ist einem Hinaustreten in das grelle Licht der Bühne gewichen. Alle Augen sind auf dich gerichtet, du musst dich verstellen, maskieren, dein Inneres schützen. Dieses Verbergen von Momenten großer Intimität macht für mich den Reiz dieses weithin unterschätzten Albums aus. Mir war es wegen dieser Doppelbödigkeit immer näher als The Kick Inside.“
Die komplette Analyse gibt es im Forum und in Kürze auch hier auf der Seite „Alben“.

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Bitte ausfüllen. Danke. * Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.