Ruhelose Geister, verwandte Seelen

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Die Notizen mit Kate-Verweis aus dem Booklet zur CD „Hand.Cannot.Erase“ von Steve Wilson.

Die Geschichte ist außergewöhnlich: Joyce Vincent starb 2003 und erst 2006 wurde sie gefunden. Eine attraktive junge Frau, mitten im Leben, mitten in London. Der Fernseher lief noch, die Weihnachtsgeschenke für die Familie waren noch nicht abgeschickt… mehr über diese wahre Geschichte kann man in dem Film „Dream of a Life“ sehen. Diesen Film sah auch Steven Wilson und entwarf daraus das Konzept zu seinem 4. Soloalbum. Musikalisch gespickt ist das Album mit allen Phasen aus seiner Laufbahn: Prog, Metal, Ambiente, und auch die Stile seiner Helden aus den 70ern sickern durch: Jethro Tull, King Crimson, YES. Schließlich durfte er für zum Teil opulente Wiederveröffentlichungen die Originalaufnahmen dieser Bands neu mischen, ohne die „heiligen Kühe“ zu schlachten. Und es gelingt ihm tatsächlich in 66 Minuten alles unterzubringen. Daraus folgt allerdings, dass sich das Werk nicht gleich erschließt. Der 5.1-Surround-Mix hinterlässt einen Sound im Raum, der Referenz beweist. Die Krönung diesmal ist die Liebe zum Buch der Vier-Disc-Edition. Viele Repliken der Protagonistin seiner Story sind nicht nur abgedruckt, sondern kann man auch herausnehmen. Eine Geburtsurkunde, Notizbücher mit Kritzeleien und auch eine Playlist in Form eines Kassetteneinlegers … die 80er eben. Seine Story endet trotz Entfremdungs-Szenario nicht wie im „Original“ mit dem Tod. Wilson schafft es – zumindest in meiner Auslegung – den Übergang spiritueller darzustellen. Über Musik zu reden ist wie Architektur zu tanzen…soll ein berühmter Musiker gesagt haben. Für mich schließt sich hier der Kreis zu Kate Bush. Nicht alles kann man erklären. Wilson erklärt aber deutlich die Inspiration durch Kate, besonders das Album „The Dreaming“ hat es ihm angetan. So bediente er sich der Stimme/Stimmung des Knabenchores aus „All The Love“. Außerdem erinnert sich die Frau in der Geschichte an ihr Lieblingsalbum mit dem Song „And Dream Of Sheep“. Und dann noch die kleine Zeichnung des Aerial-Covers… Ich finde es immer wieder schön, wie dicht meine „Helden“ beieinander sind. Steven Wilson ist ein ruheloser Geist. Aus seinem bisherigen Katalog und Seitenprojekten kann man sich eine allumfassende Playlist für die Gemütszustände des Lebens zurecht legen. Hoffentlich kein Burn-Out-Kandidat, und live möchte ich ihn auch nicht missen. Ulf Knolle

Wie weit die Liebe von Steve Wilson zu Kate reicht, hat er übrigens just gestern in einem Interview mit „Under the Radar“ kundgetan. Wilson hat bereits den Backkatalog von Musikern wie Yes, Tears for Fears oder Roxy Music neu abgemischt:

Who was on your wish list of albums and artists would still like to remix?
It’s still the same as always been at the top of the list from day one. You know who that is.
Pink Floyd?
No.
Kate Bush?
Kate Bush. She’s been at the very top of my list from the very beginning. She’s still the top of the list. Overtures have been made to her manager, so I think it’s on her radar. But obviously she has other things she’s doing right now—she’s mixing the DVD of her live show. But that’s still my dream job, Kate’s catalog. I just think it would sound incredible in surround, you know?

 

1 Kommentar

  1. Danke, Ulf! Du hast mich mit Deinen Zeilen neugierig gemacht.

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