Im September erscheint das neue Buch „The Kate Inside“ von Guido Harari, der mehr als ein Jahrzehnt mit Kate zusammengearbeitet hat. Im Gespräch mit morningfog.de erzählt Guido, was man von seinem Buch erwarten kann, welche Rolle die Musik überhaupt in seinem Leben gespielt hat, wie die Foto-Shootings mit Kate verlaufen sind und er verrät natürlich auch, welches seine Lieblingsfotos von Kate sind. Im letzten Teil des Interviews geht es unter anderem um seine Vorliebe für die Musik und wie er die Arbeit von Kate einordnet.
Du hast vorab schon einige Bilder aus deinem Buch veröffentlicht, bei denen ich mich gefragt habe, wie du Kate überzeugen konntest, eine neue Seite von ihr zu zeigen. Zum Beispiel diese wundervolle Profilaufnahme in Schwarz-weiß oder das Bild im Sonnenlicht von der Sensual World-Session… Es ist so ein warmes Bild und sie lächelt so wundervoll… Warum ist es nie veröffentlicht worden?
Guido Harari: Ich glaube sie hat das „Sonnenlicht“-Bild im Booklet zum Box-Set von This Woman’s Work genutzt – ich habe das Booklet gerade nicht zur Hand und kann es deshalb nicht klären. [Guido hat Recht. Im Booklet ist das Bild auf Seite 19 zu finden.] Das Foto haben wir sehr früh am Morgen aufgenommen, als sie mit dem Make-up, der Frisur und der Kleidung fertig war. Sie war atemberaubend schön und das Sonnenlicht, das durch das Studiofenster strömte, war perfekt. Wir brauchten wirklich nur ein paar Aufnahmen dafür. Das Schwarz-weiß-Profil habe ich am Filmset gemacht – dafür posierte sie nie. Ich habe es einfach in einer Drehpause geschossen. Während unserer Marathon-Fotoaufnahmen haben wir unendlich viele verschiedene Motive aufgenommen. Wohlgemerkt: Diese Fotos waren als ihre einzigen offiziellen Pressefotos vorgesehen, also benötigten Kate und EMI so viel Material wie möglich, mit denen sie arbeiten konnten. Aber weil Kate sehr wählerisch ist, wurden viele der Bilder für Presse und Promotion nicht für gut befunden. Wenn man ein Buch wie The Kate Inside zusammenstellt, dessen Ziel es ja ist, mit der Auswahl der Bilder „die ganze Geschichte“ zu erzählen, ändern sich die Auswahlkriterien wieder sehr.
Über viele Jahre hinweg hattest Du sehr bekannte Musiker vor der Kamera. Wie wichtig ist Musik für Dich? Und wie wichtig ist die Musik des Künstlers, mit dem Du zusammenarbeitest, für Dich?
Guido Harari: Ich habe mich schon sehr früh in den Rock’n’Roll verliebt, ich war da ungefähr sechs oder sieben Jahe alt. Ich lebte damals in Italien, es gab keine Konzerte, kein Fernsehen, kein YouTube, kein Internet. Alles was man vor Augen oder in den Händen halten konnte, waren die wunderschönen Plattencover. Sie waren meine erste optische Ausbildung als aufstrebender Musikfotograf. Für meine Generation war Musik pure Bildung – klanglich, kulturell, universell. Aber ich war auch ruhelos – ich wollte nicht nur einfach ein Fan sein. Ich wollte die Künstler treffen, die mich inspiriert hatten. Ich wollte die reale Person und nicht die öffentliche Person, die Ikone, erleben. Ich hatte das Glück und den Vorteil in einer Zeit mit meiner Arbeit zu beginnen, in der man noch problemlos einen Zugang zu seinen Helden finden konnte – Lou Reed, Bob Marley, Frank Zappa, Joni Mitchell – und sich sogar mit einigen von ihnen auch noch anfreunden konnte. So war es auch mit Kate. Heute wäre das unmöglich. Es hat sich alles verändert.
Du hast mit Kate mehr als eine Dekade lang zusammengearbeitet – beginnend nach dem Album The Dreaming, bis sie sich 1993 aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Wie hast Du ihre musikalische Entwicklung in dieser Zeit erlebt und wie ihre persönliche?
Guido Harari: Kate war schon immer und ist bis heute eine sehr private Person. Ich vermute mal, dass sich ihr soziales Leben rund um das Aufnahmestudio in ihrem Haus drehte und um die Musiker, mit denen sie zusammenarbeitete. Die Kunst war ihr ganzes Leben. Sie war auf einer Mission! Man muss wahrscheinlich auch ein Teil dieses Prozesses gewesen sein, um mit ihrer persönlichen Entwicklung im Einklang zu stehen. Was die Musik betrifft, spürte ich, dass sie mit ihren Alben Hounds of Love und The Sensual World ihre produktivste Periode hatte, auch wenn vielleicht The Dreaming eines ihrer kühnsten Alben war. Als sie mich weiter Jahr für Jahr anrief, damit ich die Fotos von ihr schieße, war das für mich natürlich immer sehr spannend und anregend. Sie erreichte damals ihre Blütezeit und jedes Album war eine Offenbarung.
Welches ist Dein Lieblingsmotiv von Kate und warum?
Guido Harari: Wahrscheinlich eines der „Underwater“-Bilder, wenn ich nur eines auswählen dürfte. Ich mag das „Klimt“-Bild sehr, was ich als Closeup für den Schuber von The Kate Inside genutzt habe – sie sieht auf dem Foto wirklich majetätisch aus. Ja, das sind wohl meine „definitiven“ Aufnahmen von Kate.
Wie würdest Du Kate heute fotografieren? Und gab es einen bestimmten Grund, warum sie Dich 2005 nicht zu den Aerial-Aufnahmen eingeladen hat?
Guido Harari: Wie ich schon sagte: Das Leben entwickelt sich weiter und man ist immer bereit für etwas Neues. Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Wenn du aus diesem Tunnel herauskommst, bist du nicht mehr die gleiche Person wie all die Jahre zuvor. Ich glaube dass Tim Walker für sie die perfekte Wahl war. Er ist mit seinen Bildern ein grandioser Geschichtenerzähler und hat eine wilde Vorstellungskraft. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass Kate es vielleicht gar nicht mehr mag, für ein neues Album fotografiert zu werden – oder es auch nicht braucht. Kate ist Musik pur. Man muss nur offene Augen und ein offenes Herz haben, um sie zu verstehen. Das ist das Beste, wovon ein Künstler träumen kann, dies zu seinen Lebzeiten zu erreichen.
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