12 Mal Kate in Polaroids von Michael

Kate in Polaroids? Klingt ein bisschen old-school, aber Michael kann es erklären. Hauptberuflich ist er Lehrer in Mainz, Kate-Fan durch und durch und pflegt seine Leidenschaft für die Fotografie. Schon etwas länger hat Michael davon gesprochen, mal ein Kate-Projekt zu realisieren – das liegt jetzt vor. Zwölf Polaroids zu Songs von Kate, die in seinem Leben eine besondere Bedeutung hatten und haben. Bis Dezember wird es also jeden Monat ein Bild von Michael im Blog geben. Zum Auftakt erzählt er, was die Fotografie für ihn bedeutet, warum er lieber auf analoge Fotografie setzt und wie es zu dem Projekt gekommen ist.

md450Für Dich ist die Fotografie eine Erinnerung, das Einfrieren eines Momentes, die Vergangenheit festzuhalten, sie unvergänglich zu machen. Wann hast Du angefangen zu fotografieren?

Michae: Nun, die Frage wäre zunächst, was DU unter „fotografieren“ verstehst. Meine erste Kamera bekam ich mit zehn Jahren, eine Agfamatic Pocket.Kamara. Wenig später schenkte mir mein Vater meine erste Spiegelreflexkamera, eine Cosina CT-1. 1999 gab es meine erste Digitalkamera (ein Megapixel), und ich legte dummerweise die analoge Kamera dann für viele Jahre zu Seite. In dieser Zeit knipste ich zwar viel, machte mir aber wenig Gedanken über Bildkomposition und -wirkung. 2009 kaufte ich mir dann eine digitale Spiegelreflexkamera, und ab diesem Jahr, würde ich behaupten, begann ich wirklich zu fotografieren. Wenig später begann ich auch Fotos auszustellen. Allerdings gefiel mir die „digitale Ästhetik“ meiner Fotos nicht, also griff ich wieder zu meiner analogen Kamera, fing an, Filme selbst zu entwickeln. Ich begann, alte Analogkameras zu kaufen, mit dem Medium Film zu experimentieren. Ab da habe es dann kein Halten mehr.

War von Anfang der Wunsch da, Momente Deines Lebens festzuhalten?

Michael: Im Nachhinein betrachtet, durchaus. Spätestens mit meiner ersten Spiegelreflexkamera. Ich begann, Freunde zu fotografieren, Situationen, bereiste Orte. Insbesondere meine erste (leider unbeantwortete) Liebe habe ich porträtiert. Und ebenfalls im Nachhinein habe ich festgestellt, dass ich schon als Jugendlicher sehr wohl auf Bildkomposition wert legte. Ich habe von Anfang an meine Negative akribisch in Ordnern aufbewahrt, fein säuberlich beschriftet. Das ein oder andere Negativ scannte ich mittlerweile ein, sozusagen „Frühwerke“.

Was macht für Dich den Reiz aus, mit analogen Kameras, vor allem aber auch mit Polaroid zu arbeiten? Hat das auch etwas mit dem „Moment“ zu tun, der dann unabänderlich eingefroren ist, anders vielleicht, als bei digitaler Fotografie?

