12 Liebeserklärungen: The Red Shoes

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Foto: Lauryn/lifetimespast

Es ist vielleicht das am meisten unterschätzte, leider aber auch das am wenigsten geschätzte Album von Kate Bush: The Red Shoes, das heute auf den Tag genau vor 20 Jahren veröffentlicht wurde. Es gilt für viele als überproduziert, als zu lang, einigen auch als zu emotional und voller Traurigkeit und dadurch langweilig. Dabei hat Kate Bush, selbst unzufrieden mit dem Ergebnis, gleichwohl zugegeben, dass einige ihrer besten Songs auf dem Album versammelt sind. Perlen wie „Moments of pleasure“, traurig schön, Kate einfach am Klavier mit orchestralen HIntergrund, oder Textzeilen wie „Have you ever seen a picture, of Jesus laughing?“ in „Why should I love you“, oder, oder oder… es gibt mindestens zwölf Gründe, warum man dieses Album lieben kann.

Rubberband Girl: Die beste Textzeile fehlt im Booklet: „ahuuuu ahuuuu ahuuuu ahuuuuu“. Danach ist Kate im Video tanzend in einer Zwangsjacke zu sehen und Danny McIntosh schrammelt sich auf der Gitarre die Seele aus dem Leib – herrlich. Das ist im musikalischen Einheitsbrei der frühen 90er so verschroben komisch, dass es natürlich kein Hit werden konnte. Dabei ist die tanzbare Botschaft simpel: egal, was auch passiert: I’d be back on my feet. Irgendwie kommt man immer wieder auf die Füße. Am besten mit dem Song in Dauerschleife in der sieben Minuten-Version, was diejenigen, die einen zwischenzeitlich von den Füßen geholt haben, garantiert in den Wahnsinn treibt. (michael)

And So Is Love: Herbst 1993: Mein Leben läuft nicht so nach Plan, ich bin unglücklich verliebt und da singt Frau Bush ausgerechnet „life is sad and so is love“! Herrn Claptons jammernde Gitarre tut ihr übriges, dass ich mich sofort von diesem Song in meinen Selbstzweifeln bestätigt fühle. Es dauert dann allerdings etwas länger, bis ich verstanden habe: wie traurig das Leben und die Liebe am Ende auch sein mögen, kein Grund in tiefe Depressionen zu verfallen und aufzugeben. Denn was auch immer passiert, was macht das schon? Es ist alles, was wir haben, ist das nicht genug ? Ja, das ist es. Und ja Frau Bush, 2013 ist zumindestens das Leben auch süß … (anja)

eat-the-musicEat The Music: ‚Eat The Music‘ war die erste Single von Kate Bush, die ich mir am Erscheinungstag kaufen konnte. Die erste neue Musik von Kate, seit ich ein Fan geworden war. Die erste Musik von ihr, auf die ich wartete, hin fieberte. Ich war zu dem Zeitpunkt als Austauschschüler in den USA und ich musste zwei Stunden fahren, um sie endlich in den Händen halten zu können! Und nochmal vier oder fünf Stunden warten, bis ich sie endlich hören konnte. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit mexikanischen (wie ich damals dachte) Bläsern. Ich liebte den Song von der ersten Minute an und hörte ihn bis zur Erscheinung des Albums rauf und runter. Ich verbinde Gerüche damit, Stimmungen, Bilder, Spätsommer, Herbst, USA. Es war fast so, wie damals, als sich Kates Stimme zum aller ersten Mal bewusst hörte. Deshalb bedeutet mir der Song so viel. (The Red Bruce)

