These Shoes do a kind of Voodoo
“Von Männern mag ich keine Ahnung haben”, sagte Carrie Bradshaw einst in Sex and the City, “Aber Schuhe, Schuhe kenne ich genau!” Diese Aussage verrät eine Menge über das ganz spezielle Verhältnis von Frauen zu ihrer Fußbekleidung. Schuhe sind schließlich auch modisches Statement, ein Mittel zum Selbstausdruck oder verbunden mit einer ganz bestimmten, oft nur der Trägerin bekannten Bedeutung. Schuhe tragen uns nicht nur durch den Alltag; wir erklimmen in ihnen Berge und durchschreiten Täler, durchtanzen ganze Nächte darin oder stöckeln unseren ganz individuellen Laufsteg hinab. Wäre es in diesem Zusammenhang nicht einmal interessant, einen Blick in den Schuhschrank von Kate Bush zu werfen?
Wir finden darin sicher ein Paar feste Gummistiefel; nicht das ästhetischste Schuhwerk, aber durchaus zweckmäßig, besonders bei Regenwetter und unausgegorener Gemütslage. „Beelzebub is aching in my belly-o, my feet are heavy and I’m rooted in my wellios“, singt Kate in Kite, “And I want to get away and go from all these mirror windows.” Die Stimmung, die sie hier so gekonnt in Worte fasst, erkennt man sofort. Es ist mal wieder einer dieser Tage, man möchte eigentlich nur weg, ist halb in den Wolken verfangen, halb mit dem Boden verwurzelt, somewhere in between also, irgendwo dazwischen. Da sind so ein paar solide, vielleicht quietschgelbe oder knallrote Gummistiefel irgendwie tröstlich.
Wenn die Füße schwer sind, möchte man sich vielleicht lieber gleitend fortbewegen, beispielsweise mit diesem Paar weißer Rollschuhe aus dem Sat in your Lap-Video, oder bei entsprechenden Außentemperaturen mit den Schlittschuhen aus Under Ice… Ach, silberne Kufen, die Schnee spucken und feine Linien in das Eis ritzen. Dahinschießen, beinahe schwerelos. Wobei uns auffällt: bei Kate scheint das Thema Schuhe irgendwie oft mit der Sehnsucht nach dem Fliegen verbunden zu sein, wie man an diesen schnittigen Stiefeln erkennen kann, die gleich komplett zum Abheben einladen: „I put on my cloudiest suit. Size 5 lightning boots, too“. In Rocket’s Tail, finden wir Kate als Rakete verkleidet auf der Waterloo Bridge stehend vor, bereit, in die Nacht hinaus zu schießen. Höhenflug, Ekstase, ein Moment grenzenloser Freiheit und völliger Erfüllung!
Da mag man es ihr nachsehen, dass sie diesen prächtigen roten Ballettschuhen so leichtsinnig auf den Leim gegangen ist. Schließlich locken diese mit dem Versprechen, Befreiung, Beflügelung und rauschhaftes Entzücken im Tanz zu finden, und das ohne monatelanges Training. Leider hat die Sache einen Haken: “Oh the minute I put them on, I knew I had done something wrong”, muss Kate schon bald erkennen, “It’s the red shoes, they can’t stop dancing!” Man kann also nicht so ohne weiteres wieder mit dem Tanzen aufhören, selbst wenn man todmüde ist.
Vielleicht ist es daher gut, dass es Situationen gibt, in denen man Schuhe wieder ausziehen kann. So konnte man die berühmten roten Schuhe bei einer TV-Performance von Moments of Pleasure nach gebrochenem Zauberbann dekorativ auf Kates Flügel drapiert wiederfinden. Ob sie sich bei der Gelegenheit an ein anderes Paar Schuhe erinnert haben mag, das sie sich einmal auf der Flucht vor der Liebe von den Füßen gerissen hat? „Take my shoes off, and throw them in the lake, and I’ll be two steps on the water!” Den Wettlauf mit der Liebe in Hounds of Love hat sie dennoch verloren, in der süßen Erkenntnis: „I need lo-lo-lo-lo-lo-lo-loooove!“ Daran erinnert auch das Sprichtwort, das Kate oft von ihrer verstorbenen Mutter gehört hat: „Every old sock meets an old shoe.“ Jedes Töpfchen findet sein Deckelchen, weiß auch der deutsche Volksmund.
Beenden wir an dieser Stelle unseren Streifzug durch Kate Bushs Schuhschrank, obwohl es sicher noch viel zu entdecken gäbe. Eine Frau braucht schließlich Schuhe für jede Gelegenheit, und Gelegenheiten gibt es viele im Leben. Deshalb geh jetzt erst mal Schuhe kaufen. Beate Meiswinkel
1 Kommentar
Wunderbarer Text, danke!