Michael: Analoge Fotografie ist eine bewusste ästhetische Entscheidung. Ich fotografiere auf Farb- und Schwarzweißmaterial, und ich liebe es, mit abgelaufenen Filmen zu arbeiten. Für meine letzte Ausstellung habe ich zum Beispiel alle zehn Städte besucht, in denen ich jemals gewohnt habe (u.a. Leipzig, Mannheim, Trier, ….), und habe auf SW-Filmen fotografiert, die in der Zeit abgelaufen sind, zu der ich dort gewohnt habe. Ergo waren da Filme dabei, die 1967 abgelaufen sind. Das Material trägt dann ebenfalls zum Ergebnis bei, nicht nur der Fotograf. Außerdem ist ein Polaroid ein Unikat, da es hier keine Negative gibt.Außerdem haben Polaroid-Fotos eine Anmutung, die kein anderes Material besitzt. Auch die neuen Impossible-Filme haben immer Bildfehler, Farbverschiebungen oder sonstige „Fehler“, die für mich besonders reizvoll sind. Eines der Bilder habe ich sogar mit einem schon längst abgelaufenen Original-Polaroid angefertigt (auch hier: bewusste ästhetische Entscheidung), bei dem dann beim Auslösen überhaupt nicht klar ist, was der Film aus dem Motiv macht. Analoge Fotografie ist außerdem noch wirkliches Handwerk, da ich die Filme selbst entwickle und hier auch nach dem Fotografieren noch Einfluss auf das Ergebnis habe. Ferner koche ich auch mal einen Film in Salzwasser, bevor ich ihn benutze, oder behandle ihn mit sonstigen organischen oder anorganischen Stoffen. Ich modifiziere Kameras (andere würden sagen, ich misshandle sie), um gewisse Bildeffekte zu erzielen. Analoge Bilder bzw. Polaroids scanne ich dann ein, allerdings muss dann auch eine leichte digitale Bearbeitung erfolgen (Tonwertanpassung, Schärfen, und vor allem Fusselentfernung). Übrigens, wenn man viel analog fotografiert, überträgt sich das auch auf die Art und Weise, wie man dann digital arbeitet: weniger Fotos, genaues Überlegen vor dem Auslösen. Dann braucht man da weniger digitale Nachbearbeitung.

Du gehst mit Informationen zu Deinen Bildern ja eher spärlich um. Auf Deiner Internetseite erfährt man nichts über den Kontext der Bilder, auch in Ausstellungen bist Du eher zurückhaltend. Liegt das daran, dass es sich um Deine „Momente“ handelt, Deine Bilder also immer sehr persönlich sind? Selbst Kate erzählt mehr über einzelne Songs als Du über Deine Bilder.

Michael: Nicht alle Bilder sind sehr persönlich. Allerdings bin ich der Meinung, dass die Bilder für sich sprechen sollten. Es gab (und gibt immer noch) in der künstlerischen Fotografie eine Strömung, die „subjektive Fotografie“ genannt wird. Sascha Weidner, der letztes Jahr leider viel zu früh verstarb und dessen Arbeiten ich sehr schätze, ist einer der Vertreter der heutigen Zeit dieser Stilrichtung. Wikipedia schreibt dazu unter anderem: „Die Subjektive Fotografie will nicht die objektive Wirklichkeit einer Situation wiedergeben, sondern nur deren bildhafte Deutung, eine subjektive Interpretation des Betrachters ist nötig und dessen Fantasie gefordert.“ Daher wäre für mich eine Beschreibung des Kontextes eines Fotos oder gar ein Titel ein zu starkes Korsett. Für die Polaroid-Serie, die hier veröffentlicht wird, gilt dies genauso. Die Beschriftung der Polaroids stellen keine Titel dar, sondern sind eher als Zitate zu verstehen. Ich tat mich sehr schwer, zu den einzelnen Bildern etwas zu schreiben.

Ist es vorstellbar, dass Du als Lehrer für Informatik und Mathematik eine andere Sichtweise aufs Fotografieren hast? Eher eine technische Herangehensweise, dass Du ein Bild wie eine mathematische Formel aufbaust?

Michael: Nein, überhaupt nicht. Ich denke, dass jeder ambitionierte Fotokünstler sehr wohl schon vorher ein Bild im Kopf entwirft bzw. entwerfen sollte. Schließlich haben einige Fotokünstler sogenannte Skizzenbücher, in dem Ideen bis hin zu fertigen Bildskizzen festgehalten werden. Außerdem wehre ich mich gegen diese strenge Einordnung in meine Fächer, schließlich habe ich auch noch Musikwissenschaften studiert und mich in den 90ern an der Komposition von Musik versucht – es gab sogar damals schon eine Uraufführung eines meiner Stücke. Ich habe mich also sehr wohl auch mit anderen Dingen beschäftigt als mit Mathematik.