Moments Of Pleasure: Sicherlich steckt hinter „Moments of Pleasure“ der traurigste Moment für einen jeden von uns. Der Verlust von Menschen, die einem nahe standen. Und doch zählt für mich gerade dieses Lied zu den schönsten von „The Red Shoes“, weil es Kate Bush in einer geradezu wunderbaren Art und Weise schafft, von den zu betrauernden Abschied zu nehmen. Wenig Wehklagen über verlorene Momente oder verpasste Gelegenheiten, auch wenn es ihr noch so schwerfällt,  über die Zukunft nachzudenken. Lieber erinnert sie sich an die schönen gemeinsamen Augenblicke am Strand oder im Studio. Die hier besungenen Verstorbenen waren für sie wichtige Säulen auf ihren bisherigen Weg und brauchen natürlich eine entsprechende Würdigung. Diese Würdigung erschafft sie mit ihrem persönlichsten und ausdruckstärksten Instrument, ihrem fantastischen Klavierspiel, das hier unterstützt wird von einem Streicherarrangement in einer orchestralen Umgebung. Dieser Song erschafft in meinen Kopf eine Atmosphäre, die sich je nach Stimmungslage ändert. „Moments of Pleasure“ ist jedesmal Vergnügen, Trauer und Gänsehaut in einem. Ich glaube, viel mehr kann man von einen Lied nicht erwarten. (Leon)

The Song Of Solomon: An diesem Hohelied der Liebe hängt mein Herz besonders. Hier singt jemand „who walks the path of the solitary heart“ herzzerreißend davon, einfach eine Berührung zu finden, eine alles entflammende Ekstase. Keine Beziehungsprobleme, kein „bullshit“: nur Emotion, Sex, das steht im Vordergrund. „The soul cries out“, das ist ein Blick in die Tiefen einer Seele. Kates Gesang hier ganz intim, hochemotional, berührend, eingebettet in einen melancholischen Teppich aus Musik. Es ist so zart und so von innen. Es geht zu Herzen. Jeder kann diese Gefühle teilen, wenn er ehrlich zu sich ist. (Achim)

Lily: Lily ragt für mich aus all den schönen Songs von TRS besonders heraus. Den Dialog zwischen einer von Ängsten und Kummer verzehrten junge Frau und einer wesentlich älteren, weiseren Person finde ich besonders berührend. „Oh Lily, ich fühle mich nicht sicher. Es ist, als habe das Leben ein riesengroßes Loch in mich gerissen!“ klagt Kate der zauberkundigen Lily ihr Leid. Diese lehrt sie, sich zu schützen und einen mächtigen Bann zu sprechen, indem sie sich auf die vier Erzengel beruft. Die in der Einleitung rezitierte Anrufung verursacht jedes Mal Gänsehaut pur. Musikalisch und gerade durch seine Spiritualität einer der ausdrucksstärksten, kraftvollsten Kate Bush-Songs. (Beate)

trs-box300The Red Shoes: Die Geschichte der verfluchten (Ballett)Schuhe ist schon uralt und dürfte wohl auf Hans Christian Andersen zurückgehen, der die Geschichte um die roten Schuhe 1845 schrieb. Auch heute noch wird das Thema immer wieder aufgegriffen. Aber am interessantesten dürfte noch immer die Version sein, wie Kate sie für ihren Kurzfilm „The Line, The Cross And The Curve“ und natürlich das dazugehörige Album The Red Shoes interpretiert hat. Das Zusammenspiel von Kate und Miranda Richardson und dazu dann noch der bombastische Song, der einen schon durch die Story und die hypnotische musikalische Umsetzung ganz in seinen Bann zieht, bildet für mich ein unglaubliches Erlebnis in Kates Historie.
Ein echtes Highlight auf dem Album und schon ewig einer meiner Lieblinge. (Gerrit)

