Kate Bush-Fans in der ehemaligen DDR hatten es schwer. Um an die begehrten West-LP’s zu kommen waren entweder Verwandschaft aus dem Westen, ausländische Devisen oder sogenannte Forumschecks nötig, die DDR-Bürger in Intershops eintauschen konnten. Intershop war eine Einzelhandelskette in der DDR, deren Waren nur mit konvertierbaren Währungen, später auch mit Forumschecks, jedoch nicht mit Mark der DDR bezahlt werden konnten. Ein unvermeidbarer Nebeneffekt war, dass der normale DDR-Bürger dadurch nur einen begrenzten Einblick in das Warenangebot des Westens bekam.
Im Intershop gab es zwei Arten von Schallplatten zu kaufen, die sogenannten richtigen Westplatten das waren Intershop-Schallplatten, die in dem Ostdeutschen Amiga-Presswerk Babelsberg hergestellt wurden. Das Cover und das Label kamen aus dem Westen, ohne AWA-Lizenz, und waren sogenannte Lohnpressungen.(Eine Lohnpressung (engl. custom pressing) ist eine Schallplatte, die in einem nicht dem Konzern des Plattenlabels zugehörigen Presswerk hergestellt wurde, so bei The Whole Story. Einziges Erkennungszeichen, dass es sich um DDR-Pressungen handelte, waren die Angaben in der Auslaufrille und die F-Bestellnummer auf Label und Cover (Sondernummernkreis der EMI Electrola).
Und es gab Schallplatten mit AWA-Lizenzen. Diese Schallplatten und deren Label wurden in der DDR hergestellt, das Cover kam jedoch aus dem Westen. Erkennungszeichen ist der AWA-Aufdruck auf dem Label, anstatt des GEMA-Zeichens, die Angaben in der Auslaufrille und die F- Bestellnummer auf Label und Cover (Sondernummernkreis der EMI Electrola). MIt Lizenz veröffentlicht wurden Never For Ever und Hounds Of Love. Ursprünglich sollten diese Platten in einer späteren Auflage unter dem AMIGA-Label erscheinen, aber die wenigsten schafften es. Unter dem AMIGA-Label wurde in der DDR auch eine offizielle Best of LP und Kassette veröffentlicht.
Amiga war ein Musiklabel des von Ernst Busch gegründeten Musikverlags Lied der Zeit Schallplatten-Gesellschaft mbH, Berlin. 1954 ging es auf den staatlichen Tonträgerproduzenten VEB Deutsche Schallplatten Berlin über und war im VEB nun dem Ministerium für Kultur nachgeordnet. Amiga sollte die Bandbreite der populären Musik abdecken. Darunter fielen Beat-, Rock- und Popmusik ebenso wie Jazz, Schlager, volkstümliche Musik und populäre Instrumentalmusik. Amiga wurde am 3. Februar 1947 gegründet und bestand bis 1994. Seitdem wird das Repertoire von mehr als 30.000 Titeln (von 2200 Schallplattenproduktionen und 5000 Singles) von der BMG Berlin Musik GmbH, jetzt Sony Musi Entertainment, vermarktet. Als Markenname für Veröffentlichungen von Tonträgern aus der DDR-Zeit wird Amiga weiterhin verwendet.
Vor über 20 Jahren war mir das Glück hold und mir wurden die DDR-Testpressungen von Never For Ever und The Whole Story verkauft. Auf dem öffentlichen Markt wurden sie seit Veröffentlichung noch nie angeboten oder gesehen. Anzunehmen ist deshalb, dass nach dem Mauerfall alle übrigen Testpressungen vernichtet wurden. Happy hunting! Michael Guth
1 Kommentar
Michael hat es sehr gut zusammengefasst. Mir ist Ende der 80er beim Fotografieren die Kamera auf die „Westplatte“ Hounds Of Love gefallen, die LP zerbrach. Ich versprach meinem Freund ein Ersatzexemplar aus Ungarn beim nächsten Plattenkaufurlaub mitzubringen. Ich bekam leider nur die jugoslawische Pressung. Der Intershop hätte mir auch nur eine in der DDR gepresste und mit nur weißer Innentüte ausgestattete LP verkaufen können. Zu damaliger Zeit hab ich aber nicht einmal von der Möglichkeit einer Intershop-Pressung geträumt. Ich bin auch mehrmals zum Intershop getingelt, ohne eine Mark in der Tasche. Die genervte Verkäuferin hatte sich beim dritten Mal geweigert, mir immer und immer wieder mein Lieblingsalbum THE WALL zu zeigen und wieder wegzustellen. Eigentlich eine Ostplatte, auch mit AWA-Schriftzug auf dem Label. Künstlerisch sogar an das Gerald Scarfe-Design angepasst (siehe discogs The Wall / AWA). Heute sind diese Stücke in meiner Sammlung. Wert und Preis und Beschaffung von Westplatten war in der DDR sehr bizarr.