Wenn Sjaak Vullings fotografiert, haben viele seiner Bilder mit Musik zu tun, viele dann auch mit Kate Bush. „In den vergangenen Jahren war ich immer auf verschiedenen Ebenen kreativ: Zeichnen, Malen, Skulpturen erstellen und nicht zuletzt Fotografieren und das Bearbeiten der Fotos. Da ich nicht immer die geduldigste Person bin und meistens auf direktem Wege Ergebnisse erzielen möchte, war Fotografie und der Bearbeitung die beste Möglichkeit, Gefühle, Emotionen und Gedanken auszudrücken. Viele meiner Fotos haben eine Verbindung zur Musik. Es ist also keine Überraschung, dass ich einige Fotos gemacht habe, die von den Liedern von Kate Bush inspiriert wurden“, erzählt Sjaak. Zwölf seiner Bilder werden uns Monat für Monat durch 2019 begleiten.
Sjaak ist 58 Jahre alt, ist in den Niederlanden kurz hinter der deutschen Grenze und in einem kleinen Dorf groß geworden und – mit acht Geschwistern – und lebt heute in Tilburg. „Als Jüngster habe ich immer mitbekommen, was meine älteren Brüder und Schwestern gehört haben. Dementsprechend erinnere ich mich an die populärsten Songs seit ich etwa fünf Jahre alt war. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Freunde mich gerne schon mal als ‚lebende Jukebox‘ bezeichnen“, erzählt Sjaak. Den ersten Plattenspieler gab es mit 15 Jahren. Nach einer Hard Rock-Phase folgte Pop und Prog Rock von Gruppen wie Supertramp, Styx oder Pink Floyd. Und natürlich gab es die Zeiten, wo Sendungen wie Toppop in den Niederlanden oder Musikladen und Rockpalast im deutschen TV nicht verpasst werden durften. Natürlich kann sich Sjaak an den ersten Kate-Moment erinnern. Wie bei so vielen seiner Altersklasse hat sich der Wuthering Heights-Auftritt fest in den Kopf eingebrannt. Sjaak hat sie im niederländischen TV gesehen, ein Auftritt bei Toppop: „In der Minute, als ich sie sah und hörte, wusste ich, dass es ein besonderer Moment war. Ihre Stimme, ihre Ausstrahlung, ihr Tanz – es war neu, es war poetisch und authentisch und hat mir fast den Atem geraubt.“
Natürlich hat sich Sjaak damals „The Kick Inside“ gekauft – und hatte mit 17 keinen blassen Schimmer, worüber Kate gesungen hat. „Aber irgendwie gab mir diese Platte trotzdem einen ‚kick inside‘ und es war damals vor allem ein Statement, weil niemand auch meinem Umfeld diese Musik mochte.“ 17 war auch das Alter, als Sjaak zum Studium umzog und seine erst eigenen Wohnung hatte, in der er endlich die Musik hören konnte, die er hören wollte. ‚Lionheart‘ und ‚Never for Ever‘ begleiteten ihn in der Zeit des Studiums zum Bibliothekar. Und rückblickend beschreibt Sjaak diese Zeit mit sehr passenden Worten: „Wow, that was all I ever looked for.“ Und: „Ihre Musik erschuf eine völlig neue Welt, in die ich perfekt hinein zu passen schien. Beim Hören ihrer Musik fühlte ich mich immer wie in einem Märchen. Ich liebte die von Kate geschaffene Atmosphäre. Es wurde zu einem Weg um zu entspannen und zu meditieren. Und ich liebte es, für einige Momente in diesem von ihr geschaffenen einzigartigen, musikalisch und spirituellem Universum zu leben.“
Es folgte mit „The Dreaming“ eines der Lieblingsalben von Sjaak: „Ich fühlte mich mit dem Song ‚Leave it open‘ in vielen Phasen meines Lebens immer sehr verbunden. Und auch wenn Jahre später mit ‚Hounds of Love‘ plötzlich alle Kate erneut liebten, wurde Sjaak nicht müde seinen Freunden ‚The Dreaming‘ ans Herz zu legen. „Mit jedem neuen Album von Kate habe ich ihre alten Alben wieder gehört und habe immer mehr verstanden, was sie mit ihren Liedern ausdrücken will“, erzählt Sjaak, für den ein Song eine besondere Bedeutung erhalten hat. „‚Lily half mir, als meine Mutter gestorben ist. Es gab Zeiten, in denen ich mich selbst so fühlte, als ob das Leben ein großes Loch hinterlassen hatte, ich mich ebenfalls mit dem Feuerkreis und den vier Erzengeln beschützen müsste.“ Für die Glücksmomente war damals Kate zuständig. Sjaak hat damals sein Leben verändert. Vom Bibliothekar wechselte er zum Yoga-Lehrer, inzwischen arbeitet er als Finanzverwalter an einem Gericht, vielleicht in etwa vergleichbar mit einem in Deutschland vom Gericht bestellten gesetzlichen Betreuer. Die Musik von Kate hat ihn über all diese Zeit begleitet und mit ‚Aerial‘ kam nach zwölf Jahren Wartezeit sein Lieblingsalbum hinzu. „Ich wäre am liebsten auch aufs Dach gestiegen um hinauszurufen, wie toll dieses Album ist“, erinnert sich Sjaak an das Erscheinen von ‚Aerial‘. „Ich war so glücklich, neue Musik von ihr zu hören, dass es mir eine Gänsehaut bereitete. Seit ‚Aerial‘ kann ich keine Amseln und Tauben mehr hören. ohne nicht gleichzeitig an die Musik von Kate zu denken, und das ist wundervoll.“
Sjaak gehörte 2014 zu den glücklichen Menschen, die eine Karte für die Konzerte in London ergattern konnten. „Das Schöne ist: So oft wie ich die Lieder von Kate gehört habe, sind sie zu einem Teil meines Lebens, meiner Emotionen, Erinnerungen, schöner und auch nicht so schöner Zeiten geworden. In dem Konzert habe ich gespürt, wie all diese Emotionen und Erinnerungen sich zusammenfügten. Und es gab Momente in diesem Konzert, wo ich vor Glück nur noch heulen konnte und mich wie unter Engeln (‚among angels‘) fühlte.“
Genau diese Emotionen versucht Sjaak auch in seinen Bildern einzufangen.
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