Du hast vor einigen Monaten an einem Projekt in einem Bunker teilgenommen und bist mit einer Kamera von 1938 in das Objekt aus den 40ern gegangen. Warum?

Michael: Es ist für mich eine ästhetische Entscheidung, welche Kamera ich mit welchem Filmmaterial für welches Motiv auswähle. Diese Entscheidung treffe ich vorher, muss ich vorher treffen. Das Projekt, welches Du ansprichst, hatte zur Aufgabe, im Hochbunker in Rüsselsheim zu fotografieren. Es sollte dabei ein wenig die Angst und die Beklemmung zum Ausdruck gebracht werden, die im Bunker herrschte, als die Menschen sich bei den Bombenangriffen in dem Bunker befanden. Hier wäre mir eine Digitalkamera zu nüchtern. Ich lagere mittlerweile über 160 Kameras in meinem „Kamerazimmer“, wie ich es nenne. Ich habe also bewusst eine Kamera ausgewählt, die ebenfalls aus der Zeit stammte, in der diese dunklen Schatten über Deutschland und Europa lagen. Wer weiß, was diese Kamera damals „gesehen“ hat.

Ursprünglich wolltest Du für Dein Kate-Projekt zwölf Personen zeigen, jetzt sind es Polaroids zu zwölf Songs geworden. Wie kam es dazu?

Michael: Wie oben schon angedeutet, handelt es sich bei der Beschriftung der Polaroids nicht um Bildtitel, sondern um Zitate. Ich wollte schon länger einmal eine Serie zu Kate Bush-Liedern machen, hatte auch schon begonnen, allerdings mit anderem Filmmaterial. Aber dann kam ich doch zu dem Schluss, dass der Sofortbild-Film das Medium der Wahl für mich darstellt. Die ganze Serie ist auch ein wenig autobiografisch. Sie bildet quasi meinen Lebensweg seit dem Tod meines Vaters bis heute ab. Hierzu interpretiere ich die einzelnen Kate-Songs äußerst subjektiv. Die Musik von Kate war immer für mich da, in allen Lebenslagen. Es gab und gibt für mich „wichtige“ Songs, welche ich nun auf meine Art illustriert habe. Eines der Lieder sorgte auch dafür, dass ich den Mann meines Lebens kennengelernt habe, mit dem ich nun schon über 18 Jahre zusammen lebe. In der Tat wollte ich auch, wie Du angesprochen hast, eine Serie mit Porträts von Kate-Fans machen (fotografiert mit einer zweiäugigen Kamera, einer Rolleicord). Vielleicht setze ich dieses Projekt doch noch fort.

Wie viele „eingefrorene Momente“ hättest Du vom Konzert in London auf Foto gebannt, vor allem welche?

Michael: Nun, ich habe solche Momente eingefroren. Allerdings habe ich mich an den Appell von Kate gehalten und am Konzertabend sämtliche bildgebenden Apparate im Hotelzimmer gelassen. Aber die vier Tage, die wir zusammen mit einem guten Bekannten London verbracht haben, waren wunderschön. Einer der Momente, die ich abgebildet habe, war der Moment, als wir am ersten Abend in Hammersmith zum Odeon gelaufen sind und ich die Leuchtschrift „Before the dawn“ das erste Mal sah – ein unvergesslicher Moment für mich. Das Foto (gebannt auf Dia-Film) hängt nun als Abzug auf Leinwand in meinem Arbeitszimmer und erinnert mich immer wieder an diese wundervollen Tage. Die meisten Fotos sind allerdings digital. Übrigens stand an dem Abend, als wir im Konzert in London waren, ein junger Mann mit einer Polaroid-Kamera (eine Image Spectra) vor der Halle und fotografierte damit wohl ebenfalls die Leuchtschrift. Leider war er gleich wieder verschwunden, bevor ich ihn ansprechen konnte.

Wer mehr über die Fotos von Michael erfahren will, wird hier fündig.

1 Kommentar

    • Thomas auf 10. Januar 2017 bei 08:14
    • Antworten

    Bin sehr gespannt nach dem Interview und dem Betrachten der Fotos auf der HP von Michael.

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