Tourbuch: Vor der Dämmerung – Einleitung

tourbook-400Von Beate Meiswinkel

Im März 2013 fragte Kate Bush ihren Sohn Albert, Bertie genannt, was er davon hielte, wenn sie einige Konzerte geben würde. Bertie fand die Idee hervorragend und bestärkte damit seine Mutter darin, ein Projekt in Angriff zu nehmen, das höchst anspruchsvoll und aufwändig in Planung, Vorbereitung und Ausführung war, und mit dem es ihr aufs Neue gelang, sich selbst zu übertreffen: „Ich wollte wirklich etwas anderes machen, als an einem weiteren Album zu arbeiten und verspürte das echte Verlangen, in Kontakt mit dem Publikum zu treten, das meine Arbeit noch immer zu schätzen weiß.“
Mit dem ehemaligen EMI- und Polygram-Executive David Munns begab sich Kate Bush auf die Suche nach einem passenden Veranstaltungsort in London für ihre Live Shows. Damit begannen die 18-monatigen Vorbereitungen mit dem „unbeschreiblichsten Team von Menschen, da man sich nur vorstellen kann.“
„Die beiden Schlüsselfiguren für mich, die ich gleich am Anfang des Projekts besetzen wollte, waren der Beleuchtungs-Designer und der Drummer. Ich sah es als eine bildliche Reise des Lichts, und der Schlagzeuger war das akustisches ‚Herz‘.“

Zunächst trat Kate Bush an Mark Henderson heran, einen der führenden Beleuchtungsspezialisten am Theater. Nach dessen Zusage wurde ein erster Veranstaltungsort in Augenschein genommen. Dieser war zwar schön, jedoch sehr groß und eher für Konzerte als für eine Theatervorstellung geeignet. „Ich wollte wirklich, dass es ein richtiges Theater ist, damit es in die Welt von Musik/Theater/Film gehört, statt ein Konzert mit eingeschobenen Theaterelementen (zu werden).“ Einige Monate später trafen sich Mark und Kate mit Dick Bird, einem hochkarätigen Bühnenbildner: „Ich hatte bereits eine seiner Produktionen gesehen, und seine Arbeit ist höchst fantasievoll.“  Er erschien zu dem Termin mit einer großen weißen Schachtel, in der sich ein detailgetreues Modell des vorgeschlagenen Veranstaltungsortes befand sowie das einer maßstabsgetreuen kleinen Figur, um die Größenverhältnisse darzustellen. Die Location wirkte dabei vergleichsweise riesig, wie ein Flughafenhangar, womit Kate Bush sich gar nicht wohlfühlte. Daher schlug Mark eine Alternative vor.

Das Eventim Apollo (ehemals Hammersmith Odeon und bekanntermaßen Schauplatz der Londoner „Tour of Life“-Konzerte) war bereits mehrfach im Gespräch gewesen, man hatte es jedoch immer wieder verworfen. Unter anderem deshalb, weil es renoviert werden musste, was im Laufe des Jahres 2014 geschehen sollte. In London gibt es allerdings nur wenige Veranstaltungshäuser mittlerer Größe: „Sie sind alle entweder sehr klein oder sehr groß, was beides unsere Bedürfnisse nicht erfüllte.“ Daher fragte Kate Bush schließlich doch beim Apollo nach, und erfreulicherweise waren nicht nur die Renovierungsarbeiten beinahe abgeschlossen, sondern ihre Wunschtermine waren ebenfalls noch frei – fast, als habe das Theater nur auf sie und ihr Projekt gewartet! „Wieder nach Hammersmith zurückzukehren, war ein merkwürdiges Gefühl.“ Obgleich das Theater noch voller Handwerker war und die Zimmermannsnägel aus dem Boden ragten, fühlte man sich sofort wieder heimisch. Es war bereits zu erahnen, wie schön das ehemalige Lichtspielhaus, das in den 1930er Jahren erbaut wurde, nach Fertigstellung aussehen würde. Dass die Bühne eine ehemalige Kinoleinwand ist, kam Kate Bush sehr entgegen. „Sie besitzt einen sehr hohen Bühnenrahmen, also genau das, was wir für einige Elemente der Show brauchten. Hier gab es die perfekten Voraussetzungen für unsere untergehende Sonne und unseren wunderschönen Nachmittag.“

tourbook3Einen wesentlichen Beitrag zur Durchführung des Projektes leistete Kates Sohn Bertie. „Ohne seine Ermutigungen und seinen Enthusiasmus (…) hätte ich bestimmt einen Rückzieher gemacht. Er war mein Hauptberater, mein Redakteur und mein Vertrauter.“ Und so war es selbstverständlich, dass auch Albert eine wesentliche Rolle auf der Bühne übernehmen würde, „soweit sich dies mit seinen schulischen Verpflichtungen vereinbaren ließ.“ Der Grund, warum man sich für nur einen einzigen Veranstaltungsort für sämtliche Vorstellungen entschied, ist den ehrgeizigen theatralischen Ideen geschuldet, die man nicht so ohne weiteres einpacken und transportieren konnte. Stattdessen machte man sich den vorhandenen Raum zu Eigen, um darin verschiedene „Welten“ zu kreieren – durch Musik, Film, Theater, Puppenspieler und einige menschliche Akteure. „Ihr werdet wohl nie erfahren, wie viel Zeit, Aufwand und Sorgfalt in dieses Projekt geflossen sind – für Euch, unser liebes Publikum.

1 Kommentar

    • Achim (aHAJ) auf 1. März 2015 bei 09:26
    • Antworten

    Liebe Beate,

    das ist so gut geschrieben – am liebsten würde ich alle weiteren Tourbuch-Texte jetzt sofort lesen!!!!

    Liebe Grüße
    Achim aHAJ

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