Beseelt, getröstet, zum Träumen gebracht

angelika400Kate Bush gleich zwei Mal zu treffen und noch einen persönlichen Brief von ihr zu erhalten – das gelingt nur wenigen Fans. „Von Anfang an war ich der größte Kate-Bush-Fan vor dem Herrn. Irgendwann hatte ich ihr dann ein Demo geschickt und bat um eine Beurteilung. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Kate schon einmal Backstage getroffen“, erzählt Angelika. Von dem Brief will sie sich nun trennen und bietet ihn bei Ebay an. Angefangen hat alles mit der Sendung „Bio’s Bahnhof“. Ihr Bruder war dienstlich da, Angelika fuhr mit und hatte die Chance, hinter der Bühne kurz mit Kate zu plaudern. „Für die Konzerte war ich damals noch zu jung“ – trotzdem begegnete sie Kate etwas unverhofft wieder. „Das war Anfang der 1980er Jahre. Ich war damals mit den Pfadfindern in London“, erinnert sie sich. Ganz oben auf ihrem Besichtigungsprogramm stand der Plattenladen HMV. Und wie es der Zufall wollte, gab Kate just an diesem Tag eine Autogrammstunde. Schon angelika2-400vorher hatte Angelika angefangen, selbst Musik zu machen. Texte hatte sie schon als Jugendliche geschrieben, die Gitarre dann autodidaktisch erlernt: „Damit konnte ich dann meine Texte vertonen.“ Zu der Zeit entstanden dann auch die ersten Demos.

Zurück nach London. Bei der Autogrammstunde hat Angelika dann die Gelegenheit genutzt und von den Demos erzählt. Der Tipp von Kate: Schreib mir zur Plattenfirma nach London. Über EMI hat Angelika dann die Postfachadresse von Kate erhalten und das Demo zugeschickt – und Wochen später auch den unverbindlich freundlichen Brief von Kate erhalten. Bei den Demos ist es trotz der Quasi-Absage natürlich nicht geblieben. „Ich hab mir damals gedacht, wenn ich Gitarre kann, kann ich auch Keyboards.“ Also hat sie sich das Musikinstrument wieder selbst beigebracht. Später folgte die erste Single, dann die erste LP im Eigenvertrieb. „Kate Bush hat mich auf meinem Weg immer sehr begleitet, hat mich beseelt, getröstet, zum Träumen gebracht“, erinnert sie sich an die Zeit, in der sie musikalisch noch auf der Suche war. In der 90er Jahren hat sie weiter an Demos gebastelt, war in einer Samba-Band, hat eine eigene Musik-Zeitschrift mit dem Namen „Die Szene lebt“ für den süddeutschen Raum herausgegeben (und dabei gleich für die erste Ausgabe Chaka Khan interviewt), bei Antenne 1 in Stuttgart eine Sendung konzipiert und moderiert und noch das Management und PR für mehrere Künstler betrieben. Irgendwann wechselte sie von der eher funkigen Musik ins elektronische Fach, legte sich den Künstlernamen Gillian Gordon zu, produzierte Soundtracks und landete bei Chillout-Themen. Bei den „Buddha-Bar“- und „Cafe del Mar“-Compilations ist sie regelmäßig vertreten und mit ihrem Album „Beauty Suite“ von 2009 heimste sie bei Besprechungen viel Lob ein. Ihre Brötchen verdient sie vorrangig mit der Produktion von Musik für Fernseh-Dokumentationen. Und das läuft weit unromantischer ab, als man sich das vielleicht vorstellen mag: „Ich kenne meist nur das Thema der Doku. Manchmal werden mir Beispiele mitgeschickt oder bestimmte Stile gewünscht.“ Der Rest ist Einfühlungsvermögen, das Thema so zu bearbeiten, dass die Musik dann auch zu den Szenen passt. Unter dem Pseudonym Gillian Gordon produziert sie deshalb viele Titel für den Hessischen und Bayerischen Rundfunk, fürs ZDF und Arte. Flexibilität ist da vor allem gefragt: „Da kommen auch Aufträge, wo man ein Musikthema dann auch schon mal über Nacht erstellen muss.“ Spätestens beim Arbeitstempo merkt man den Unterschied zu Kate. Und bei der Musik: „Die Musik von Kate hat mich weniger beeinflusst, eher schon, dass ich durch sie gelernt habe, meinen eigenen Weg zu gehen.“ Bleibt noch eine Frage offen: Warum trennt man sich nach so vielen Jahren als Kate-Fan von einem so persönlichen Brief? Vielleicht, weil es mal Zeit ist auch loszulassen, nachdem der Brief sie so viele Jahre begleitet hat.

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