Top Of The City: Ich war im fünften Monat schwanger, saß auf dem Behandlungsstuhl einer Zahnarztpraxis und bekam eine Wurzel-Kanal-Behandlung – ohne Betäubung, wegen dem Baby (ist das heutzutage immer noch so? Das Ganze ist immerhin 16 Jahre her!) Gerade als mir vor Schmerz die Tränen aus den Augen schießen wollten, schoss mir stattdessen eine Textzeile durch den Kopf: „She’s no good for you Baby…“ (welch‘ Doppelsinn!) Sofort wurde ich ruhiger: Mit geschlossenen Augen erinnerte ich mich an den restlichen Text des Liedes und schließlich beherrschte Kates intensiver, stellenweise intimer Gesang meinen Kopf, und meinen Körper – den Schmerz nahm ich nur noch schwach im Hintergund wahr. Nach der Behandlung schenkte ich der Zahnärztin sogar ein Lächeln…zuhause angekommen, hörte ich den Song für den Rest des Tages in Dauerschleife, fiel in eine Art Trance und verschwendete keinen Gedanken an Schmerzmittel. Danke, Kate. (tanja)

Constellation Of The Heart: „Constellation Of The Heart“ ist wohl der poppigste Song von Kate, was die Sound-Verpackung betrifft. Das Thema „Verlust, Konfusion, Ausweglosigkeit“ kommt im Album in verschiedensten Musikgewändern vor, hier sehr beschwingt. Mit einem Songwriting welches ganz sicher nicht aus dem Lehrbuch kommt: Refrain, Strophe, Refrain, Bridge, Refrain, Bridge, Conversation-Part. Es funktioniert auf die wunderbarste Weise. Genial, die Metapher  mit dem hilflos überforderten Kapitän und der Crew, die auch nicht weiß wie es weitergeht, aber sich der Situation stellen will. (Dreamin‘ Architect)

Big Stripey Lie: Dieses geheimnisvolle Lied scheint so gar nicht in Kate´s Album „The Red Shoes“ zu passen. Es taucht völlig unerwartet und unverhofft auf und entschwindet dann ebenso wiede. Aber wenn das Lied nicht da wäre würde ich es doch vermissen. Ich mag das Lied sehr. Es ist wunderbar schräg, und ich finde es passt sehr gut zu Kate. Genau wie man sich eine Lüge vorstellt, beginnt der Song anbiedernd, dann das Unerhörte, der Aufschrei, die Entlarvung, das unter den Tisch kehren. Das meine ich aus der Musik heraus zu hören.
Der Sinn des Textes wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Ist das Lied tatsächlich an die Adresse der USA gerichtet und politisch gemeint? Oder doch ganz persönlich? (hephaistos)

Why Should I Love You?: Kate Bush und Prince. Kate und Prince? Wie soll das zusammen gehen, habe ich mich gefragt, als ich zum ersten Mal hörte, dass the Purple-Man auf „The Red Shoes“ mitmischt. Und wenn viele auch behaupten, dass der Meister des Funks unserer Göttin ins Handwerk gepfuscht hat, so finde ich, dass „Why should I love you“ durchaus ein Song ist, der einen berührt. Und Prince musste sich danach wahrscheinlich eingestehen, dass niemand „purple“ so schmelzend singen kann wie the One and Only Kate Bush. „Have you ever seen a picture of Jesus laughing?“ In diesem Sinne. (hound_of_love)

You’re The One: You’re The One ist schonungslos und schmerzhaft und daher eine Art Anti-Lieblingslied von mir. Eine Beziehung ist zu Ende gegangen, da gibt es nichts zu beschönigen, und Kates Gesang mit bebender Stimme und wie unter Tränen legt genau den Finger in die Wunde. Die Untermalung mit der Procol-Harum-Hammondorgel tut ein Übriges, um auszudrücken, wie es sich anfühlt, wenn die Liebe verloren ist. Seltsam profan und abgeklärt schwebt dieses Lied wie ein betäubender Nebel über der trauernden Seele, der nichts bleibt, als in Abwesenheit des früheren Geliebten ihre Sachen aus der gemeinsamen Wohnung zu räumen, zu gehen – und weiterzuleben. Trotz alledem: es lebe die Liebe. (Beate)

1 Kommentar

    • Andreas auf 29. März 2014 bei 10:35
    • Antworten

    hey, ich habe mir heute endlich mal zeit genommen, ein wenig in deinem blog zu lesen. gefällt mir 🙂 Hound_of_Love

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