Das Song-ABC: The Painter’s Link

abcDie Szene „The Painters Link“ verweist schon in seinem Titel auf die Verbindung zwischen Altem und Neuem, zwischen Entstehen und Vergehen, zwischen Leben und Tod. In der Ferne erklingt das Grollen eines Sommergewitters. Leise zwitschern die Vögel und auf einer Wiese vor dem Wald befindet sich ein junger Maler. Als ihn der Sommerregen überrascht, findet er sich in einer Situation der Neuordnung wieder. Tonal befindet sich die nun folgende Komposition noch immer in H-Dur. Eine einzelne Violine stimmt im Viervierteltakt den Ton h’ als ganze Note an. Auf einen Quartsprung von h’ aufwärts zu einer halben Note e’ folgt ein Quartsprung abwärts zurück zum Ton h’. Dann klingt das h’ in einem überlangen Fermate aus.
Quartsprünge sind dafür bekannt, oft im Kontext pastoraler Szenen zu stehen. In Takt fünf wird das Spiel der Violine durch das eines Cellos und einer Bratsche ergänzt. Ein stetes Pendeln zwischen Quart- und Quintintervallen vermittelt den Eindruck, als würden die Musiker ihre Instrumente stimmen. Der Anfang eines neuen Werkes liegt wortwörtlich in der Luft bzw. im Regen.
painterslinkIn Takt fünf setzt für einen Takt lang das Klavier, über einem Orgelpunkt auf H, mit einer perlenden Akkordfolge aus Cis-Moll, H-Dur,  Cis-Moll, H-Dur ein. Auf der Bühne sieht der Zuschauer die Marionette und Zauberin wie sie den Maler bei seiner Arbeit beobachten. Die beiden bewegen sich dabei in großen, kreisenden Bewegungen, die der Pinselführung des Malers entsprechen. Als nach einem langen Fermate auf H-Dur/mit Quarte E im Bass der immer dichter anwachsende Streichersatz verklingt, übernimmt eine zweitaktige, absteigende Kaskade im Klavier die Führung. Über einem Orgelpunkt auf H erklingen die Harmonien E-Dur, H-Dur, A-Dur. Ein abwechslungsreicher Rhythmus aus einer Viertel-, zwei Achtel-, einer Viertel, und einer Achtelnote vertont lautmalerisch die ersten Regentropfen. Die zweite Kaskade gliedert sich rhythmisch in eine Viertel und zwei Achtelnoten, gefolgt von einer Vierteltriole. Dann beginnt der Monolog des Malers, begleitet vom flächigen Klang der Streicher und einzelnen Tupfern des Klaviers:

(The Painter:) A
„It’s raining / What has become of my painting / All the colours are running

(The chorus) B
So all the colours run / So all the colours run / See what they’ve become / A wonderful sun-set.“

„The painter’s link“ gliedert sich sehr simpel in zwei Formteile. Teil A ist ein Rezitativ des Malers und Formteil B ein Chor bestehend aus Jägern, Priestern/Priesterinnen und der Zauberin. Gemeinsam feiern sie die sich im Regen auflösenden Farben des Gemäldes als ein Abbild der Fruchtbarkeit. Das phonetische Wortspiel „sun-set“ ist eine Anspielung auf die (aus Gründen des Umfangs) übersprungene Szene zweier Liebender auf einer abendlichen Waldwiese. Das Wort „sun“ („Sonne“) und „son“ („Sohn“) sind in gesprochener Sprache nicht zu unterscheiden. Die fließenden Farben des Malers werden also im Kontext einer Huldigung der lebenspendenden Sonne nun auch zum Sinnbild der fruchtbaren Körpersäfte des Menschen. Hier betont Bush also gezielt – ihrem Weltbild entsprechend – die wichtige Beziehung zwischen Ritus und Kunst. Im Anschluss an „The Painter’s Link“ folgt „Sunset“. Mit dem Versinken der Sonne im Abendrot („Could be honycomb, in a sea of honey, a sky of honey“) kehrt die Tonart Cis-Moll ins Zentrum des Geschehens zurück. Hinsichtlich der sich verabschiedenden Sonne wird die Stimmung melancholisch und sehnsüchtig. Mit dem nächtlichen Firmament konfrontiert, werden in den Figuren auf der Bühne Sinnfragen laut, die sie in einer rituellen Anrufung auf dem Ton gis, der Quint zum Grundton von Cis-Moll (Bezug zum traditionellen „chanting“) gen Nachthimmel richten: „Keep us to your heart. So if the skies stay dark, we may live on in comets and stars.“ Das Textzitat zeigt deutlich, dass der eigene Tod, auf regressive Weise, in Verbindung mit dem Kreislauf der Gestirne gebracht wird. (Thomas)

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